Radfahren...!
Radtour Oder-Neiße-Radweg - Extratour
9. Tag: Ueckermünde - Stettiner Haff - Altwarp - Ueckermünde (56 km)

Ein Fahrrad-Reisebericht über eine Radtour im Oktober 2010
   mit 20 Bildern




Neuer Radweg nach Altwarp

Ein funkelnagelneuer Radweg auf dem Weg von Ueckermünde nach Altwarp am Stettiner Haff entlang. Und: ein großartiger Oktobertag!

Hier geht es zurück zum unmittelbar vorangegangenen Teil 8 des Fahrrad-Reiseberichtes auf dem Oder-Neiße-Radweg, dem fünften Tag mit der Fahrt von Penkun über Pasewalk nach Ueckermünde.

 

Es ist Mittwoch, der 20. Oktober 2010, 10:00 Uhr, Ueckermünde.
Temperatur: 6 Grad, wenige Wolken.

 

Ohne große Diskussion sind wir uns an diesem Morgen völlig einig: wir bleiben noch einen Tag in Ueckermünde! Es gefällt uns hier ganz gut, also sind wir den Tag sehr gemütlich angegangen und wollen uns ein wenig umschauen. Und auch etwas erholen. Immerhin haben wir in den letzten acht Tagen 529 Kilometer mit unseren bepackten Fahrrädern zurückgelegt.

Und nachdem wir uns das Zimmer für einen weiteren Tag gesichert haben fällt noch eine weitere Entscheidung: Auf die Weiterfahrt auf dem Oder-Neiße-Radweg bis nach Ahlbeck auf Usedom als offiziellem Endpunkt verzichten wir und beenden die Tour für uns einfach hier in Ueckermünde. Basta! Wir sind geschafft und müde, eine lange Radtour im Oktober zehrt durchaus mehr an den Kräften, als man es sich im Sommer so vorstellt. Auch nehmen wir an, dass es ein Problem werden würde, jetzt, wo überall Herbstferien sind, auf Usedom eine freie und bezahlbare Unterkunft zu bekommen. Also beenden wir morgen unsere diesjährige Radtour hier in Ueckermünde. Bis dahin wollen wir an dem letzten Tag noch ein wenig sehen.

Über den Rest der Oder-Neiße-Strecke von Ueckermünde bis nach Ahlbeck auf Rügen hier also leider nichts berichtet werden!

 

 

 

Trotz allem verzichten wir heute nicht aufs Radfahren. Der Tag sieht freundlich aus, es scheint ein angenehmer Oktober-Tag zu werden. Eben drum beschließen wir, nachdem wir den Ort erkundet haben, uns noch ein wenig in der Umgebung umzusehen. Erstmal wollen wir das kurze Stück zum Stettiner Haff fahren, und dann mal weiter sehen. Immerhin brauchen wir uns dabei heute nicht mit unseren Gepäcktaschen herumzuplagen.

Ueckermünde, Radweg zum Stettiner Haff

Der Weg vom Ueckermünder Stadtzentrum zum Stettiner Haff.

Fischer auf Stettiner Haff

Fischer sind offenkundig noch aktiv im Stettiner Haff. Hier ein Rückkehrer in den keinen Fischerei-Hafen.

 

 

 

Als es uns an den zwei Kilometer vom Ortszentrum entfernten Strand von Ueckermünde verschlägt, sind wir völlig überrascht: Das Stettiner Haff ist viel größer, als wir uns überhaupt vorstellen konnten! Teilweise sieht man über das Haff nicht einmal die Küste auf der anderen Seite. Es wirkt wie eine große Bucht am Meer. Toll! Und schöner, als vermutet, ist es dort auch. Wir fühlen uns augenblicklich wohl, wie bei einem herbstlichen Meeresurlaub. Ein toller Ort! Zudem sehr ruhig und friedlich zu dieser Jahreszeit. Eine ganze Weile saugen wir diese Eindrücke in uns auf.

Aber: Wir wollen noch ein wenig radeln! Zumal das Wetter sich an diesem Oktobertag weiter freundlich zeigt, locker bewölkt, aber insgesamt eher malerisch und nicht bedrohlich. Es ist schon fast 12 Uhr, aber wir hatten vorne am Strand ein Fahrrad-Schild gesehen, auf dem in winziger Schrift "Rundweg Stettiner Haff" stand. Das Haff gefällt uns dermaßen gut, dass wir beschließen, dem Weg nach Osten noch ein Stück zu folgen. Das Stettiner Haff ist zwar viel zu groß, um es heute noch ganz umrunden zu können - aber doch wollen wir noch etwas mehr davon kennenlernen!

Leise Zweifel kommen uns: Ob die Entscheidung, den Oder-Neiße-Radweg zu verlassen, richtig war? Auch nach Ahlbeck auf Rügen fährt man lange Wege am Stettiner Haff entlang - das ist sicher ein Höhepunkt der Tour!

 

 

 

Aber egal, wir lassen den Oder-Neiße-Weg nach links weiterverlaufen und biegen nach rechts in Richtung auf die Ortschaft Bellin. Lustig: Wir schwenken hier wieder für die nächsten acht Kilometer auf den Oder-Neiße-Radweg ein, ein Stück des Weges, den wir am voran-gegangenen Tag nicht gefahren sind, da wir ja mit dem Zug ein Stück nach Ueckermünde gefahren sind. Nur: jetzt bewegen wir uns auf dem Oder-Neiße-Radwege gegen die Richtung, der wir tagelang gefolgt sind. Zugleich jedoch sind auf dem parallel beschilderten Rad-Rundweg Stettiner Haff unterwegs. Dieser führt uns, zumeist gut ausgeschildert, nach einigen Kilometern nach in den Ort Bellin, direkt am Stettiner Haff.

Auch Bellin hat einen kleinen Strand, der völlig menschenleer ist. Eine Idylle! Wir freuen uns über die Entscheidung, diesen Weg zu nehmen.

Warsin, Weg auf Feld

Verfahren! Bei Warsin landen irgendwo im nirgendwo.

 

 

 

Allerdings sind wir ohne ernstzu-nehmendes Kartenmaterial unterwegs und müssen uns also allein an den Fahrrad-Schildern orientieren. Irgendwo bei der Ortschaft Warsin interpretieren wir nach längerem Überlegen eines der Radschilder völlig falsch, landen zur Strafe mitten auf einem großen, brachliegenden Acker. Der Holperweg führt weiter in Richtung Wald und zeigt sich immer zugewachsener. Verfahren! Aber was soll's? Wenn wir nicht alles zurück fahren wollen, können wir das Gelände nur dadurch sinnvoll verlassen, dass wir quer über ein Privatgrundstück laufen. Glücklicherweise ist das Tor im Jägerzaun nicht verschlossen.

 

 

 

Kurz danach allerdings rollen wir auf einem perfekten, brandneuen Radweg in Richtung Altwarp. Links und rechts des Weges gibt es keine Vegetation - der Weg wird gerade erst gebaut. Schon nach kurzer Zeit begegnen wir Baufahrzeugen, wir haben das Gefühl, als allererste überhaupt auf dem Weg zu fahren, fühlen uns wie ungeladene Premierengäste.

Die meiste Zeit geht es durch den Wald, man hat nur selten einen Blick auf das Stettiner Haff. Hin und wieder gibt es den einen oder anderen kleinen "Durchblick" auf das Haff. Während meine Liebste immer über Wege im Wald begeistert ist, fange ich mich meist sehr schnell an, mich zu langweilen. Eine Dreiviertelstunde hinter Bellin erreichen wir Altwarp - sozusagen den südöstlichsten Zipfel des deutschen Festlandes am Stettiner Haff. Im Norden von Altwarp liegt das Stettiner Haff, um Osten und Südosten begrenzt der Neuwarper See das Land. Hier ist man wirklich an einem der hintersten Zipfel des Landes. Entsprechend ruhig und friedlich ist es auch hier.

Blick von Alpwarp nach Neuwarp

In Altwarp angekommen sind wir in einem idyllischen, am Rande des Landes etwas abgelegenen Ort angekommen. Ein paar Schwimmzüge vom Ufer entfernt beginnt Polen, wieder einmal sind wir Polen sehr nahe. Die Grenze hatten wir auf unserer Radtour ja schon tagelang begleitet. Der Blick auf dem Bild geht von Altwarp aus nach Neuwarp, dem heute polnischen Nowe Warpno. Das Gewässer zur rechten ist der Neuwarper See, der über eine schmale Öffnung an das Stettiner Haff grenzt.

 

 

 

Auf dem Ufer auf der anderen Seite des Neuwarper Sees kann man das Städtchen Nowe Warpno (Neuwarp) sehen. Es gehört schon zu Polen - ein altvertrautes Gefühl, wenn man tagelang an der deutsch-polnischen Grenze entlang gefahren ist. Der Hafen von Altwarp liegt verlassen da, das Personenschiff "Adler Germania" liegt offenbar seit Stilllegung der Fähre zwischen Altwarp und Neuwarp im Juni des Jahres dort und scheint bereits schon etwas zu verrotten. Große Schilder verweisen auf Passkontrollen der Bundesrepublik Deutschland. Aber weit und breit ist weiter nichts zu sehen. Einen lockeren Steinwurf vor dem Hafen ist eine kleine Insel zu sehen, eigentlich scheint sie nur aus Schilf zu bestehen. Wie ich später sehe, gehört sie bereits zu Polen und hört auf den Namen Łysa Wyspa.

Schild Passkontrolle

Ja - wo ist denn die Passkontrolle? Das völlig verlassen im Hafen herumstehende Schild hat sich seit Zeiten des Schengener Abkommens überlebt.

 

 

 

Altwarp scheint in mancherlei Hinsicht ein Verlierer davon zu sein, dass Polen der EU und auch dem Schengener Abkommen beigetreten ist. Ersteres machte für Altwarp den einst schwungvollen und florierenden Handel mit Polen uninteressant, die Polenmärkte wurden weitgehend uninteressant. Das Schengener Abkommen sorgt dafür, dass man keine Passkontrollen mehr benötigt. Das macht aber weiter auch nichts, denn die früher verkehrende Fähre zwischen den beiden Ortschaften Alt- und Neuwarp bzw. den beiden Ländern ist ja eingestellt. Altwarp liegt jetzt offenbar in einem friedlichen, ruhigen Dornröschenschlaf.

 

 

 

Und ist dabei bestimmt einladend für Menschen, die einen ruhigen Erholungsurlaub suchen. Immerhin bekommt man auch jetzt im Herbst in einem Fischgeschäft am Hafen ein leckeres Fischbrötchen. Die gutgelaunte Verkäuferin bedauert sehr, dass durch die genannten Änderungen die lebendigen Zeit des Orts vorbei sind. Aber, wer weiß, vielleicht steckt ja auch eine Chance gerade in der Ruhe von Altwarp?

Stettiner Haff

Friedliche, idyllische Landschaft am Stettiner Haff bei Warsin.

Unser Weg, der auch heute wieder das Ziel ist, führt uns bald weiter auf einer kleinen Rundstrecke. Die schöne Fachwerk-Kirche in Luckow (zur Zeit auch als Galerie genutzt, für einige polnische Künstler) wartet auf eine kurze Besichtigung.

Ortsschild Ahlbeck

Der Oder-Neiße-Radweg sollte uns ursprünglich ja bis nach Ahlbeck bringen - allerdings bis nach Ahlbeck auf Usedom. Da wir auf der Tour jedoch auf eine Fahrt nach Usedom verzichten, nehmen wir eben ein anderes Ahlbeck mit, eben Ahlbeck im Landkreis Uecker-Randow.

 

 

 

Vier Kilometer hinter Luckow gibt es dann einen etwas absurden "Höhepunkt" auf uns: Wir erreichen Ahlbeck! Eigentlich wollten wir ja den kompletten Oder-Neiße-Radweg fahren und die Strecke in Ahlbeck beenden. Allerdings hatten wir ja an diesem Morgen beschlossen, nicht nach Ahlbeck (auf Usedom) zu fahren - und nun stehen wir plötzlich doch vor dem Ortsschild "Ahlbeck". Unsere Radtour führt uns also doch nach Ahlbeck - wenn auch einem anderen Ort. Eben Ahlbeck (Landkreis Uecker-Randow). Absurd irgendwie! Witzig auch...

Ortseinfahrt Eggesin

Als wir zur 5000-Einwohner-Stadt Eggesin kommen, wird die Einfahrtstraße von goldenem Oktoberlicht geflutet.

 

 

 

Ohne Radweg geht es auf einer Landesstraße weiter nach Eggesin, wo es höchste Zeit für ein Stück Kuchen wird. Leider hat das sehr schön hergerichtete, einladende Café "Blaubeer-scheune", direkt neben der schön restaurierten KulturWerkstatt, geschlossen. Schade! Trotzdem finden wir nach ein wenig Suchen einen Bäcker, bei dem wir Kaffee und Kuchen bekommen.

Ueckermünde, Ueckerstraße

Zurück in Ueckermünde präsentiert sich die zentrale Ueckerstraße schon fast ein wenig großstädtisch.

 

 

 

Dann wird es durchaus Zeit, wieder gen Ueckermünde zu fahren, es fängt an zu dämmern, und es wird auch schon empfindlich kalt um diese Jahreszeit an so klaren Tagen, wie heute.

Nach insgesamt also 56 Kilometern an diesem Tag haben wir viel schönes gesehen - zumeist auch ohne uns auf dem Oder-Neiße-Radweg zu bewegen. Bei 3:28 Stunden reiner Fahrtzeit waren wir durchschnittlich 16,1 km/h für unsere Verhältnisse durchaus flott unterwegs.

Nach gut einer Woche Radtour wollten wir es heute ja ausdrücklich ruhig angehen und wollten eine nette, kleine Tour in der Gegend um Ueckermünde machen. Die pure Neugierde auf dieses Zipfelchen Land zwischen Stettiner Haff und Neuwarper See machte uns neugierig - das war der Grund, warum wir dahin fuhren. Dass wir dabei an ein wirklich großartiges, friedliches Kleinod gerieten und es uns auch am Stettiner Haff so phantastisch gefiel, das konnten wir vorher nicht ahnen. Eine großartige Landschaft, dort, am Stettiner Haff! Ein Glücktreffer! Beschwingt von den tollen Eindrücken bei schönem Wetter radelten wir heute dann doch mehr, als wir eigentlich wollten - wir können wohl gar nicht mehr ohne...

Der Oder-Neiße-Radweg - ein kleines Fazit

Nach insgesamt 585 Kilometern lassen wir die Tour hier in Ueckermünde ausklingen. Nachdem wir schon auf den offiziellen Startpunkt bei Lieberec in der Tschechischen Republik verzichtet hatten, haben wir nun also auch den offiziellen Endpunkt der Oder-Neiße-Tour sausen lassen. Wir finden einfach, dass die Fahrt am Stettiner Haff einfach würdig ausgeklungen ist. Da benötigen wir es gar nicht unbedingt, uns noch ein wenig Ostsee-Wind um die Nase wehen zu lassen.

Das ändert auch nichts daran, dass wir die Fahrt meistens sehr genießen konnten und es sich um eine sehr schöne Strecke handelt. Einige Teile hiervon waren uns schon von früheren, kleineren Tagestouren bekannt - aber in seiner Gesamtheit ist es ein schönes Unterfangen, den Verlauf der beiden Flüsse, früher einmal die "Friedensgrenze" zwischen der DDR und Polen, zu begleiten.

Man kommt in sehr ruhige, abgelegene Gebiete und kann dort auf zumeist guten Wegen die großartige Natur genießen - mit dem großartigen Höhepunkt in dem Gebiet des Nationalparks Unteres Odertal. Danach geht es abseits der Oder durchs Binnenland. Dies empfanden wir als weitaus uninteressanter, als an den Flüssen zu fahren. Ein wenig fehlt uns auch das Verständnis dafür, dass der Oder-Neiße-Radweg nicht auf polnischem Gebiet weiter verläuft, wenn die Oder allein auf polnischem Gebiet fließt. Überhaupt hält sich der ausgewiesene Verlauf streng auf deutschem Gebiet und berührt Polen für keinen Meter, nachdem Tschechien verlassen worden ist. Komisch!

Für Radler, die in Ruhe eine längere Fahrrad-Strecke fahren wollen, ist der Oder-Neiße-Radweg zumeist perfekt geeignet! Auch im Sommer quellen die Wege nicht gerade über und man meist ungestört radeln. Im Oktober, als wir unterwegs waren, kann man in einigen Gegenden -zig Kilometer fahren, ohne dass einem andere Menschen begegnen. Das muss man natürlich mögen! Über manchmal gibt es recht lange Strecken nur sehr wenig Infrastruktur. Immer wieder muss man viele Kilometer für ein Café, eine Toilette oder eine Unterkunft zurück legen. Wen das nicht stört, der findet mit der Oder-Neiße-Radtour eine ideale Fahrrad-Strecke!

 

Der exakte Verlauf wird in der (zoombaren) Karte unten mit der blauen Linie angezeigt. Hin und wieder kommt es in der Stadt zu kleinen Störungen bei meinem GPS-Empfänger, aber die Route ist trotzdem bestens nachzuverfolgen.

 

Hier geht es direkt zum unmittelbar folgenden und letzten Tag 10 des Reiseberichtes: ein paar Fotos von einem gemütlichen Tag mit einem Rundgang in Ueckermünde.

 

Und, last, but not least, geht es hier zu meiner externen Bilderserie zu dieser Radtour mit 72 großformatigen Bildern auf meiner externen Webseite www.reiseberichte-bilder.de (ein neues Fenster öffnet).

 

 

 

 

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Dirk Matzen

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