Reisebericht Vilnius -
  In der Mitte von Europa und wunderschön:
  Vilnius (Wilna) in Litauen

Ein Reisebericht aus der Europäischen Kulturhauptstadt 2009
   mit 89 Bildern



Vilnius Abendstimmung

Abendstimmung auf der "grünen Brücke" in Vilnius.

An meinen ersten Kontakt an das Land "Litauen" kann ich mich noch präzise erinnern. Es war eine kurze und eigentlich völlig banale Begegnung. Warum sie mir in Erinnerung geblieben ist - das erinnere ich nicht wirklich... Nein, ich wollte sagen: Ich weiß es eigentlich gar nicht, warum dieser Mann auf mich einen solchen Eindruck gemacht hat.

Es war wohl Mitte 1989, die "Wende" in Osteuropa war noch nicht wirklich absehbar, und ich war auf der Rückreise aus der DDR in meinem damaligen Wohnort Braunschweig, stieg in Helmstedt aus dem kleinen grenzüberschreitenden DDR-Schienenbus um in den D-Zug aus Berlin, der mich die 30 Kilometer nach Braunschweig bringen sollte. In dem Abteil, in dem ich für die kurze Strecke Platz fand, saßen - ich erinnere dies genau - drei Personen: Eine Schweizerin, die die peniblen Grenzkontrollen durch die DDR-Organe erstmalig und sowohl fassungslos wie kopfschüttelnd verkraften musste. Ein Mann, ich glaube aus Hannover, der sehr hoffnungslos eine Frau in der DDR liebte und deren regelmäßige Treffen offenbar immer sehr schmerzhaft und ebenso fassungslos endeten. Und eben jener LKW-Fahrer. Der sprach verblüffend gut Deutsch - und kam aus "Litauen", durfte auch in Westeuropa LKW fahren. Litauen war damals noch eine Republik in der UdSSR, der Sowjetunion. Auf meine Bemerkung, dass ich ja noch nicht oft Menschen aus der Sowjetunion begegnet sei, korrigierte er mich: nein, aus der Sowjetunion komme er nicht, er sei Litauer! Er käme aus Litauen! Litauen! Darauf beharrte er. Ich - in nur sehr nebulöser Kenntnis geschichtlicher Zusammenhänge - wunderte mich: Na, und wenn schon: Litauen... Ich bestehe ja auch nicht darauf, dass ich aus Niedersachsen komme, ich bin eben Bundesdeutscher Bürger, fertig, aus. Also ist er doch eigentlich auch ein Sowjetbürger... Aber nein, er hatte ein völlig anderes Nationalempfinden, er kam eben aus Litauen. Und zeigte damit letztlich, dass er die Besetzung durch die Sowjetunion schlicht nie akzeptiert hat. Meine erste und für viele viele Jahre einzige Begegnung mit einem Menschen aus Litauen.

Gut zwei Jahre später hatte sich die Welt komplett verändert, im September 1991 war der Staat Litauen Mitglied der UNO und hatte seine volle Souveränität erreicht.

Viel sagte mir Litauen als Staat jedoch nicht, für mich gab es vor allen die drei "baltischen Staaten" oder "das Baltikum" mit dem Gedanken, dass diese drei kleinen Staaten alle schon irgendwie gleich, na, zumindest sehr ähnlich sein werden. Bei ein Freund arbeitete ein Jahr lang ein Au-pair-Mädchen aus Litauen, beim HSV stürmte ein paar Jahr Valdas Ivanauskas, gebürtig in Kaunas in Litauen, und erfreute sich enormer Beliebtheit - aber das war es dann auch schon. Die kurze Begegnung mit dem LKW-fahrenden Litauer hatte ich schon vergessen - fast.

Bis mir im Frühjahr 2008 die Möglichkeit über den Weg lief, einen offiziellen "Bildungsurlaub" in Litauen mitzumachen. Da fing ich an, in meinem Gedächtnis nach Litauen zu kramen - viel kam dabei jedoch nicht heraus. Eigentlich nur der LKW-Fahrer.

"Bildungsurlaub?" fragen Sie? Ja, doch, wie auch in allen anderen Bundesländern gibt es auch in Hamburg ein "Bildungsurlaubsgesetz", wonach es jedem Arbeitnehmer in Hamburg zusteht, jährlich zusätzlich zum normalen Jahresurlaub an einen fünftägigen "Bildungsurlaub" teilzunehmen (oder auch alle zwei Jahre an einem zehntägigen). Das Thema dieser Bildungsurlaube muss keinesfalls, wie oft angenommen wird, thematisch mit dem Arbeitsbereich eng verwoben sein, die eigentlich erklärte Absicht von Bildungsurlaub ist gleich in Paragraph eins des Gesetzes, in dessen Grundsatz, festgelegt: "Durch ihre Freistellung von der Arbeit nach Maßgabe dieses Gesetzes soll Arbeitnehmern die Teilnahme an anerkannten Veranstaltungen sowohl der politischen Bildung als auch der beruflichen Weiterbildung und zur Qualifizierung für die Wahrnehmung ehrenamtlicher Tätigkeiten ermöglicht werden" - und weiter: "Politische Bildung soll die Fähigkeit der Arbeitnehmer fördern, politische Zusammenhänge zu beurteilen und politische und gesellschaftliche Aufgaben wahrzunehmen". Da passte das Thema des Bildungsurlaubs "Litauen - ein Land im Umbruch" in der Hauptstadt Vilnius (die wurde früher unter der eigentlich polnischen Bezeichnung auch in Deutschland "Wilna" genannt) doch wie die Faust aufs Auge! Klar, auch meinem Geschäftsführer gefällt dies nicht sonderlich, wie sollte es auch? Aber er lässt die Mitarbeiter gewähren, wenn auch innerlich kopfschüttelnd. Eine akzeptable Vorgehensweise.

So also landete ich mit einer Gruppe von insgesamt 13 Personen an einem sehr regnerischen Septemberabend auf dem Flughafen in Vilnius - schon allein das Innere der Ankunftshalle des Flughafens wäre eine Besichtigung wert. Ein Überbleibsel aus sozialistischen Zeiten, etwas protzig geraten. Seit dem 1. Mai 2004 ist Litauen Mitglied der EU, seit dem 2. April 2004 schon Mitglied der NATO und seit dem 21. Dezember 2007 ist Litauen auch dem Schengener Abkommen beigetreten. Letzteres bedeutet, dass man auf dem Flughafen nicht einmal mehr seinen Pass vorzeigen muss - es scheint also nichts selbstverständlicher, als von Hamburg nach Vilnius zu reisen.

Vilnius, Einkaufsstraße in der Altstadt

In der Altstadt gibt es viele schöne Gebäude und etliche einladende Geschäfte und Gastronomie.

 

 

 

Eigentlich lag Litauen mit seiner Hauptstadt Vilnius für mich immer weit, weit im Osten (gefühlt fast schon im Fernen Osten) und irgendwo weit oben im Norden. Letzteres hatte schon ein Blick auf den Atlas aufgelöst: Vilnius liegt etwa so nördlich wie Kiel/Schleswig/Flensburg - keinesfalls so nördlich wie Oslo oder Trondheim, wie ich vermutet hatte. Keinesfalls also "hoher" Norden.

In Vilnius erfahre ich dann: französische Geographen hätten herausgefunden, dass der geografische Mittelpunkt von unserem "Alten Europa" nicht, wie ich natürlich immer so dachte, mitten in Deutschland liegt (schließlich haben wir ja auch die "Mitteleuropäische Zeit" und sind doch auch sonst eigentlich der Nabel der Welt, oder?), sondern zu meiner großen Überraschung mitten in Litauen, in der Nähe des Dörfchens Purnuškės, 26 Kilometer nördlich von Vilnius. Hätten Sie's gedacht? Ich jedenfalls nicht! Letztlich ist das so, weil der europäische Teil von Russland auch weitaus größer ist, als man gemeinhin denkt.

Auch ist es keinesfalls so, wie ich dachte, dass alle Hauptstädte der Baltischen Staaten an der Ostsee (in englisch ja "Baltic Sea" - "Baltisches Meer") liegen. Für die alten Hansestädte Riga in Lettland sowie Tallinn in Estland gilt dies schon, aber Vilnius ist doch sehr weit vom Meer entfernt: fünf Stunden Zugfahrt oder vier Stunden Busfahrt müsste man schon auf sich nehmen, um ans Meer zu kommen. Dagegen ist es nur ein Katzensprung nach Weißrussland: rund 30 Kilometer.

Ebenso stimmt für Litauen nicht, was ich mit meinem diffusen Wissen vermutete: in Lettland und Estland sind jeweils etwa die Hälfte der Bevölkerung russischer Abstammung (was zum Teil ganz spezifische Probleme in diesen Ländern aufwirft), in Litauen jedoch sind die Verhältnisse sehr viel anders: man lebt durchaus in einem Vielvölkerstaat, jedoch sind immerhin 84 Prozent der Bevölkerung Litauer. Polen und Russen sind jeweils zu rund 6,7 Prozent vertreten, auch gut ein Prozent Weißrussen gibt es. Kleinere Minderheiten sind noch Ukrainer, Letten, Juden, Roma und Sinti, Deutsche, Tartaren sowie etwa 300 Karäer.

 

Schöne Seiten von Vilnius

Dieses alles vorausgeschickt und im Hinterkopf wird also eine einwöchige Erkundung von Vilnius gestartet. Litauen empfängt mich und meine Gruppe etwas garstig: mit kräftigem Wind und Regenschauern. "Hamburger Wetter" in Vilnius. Der Stadtrundgang zum Kennenlernen der Umgebung gestaltet sich hierdurch etwas unangenehm, aber das Gesehene lässt die missliche Witterung schnell vergessen. Um es kurz zu sagen: Vilnius ist schön - wunderschön! Mit seinen rund 540.000 Einwohnern ist die Stadt eine wahre Perle mit wunderschönen Bauwerken verschiedenster Stile, eine Pracht! Die Innenstadt gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe - natürlich. Und zu Recht! Im Jahr 2009 ist Vilnius Europäische Kulturhauptstadt. Das hat sicherlich zu verstärkten Bemühungen geführt, die Stadt noch mehr herauszuputzen.

Vilnius, Abendstimmung an der Neris

Abendliche Stimmung über der Neris, die sich in Beton gefasst durch Vilnius schlängelt.

 

 

 

Besonders die Innenstadt kann durchaus verzaubern. Man ist stolz darauf, die größte erhaltene Altstadt in Osteuropa zu haben, äußert sich gerne auch mal etwas abfällig über die weltweit geschätzte Altstadt von Riga, Hauptstadt des baltischen Bruder- und Konkurrenzstaates Lettland. Diese könne man mit einem Spaziergang ja leicht in fünf Minuten durchqueren. Nun, ich kenne Riga nicht - aber auf jeden Fall braucht man für Durchquerung der Altstadt von Vilnius länger. Viel länger.

Jedem wird bei einem Rundgang durch die Stadt auffallen, wie ungeheuer viele Kirchen es in Vilnius gibt! Mein Eindruck ist: Mehr und vor allem dichter beisammen, als in Rom! Die meisten von ihnen in prachtvoller Schönheit, in bestem Zustand, allerdings wird an etlichen auch noch renoviert und restauriert. Als Litauen ein sozialistischer Sowjetstaat war, wurden in einigen Kirchen nach deren Entweihung Bibliotheken oder Konzertsäle eingerichtet (Ich lerne: Kirchen waren in der UdSSR ständig von der Zerstörung bedroht, schließlich wurde Religion als "Opium für das Volk" angesehen und bezeichnet). Dies ist nur vordergründig ein entwürdigendes Vorgehen - auf der anderen Seite ermöglichte dies damals die Erhaltung zahlreicher Kirchenhäuser. Es ist nicht verbürgt, aber sehr wahrscheinlich, dass dieses pragmatische Denken und Vorgehen viele der großartigen Gotteshäuser erhalten hat. Nach der Unabhängigkeit Litauens wurden viele wieder als Kirchen geweiht.

Man ist stolz auf die traditionelle religiöse Toleranz in Vilnius, es finden sich zahlreiche katholische Kirchen, viele russisch-orthodoxe Kirchen, einzelne evangelisch-lutherische Kirchen. Ehemals gab es auch rund einhundert mehr oder minder große Synagogen in Vilnius - keine von ihnen überstand der zweiten Weltkrieg, dazu unten mehr. Mittlerweile gibt es wieder eine große Synagoge.

Schöne, einladende und für deutsche Verhältnisse recht günstige Restaurants, Cafés und Bars finden sich überall in der Innenstadt - zumeist sind dies wirklich wunderbare Gaststätten, die mit allerlei Interessantem locken. Man kann es sich gut gehen lassen, der Umgang mit ausländischen Gästen ist sehr freundlich und oft weltmännisch souverän. Hin und wieder hapert es ein klein wenig mit englischen Kenntnissen - aber eigentlich hat sich diese Stadt bestens auf Besuch aus aller Welt eingerichtet. Und die Menschen kommen: auf meinen Wegen durch die Stadt hörte ich immer wieder Wortfetzen in den verschiedensten Sprachen. Touristen fangen an, Vilnius zu entdecken. Und es ist dieser Stadt auch zu gönnen, dass sie ihre Schönheit zeigen kann und daraus auch Kapital schlägt.

Vilnius, Nachts am Rathausplatz

Nachts am Rathausplatz (Rotušėsaikšte).

 

 

 

Auffallend in der Innenstadt aber ebenso, dass man vieles dann eigentlich doch schon kennt. Die Globalisierung und die Ausbreitung multinationaler Konzerne und Firmen zeigt in den Geschäften ihre Spuren, von Fielmann bis Säppälä, von Armani bis Marc O'Polo, von McDonals bis H&M ist zu finden, was auch in unseren Innenstädten Rang und Namen trägt. Die Ketten der Geschäfte sind auch an Vilnius nicht vorbei gegangen.

Dies finde ich durchaus verständlich, natürlich möchte man an dem "westlichen Lebensgefühl" gleichberechtigt teilnehmen, sich zugehörig zur Weltgemeinschaft fühlen und vielleicht ja auch mal ein wenig in Luxus schwelgen. "Dazu gehören". Offenbar wird hierdurch ein allzu menschliches Bedürfnis befriedigt. Verblüffend jedoch die Fülle der edlen und oft teuren Geschäfte! Verblüffend auch die Menge der Menschen, die in diesen Geschäften verkehrt. Ebenso verblüffend die enorme Anzahl von hochwertigen Autos, die man auf den Straßen sieht. Bewegt man sich nicht aus der Innenstadt von Vilnius heraus, dann kann man zu dem Eindruck gelangen, dass es hier fast allen Menschen großartig geht!

Das Land hat ja auch einen enormen Aufschwung erfahren, die Zuwachsraten bewegten sich einige Jahre lang im zweistelligen Bereich, der EU-Beitritt tat sein Übriges. Aber, wie es mit solchen Aufschwüngen nun einmal so ist: es gibt einige, die auf der Erfolgswelle mitschwimmen, zahlreiche, die die Erfolgswelle nicht völlig aus den Augen verloren haben - aber auch eine Masse, die da einfach nicht mitkommen. Denen es eben nicht gut geht, die von der Gesellschaft mehr und mehr abgehängt werden, und deren Möglichkeiten kontinuierlich abnehmen. 18 Prozent der Bevölkerung in Litauen gelten als arm. Dies kann man in der schönen Innenstadt von Vilnius nicht sehen und ahnen, eher schon in den großen Wohnblocks außerhalb des Zentrums. Oder auch auf dem Lande.

Das monatliche Durchschnittseinkommen aller Litauer liegt derzeit bei 200 Euro. Hiervon müssen nicht nur die Wohnung (wobei es hauptsächlich Eigentumswohnungen gibt) und Essen bezahlt und die Familie versorgt werden, sondern es müssten dann auch noch Gucci und Armani bezahlt werden. Wie soll das gehen?

Da es jedoch offenbar bei vielen Reichen funktioniert, Gucci und Armani zu kaufen, kann dies auf der anderen Seite ja nur bedeuten, dass die durchschnittlichen Monatseinkommen der großen Masse noch einiges unter 200 Euro liegen muss. Die auch in Deutschland zuletzt so häufig beschworene "soziale Schere" ist in Litauen erheblich weiter geöffnet. Und wahrscheinlich ist sie auch schärfer geschliffen, als in Deutschland. Sozialer Sprengstoff ist ohne Zweifel üppig vorhanden. Aber um dies genauer zu erkennen reicht eine Woche Aufenthalt in Vilnius in keinem Falle auch nur andeutungsweise aus!

 

Vilnius - ehemals das "Jerusalem des Nordens"

Aber auch ein wenig Kenntnis der Geschichte ist gut und weist so manchen Weg durch diese Stadt. Ohne jetzt eine ausführliche Geschichtsstunde beginnen zu wollen: Der Staat Litauen hat extreme Wandel in früherer Zeit erlebt, war mal im Verbund mit Polen riesig und reichte bis ans Schwarze Meer und war mal komplett von der Landkarte verschwunden, wofür wiederholt wechselnd Russen, Polen und natürlich auch Deutsche Verantwortung trugen. Im Zweiten Weltkrieg wurde Litauen zunächst von der Sowjetunion besetzt, dann von den Deutschen unterworfen, in Vilnius bildete man zwei Ghettos, eines hiervon nur für kurze Zeit, dann wurde es "gesäubert". Die anschließende Zugehörigkeit zur Sowjetunion wurde als Okkupation empfunden, kein Wunder, dass man in Litauen zu Beginn der 90er Jahre sehr entschieden auf die Unabhängigkeit von der Sowjetunion hinwirkte und sich in Bündnissen Sicherheit verschaffte.

Ein finsteres Kapitel wurde oben schon kurz angerissen: Die fast vollständige Auslöschung der jüdischen Lebens in Vilnius. Einstmals als größte und lebendigste jüdische Gemeinde Europas geachtet und mit vielen Gelehrten im Geiste der Aufklärung sehr einflussreich, blieben von den zu Beginn des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion rund 60.000-100.000 Juden in Vilnius nach dem Krieg nur 600 am Leben. In der Stadt, die sich einstmals voller Stolz "Jerusalem des Nordens" nannte. Auch, wenn es in Vilnius, anders als in anderen Städten Litauens (Kaunas, Šiauliai), nach dem deutschen Überfall kaum zu spontanen Pogromen durch Landsleute an der jüdischen Bevölkerung kam, so waren es keinesfalls nur die Deutschen, die Jagd auf die Juden machten und diese barbarisch ermordeten. Es fanden sich in der litauischen Bevölkerung bereitwillige Helfer der Barbarei, der Antisemitismus war auch hier verbreitet. In keinem anderen Land wurden Juden derart konsequent ermordet, wie in Litauen. Bedenklich ist, dass man sich im modernen Litauen hiermit weitgehend nicht auseinandersetzt und sich der Vergangenheit kaum stellt. Von einzelnen Gesten abgesehen findet eine konsequente Aufarbeitung der Geschichte nicht statt. Dessen ungeachtet gehören heute in Vilnius immerhin wieder 3.300 Menschen der jüdischen Gemeinde an.

Vilnius, Jüdisches Viertel

Im früheren jüdischen Viertel von Vilnius.

Vilnius, Jüdisches Viertel

Ruhige Nebenstraße im jüdischen Viertel.

 

Ponar (heute Paneriai) - wo Deutsche systematisch mordeten

Die meisten Morde während des Zweiten Weltkrieges fanden im südlich von Vilnius gelegenen Vorort Paneriai statt, damals bekannt unter dem Namen Ponar. Hier hatte es sich ergeben, dass die Rote Armee für Tank- und Vorratslager große runde Gruben ausgehoben hatte - als Deutschland die Sowjetunion überfiel und Litauen einnahm. Als Tanklager fanden diese Gruben keine Verwendung mehr. Dafür hatten die Deutschen, zusammen mit linientreuen Litauern, einen neuen Ort für die Massenmorde. Es ist von den Deutschen detailliert dokumentiert worden, wie viele Menschen hier ihren letzten Weg gingen: rund 100.000 Personen, zumeist aus Vilnius, wurden in diese Gruben erschossen, darunter ca. 70.000 Juden. Die Erschossenen wurden in Massengräbern verscharrt. Als die Rote Armee dann immer näher rückte, wurde, kurz bevor sie Vilnius erreichte, ein Trupp von 70 jüdischen Männern dorthin kommandiert, um die Toten wieder auszugraben und zu verbrennen - letztlich um Beweise zu verwischen. Zweien von diesen 70 gelang trotz widrigster Umstände die Flucht - ihnen verdankt die Welt die Informationen um das entsetzliche Geschehen.

Es gibt in Paneriai eine Gedenkstätte, die mit der Bahn vom Hauptbahnhof in Vilnius aus für einige Cent in wenigen Minuten, verbunden mit ein paar hundert Metern Fußweg, völlig unkompliziert erreichbar ist. Auch dies ein Ort, in dem das Grauen förmlich greifbar ist und dessen Besuch in das Pflichtprogramm eines jeden am Leben in Vilnius Interessierten gehören sollte. Er beeindruckt durch seine Ruhe und auch gerade dezente Darstellung des Geschehenen.

Paneriai, Gedenkstätte Ponar

Gedenkstätte der Eisenbahner direkt an den Gleisen in Ponar. 100.000 Menschen wurden hier getötet.

Gedenkstätte Ponar

Die von den Sowjets ausgehobenen runden Gruben erschienen den Deutschen ideale Orte zur Tötung zehntausender Menschen zu sein. Heute sind in dem Waldstück sehr dezent Gedenkstätten verschiedener Nationen eingerichtet.

 

Folgen der Sowjetzeit - Das KGB-Museum

Der Übergang in die nächste Diktatur und Schreckensherrschaft war im Jahre 1944 jedoch wiederum nahtlos, als die Sowjetische Rote Armee das Land annektierte und unterwarf. Binnen weniger Jahre wurden ca. 120.000 Litauer deportiert, vorwiegend nach Sibirien, hunderttausende andere wurden getötet oder als politische Gefangene eingesperrt. In Vilnius sorgten die Sowjets dafür, dass sichtbare Zeichen jüdischen Lebens konsequent und weitgehend getilgt wurden und verschwanden.

Auch dies eine schwere Zeit für Litauen - mir erscheint es, als sei diese Zeit heute in Litauen noch weitaus präsenter, als die Schrecken des Nazi-Regimes. Eine ebenso spannende wie polemisch-einseitige Dokumentation zu der Zeit findet man im früheren KGB-Gebäude, das heute ein Museum ist. Viele Gräueltaten der Sowjetmacht sind hier mitten im Herzen von Vilnius dokumentiert. Völlig neu war für mich die Erkenntnis, dass es in Litauen noch lange Zeit nach der sowjetischen Okkupation teilweise kriegsähnliche Zustände gegeben hatte, zehntausende Litauer als Partisanen in die Wälder gegangen waren und die Sowjets mit viel Unterstützung durch die Bevölkerung bekämpften. Diese Vorgänge werden in der früheren KGB-Zentrale von Vilnius eindrucksvoll dargestellt. Trotzdem erscheint mir der Name für die Museum jedoch deplatziert, übertrieben und wie eine Anklage an den heutigen russischen Staat: das "Genozid Museum". Ich denke nicht, dass die Kämpfe zwischen Sowjets und Litauern ein "Genozid", ein Völkermord, war - auch, wenn sie schonungslos und brutal waren und viele Litauer darunter zu leiden hatten. Einen Genozid hatte es in Litauen durchaus gegeben, einige Jahre zuvor, durchgeführt von Deutschen und Litauern gemeinsam, am jüdischen Volk. Hierzu schweigt man sich dann im "Museum des Genozids" aus. Einen Besuch ist dies Gebäude jedoch trotzdem allemal wert, und schon allein die weitgehend original erhaltenen Gefängniszellen und Folterkammern im Keller lassen einen erschaudern.

Vilnius, Inschriften am KGB-Gebäude

In den Mauersteinen an dem Fußweg entlang sind die Namen die hier getöteten Litauer eingemeißelt worden.

Vilnius, KGB-Gefängnis

Wer hierhin kam - in den Keller des KGB oder zuvor der Gestapo - hatte keine guten Aussichten für die Zukunft.

Vilnius, zerstörte KGB-Akten

... anderes wurde offenbar noch rechtzeitig vernichtet.

 

Das Litauische Parlament: der Seimas

Doch dann, in den Jahren 1990/91 ermutigte die liberale Politik von Mihail Gorbatschow im Machtzentrum der Sowjetunion in Moskau die Litauer dazu, zunehmend und vehement für ihre Unabhängigkeit einzustehen. Die Welt musste den Atem anhalten: wird Moskau nicht nur die europäischen Satellitenstaaten des Warschauer Paktes, sondern auch Länder der eigenen Union, des eigenen Staates, in die Freiheit entlassen? In Litauen gab es ein monatelanges Tauziehen und Ringen um die Macht. Ca. ein Jahr lang wurde das Parlament der "Litauischen Sozialistischen Sowjetrepublik", der Seimas, von mutigen Bürgern blockiert und mit Barrikaden verschanzt. Die gefürchteten sowjetischen Panzer und Spezialeinheiten ließen sich hier nicht blicken. Das Fernsehzentrum jedoch wurde von den Sowjets sehr schnell mit Waffengewalt eingenommen, 16 Litauer, zumeist sehr junge, fanden dort den Tod.

Doch Litauen bekam seine Freiheit, 1993 zogen die letzten russischen Soldaten mit üblen Beschimpfungen auf den Lippen aus dem mittlerweile souveränen Land ab. An die dramatischen Vorgänge wird am Seimas erinnert, Teile der Barrikaden sind original erhalten und durch Glaswände vor äußeren Einflüssen geschützt.

Und überhaupt zeigt man sich heutzutage am Parlament offen und angenehm entspannt: kaum sieht man Sicherheitskräfte oder Zäune, die alles abriegeln würden. Unserer angemeldeten Gruppe gewährt man nach einem schnellen Sicherheitscheck recht unkompliziert den Zutritt, man wird ohne große aufgesetzte Gesten auf deutscher Sprache durch alle wichtigen Räume geleitet, und, ja, aber selbstverständlich darf man alles fotografieren. Auch wie selbstverständlich nimmt sich der führende Oppositionspolitiker Audronius Ažubalis der rechtskonservativen Vaterlandsunion zwei Wochen vor der Parlamentswahl rund eine Stunde Zeit für die ausländische Gruppe. Wie tags zuvor auch schon der Regierungsberater in EU-Dingen, Rolandas Kazlauskas, der gleich drei Stunden Zeit hatte für die Bildungs"urlaubs"gruppe. Ein Parlament zum Anfassen, mit Politik zum Anfassen - alles ganz selbstverständlich! Und eben darum beeindruckend. Genau so geht das doch mit der Demokratie, oder?

Vilnius, Seimas

Vor dem Parlamentsgebäude.

Vilnius, Seimas Eingangsbereich

Im Eingangsbereich des Parlaments Seimas: Nationalwappen und Nationalfahne umringen die EU-Fahne.

Vilnius, Seimas alter Sitzungssaal

Auch der alte Sitzungssaal hat eine ähnliche Ausstrahlung, wie der Eingangsbereich: Plüschig! Über die dramatischen Ereignisse in diesem Raum während der Zeit der litauischen Wende wird bei einer Führung informiert.

Vilnius, Seimas neuer Sitzungssaal

Der neue Sitzungssaal des Parlaments: modern, schick, sachlich, nüchtern und elegant. Und - lichtdurchflutet!

Vilnius, Reste von Barrikaden am Seimas

Direkt am Parlament erhalten sind einige original erhaltene und mittlerweile hinter Glas geschützte Barrikadenteile aus der Wende-Zeit die Erinnerung an die dramatischen Vorgänge am Leben.

Vilnius, Wahlplakate

Ebenfalls direkt vor dem Parlamentsgebäude: Wahlkampf! Die größte und auffälligste Wahlkampftafel, die mir in der Woche - zwei Wochen vor der bedeutenden Parlamentswahl - begegnete. Nur einige der Parteien nutzten die Gelegenheit, hier Plakate anzubringen. Die in Deutschland übliche Beschilderung ganzer Städte vor einer Wahl fand ich in Vilnius nicht.

 

Überraschende Stadtteile: Šnipiškės und Užupis

Doch zurück zur Stadt Vilnius. Bei all der Schönheit dieser Stadt fällt es mir fast die ganze Zeit über schwer, auch einmal etwas mehr hinter die Fassaden zu gucken und - wie es natürlich auch in der Absicht des Bildungsurlaubes ist - einmal die andere Seite des hier ausufernden Kapitalismus kennen zu lernen.

Geradezu fassungslos stehe ich dann jedoch im Stadtteil Šnipiškės. Großinvestoren haben hier ein Dorf weitgehend zerstört, ein Dorf, das mitten in der Stadt Vilnius gelegen war. Das "Europa Center" ist entstanden, eine Skyline aus Glas und Stahl, eine gute Handvoll gewaltiger, hoher, supermoderner, machtvoller Finanzpaläste nebst Shopping-Center - wie man es in der gesamten Welt mittlerweile kennt. 50 bis 100 Meter weiter: Schlagartig fühlt man sich wie mitten auf dem Lande, windschiefe Holzhäuschen, Apfel- und Pflaumenbäume, Gartenblumen, überhaupt viel Grün, keinerlei befestigte Wege, tiefer Matsch, Autos wackeln durch die tiefen Schlaglöcher. Die Menschen wandeln auch schon mal im Morgenmantel durch die Gegend - nur die Glitzer-Glanz-Bauten in der unmittelbaren Nachbarschaft wollen nicht so recht dazu passen. Fast wirkt es, als würden die modernen Gebäude nach den kleinen Häusern geradezu greifen. Auf einem der Holzhäuser entdecke ich ein Denkmals-Schild - immerhin. Wie ich höre, hatte das Gebiet, auf dem die Skyline nun steht, auch eine solche Struktur. Es wirkt sowohl idyllisch, aber auch heruntergekommen. Vieles an den Holzhäusern ist liebevoll hergerichtet, aber doch kann ich mir kein rechtes Bild davon machen, ob die Menschen hier wirklich gerne leben, oder ob sie noch die Stellung halten und ihre Häuser (sind diese überhaupt ihr Eigentum?) als Spekulationsobjekt ansehen... Verwirrt ziehe ich von Dannen - einen krasseren Gegensatz an Kultur und Architektur habe ich in meinem Leben wohl noch nie erlebt... Auch das gibt es mitten in Vilnius!

Vilnius, Stadtteil Snipiskes und Europa Center

Was für bizarre Gegensätze: vorne dörfliches Leben, hinten das "Europa Center".

Vilnius, Europa Center

So sieht dann das neue Šnipiškės aus: kalt, funktional, ohne Grün.

Und Vilnius bietet auch Platz für ein weiteres Unikum: die "Republik Užupis". Gelegen in einem weiten Bogen des Fluss Vilnia haben die etwa 2000 Bewohner Vilnius, Souvenir Uzupio Kavine dieses Stadtteils am 1. April (!) 1997 diese Republik ausgerufen. Etwas hügelig gelegen, mit alten, schönen Häusern (die jedoch teilweise sehr renovierungsbedürftig und heruntergekommen sind) nennt man das Viertel auch das "Montmartre von Vilnius": Es ist in den Jahren der Unabhängigkeit ein Künstlerviertel entstanden. Der marode Wohnraum war günstig zu erstehen und es fand sich eine lebendige Gemeinschaft zusammen. Die Republik hat einen Präsidenten, eigene Pässe, angeblich einen Botschafter in Moskau sowie eine Armee (die aus 12 Mann bestehen soll - diese habe ich jedoch nicht zu Gesicht bekommen...). Das offizielle Regierungsgebäude ist allgemein zugänglich, ohne den Sicherheitscheck, wie beim Seimas: es ist die schöne und sehr gemütliche Kneipe Užupio Kavinė. Natürlich gibt es für die Republik auch eine eigenen Verfassung, die auch an mehreren Stellen angeschlagen ist. Dort findet man Dinge wie "Jeder hat das Recht zu lieben", "Jeder hat das Recht, nicht geliebt zu werden - aber nicht unbedingt", "Jeder hat das Recht, Fehler zu machen" oder auch: "Eine Hund hat das Recht, ein Hund zu sein".

Mit anderen Worten: alles in der Republik Užupis ist gewürzt mit einer kräftigen Prise Ironie und Witz (so, wie auch das Schild mit dem "Lächelgebot" an der Brücke zur Republik) und ist einfach sehr originell. Die Folge des Ganzen: Es ist dort nicht mehr das heruntergekommene Armenviertel, sondern es ist allgemein beliebt geworden, in Užupis zu leben. Also steigen in der Folge, wie überall auf der Welt, die Mieten - Neu-Wohlhabende ziehen in das Viertel hinein, restaurieren und renovieren die heruntergekommene Bausubstanz - und die ursprünglich dort lebenden, einfallsreichen, lustvollen Künstler können sich ein Leben immer weniger leisten. Die meisten sind schon längst weg aus dem Viertel. Es wird immer schicker werden in Užupis, keine Frage. Aber ebenso ist keine Frage, dass Užupis dann auch an Flair verlieren wird.

Vilnius, Blick über Uzupis

Užupis - das "Montmartre von Vilnius". Vieles ist schon in einem schönen neuen Zustand, aber nicht alles.

Vilnius, Alte Gebäude in Uzupis

Einige der Gebäude warten noch auf eine Restaurierung. Aber man hat sich auch eingerichtet.

Vilnius, Uzupis: Schlösser der Liebe

Hier ist Liebe noch ganz eisern: die Brücken über die Vilnia nach Užupis werden für Liebesbeweise der besonderen Art genutzt.

 

 

 

Insgesamt gefiel mir der entspannte Lebensstil in der Stadt sehr. Es geht recht locker zu, die Menschen sind freundlich-unaufdringlich, kramen für die Verständigung dann auch schon mal ihre paar Bocken Englisch hervor, sind liebenswert. Wenn man, wie ich in den vergangenen Jahren, häufig in südlichen Ländern ist, dann fällt einem auch der geordnete und eher defensive Straßenverkehr auf. Die ganze Art der Menschen wirkte auf mich eher skandinavisch, als irgendwie "östlich".

Obwohl: mit Skandinavien hat Litauen eigentlich nichts zu tun. So legt man zum Beispiel Wert auf die Aussage, dass die Sprache Litauisch zum "Indoeuropäischen" Sprachstamm angehört. "Indoeuropäisch" ist identisch mit dem, was man in Deutschland - und zwar nur hier! - als "indogermanisch" bezeichnet. Wir haben also in Deutschland die gleichen Wurzeln der Sprache, wie die Litauer. Für mich ist das nahezu unvorstellbar! Bei kaum einem Litauischen Wort kann ich irgendeine Bedeutung erahnen, ohne Ausnahme alles erscheint mir völlig fremd. Bis zum Ende der Woche kann ich mir nicht ein einziges Wort litauisch merken. Ich bin zwar sprachlich überhaupt nicht begabt, aber Litauisch ist mir bis zum Ende meines Aufenthaltes sehr fremd. Schnell gesprochen erscheint mir allein der Klang - die Litauer mögen mir diesen Eindruck bitte nachsehen! - eher wie russisch, bzw. wie eine russische Mundart! Ich könnte beide Sprachen nur schwerlich auseinander halten.

Aber überhaupt: die Russen! Die meisten Litauer mögen sie wohl nicht wirklich und auch politisch versucht man sich immer deutlich von den Russen abzusetzen - das Trauma der Okkupation ist noch allzu gegenwärtig und der Staat Litauen ist im Vergleich zu Russland eben doch nur ein winzigen "Happen". Allerdings ist der Einfluss der in Litauen lebenden Russen aufgrund des eher geringen Anteils (knapp sieben Prozent) eher gering. Trotzdem erscheint diese Minderheit dem Vertreter der Vaterlandssunion, Audronius Ažubalis, beim Treffen im Seimas ein Dorn im Auge. War er bei unserem Besuch zu Beginn seiner Ausführungen offenbar noch ganz und gar in dem Wahlkampfgetöse gefangen, will er der westlichen Gruppe doch allen Ernstes erklären, dass sämtliche Russen im Land in der Zeit vor der Wahl ihrer Botschaft einen Besuch abstatten, um sich dort quasi von Moskau erklären zu lassen, welche Partei sie zu wählen haben. Mein Gedanke hierzu: Es kann für den Frieden im Lande nie förderlich sein, eine Minderheit im Lande auszugrenzen und zu Vollidioten zu erklären. Aber, nun ja, da können wir ja auch vor der eigenen Haustüre noch einiges kehren. (Anmerkung November 2008: bei den Parlamentwahlen kurz nach unserem Besuch wurde die litauische Vaterlandsunion zur stärksten Partei gewählt und löste in einer Koalition mit vier anderen konservativen Parteien die regierenden Sozialdemokraten ab. Unser Gesprächspartner war seinerzeit als Favorit für den Posten des litauischen Außenministers gehandelt worden - aber offenbar gaben die Koalitionsverhandlungen dies nicht her. So bekleidet er nach der Wahl keinen Ministerposten, ist jedoch Vorsitzender des auswärtigen Ausschusses des litauischen Parlaments - immerhin. Anmerkung September 2011: Na also, da hat es ja doch geklappt und seit dem 11. Februar 2010 ist Herr Ažubalis nach dem Rücktritt seines Vorgängers nun doch zum litauischen Außenminister aufgestiegen.)

 

 

 

Im Jahr 2009 ist Vilnius, wie schon erwähnt, neben Linz die Kulturhauptstadt Europas. Dies wird für Viele der Anlass sein, die Stadt erstmalig zu besuchen. Wie schon beschrieben hat sich Vilnius aus diesem Anlass auch herausgeputzt und ist einen Besuch allemal wert! Für meinen Teil bedaure ich ein wenig, die Stadt nicht an einem lauen Sommerabend erlebt zu haben. Die Innenstadt war abends immer recht bevölkert, je näher das Wochenende rückte, um so stärker. Besonders abends hat Vilnius ein enormes Flair - und wenn das Leben bei den vielen Gaststätten im Sommer noch mehr auf die Straßen zieht, dann bin ich mir sicher, dass es umwerfend schön sein muss in der barocken Perle des Nordens. Ich glaube, dass ich irgendwann im Sommer noch einmal dorthin muss! Vielleicht dann auch mit dem Zug, was auch kein Problem darstellt.

Andererseits muss ich auch noch einmal hervorheben, was für eine großartige Reiseform ein solcher Bildungsurlaub doch ist! Man bekommt Sichtweisen und Einblicke, die ansonsten einem Touristen weitgehend verborgen bleiben: Parlament, Paneriai/Ponar, KGB-Gefängnis und Šnipiškės hatte ich schon erwähnt, aber wer lässt sich von einer in Litauen kurz nach dem Krieg geborenen Jüdin durch das frühere jüdische Viertel führen und das frühere Leben dort erklären? Wer besucht schon die Zentrale des litauischen Gewerkschaftsbundes oder die noch im Aufbau begriffene, monumentale Gedenkstätte für die zwischen 1944 und 1947 747 ermordeten Litauer im sowjetischen KGB-Gefängnis, ein Jahr bevor die Gedenkstätte eröffnet wird? Chancen, die wohl vor allem eine solche Reiseform bietet!

Vilnius, Detail der Gedenkstätte für KGB-Opfer

Die gesamte Gestaltung der Halle soll hier noch nicht gezeigt werden, darum nur ein "kleiner" Ausschnitt - aber auch dieses Mosaik ist schon quadratmetergroß...

Vilnius, Gedenkstätte für KGB-Opfer, Mosaiksteine

Dieser Blick auf Steine und Werkzeug lässt ahnen, wie ungeheuer mühevoll die Mosaike erstellt werden.

 

 

 

Nach dem Programm in der gesamten Woche ist der Samstag des Bildungsurlaubes jedenfalls "frei", ohne offizielles Programm, steht also jedem zur freien Verfügung. Ich nutze die Gelegenheit, um einen Ausflug in die zweitgrößte Stadt Litauens zu unternehmen, nach Kaunas. Die gerade mal gut einstündige Zugfahrt (zum Preis von umgerechnet ca. Euro 4,50) vermittelt einige Eindrücke von der schönen Landschaft Litauens, und die Stadt Kaunas bringt auch viele neue, interessante und schöne Eindrücke. Kurz gesagt: Auch diese Stadt bietet jede Menge Interessantes, aber sie ist (noch?) nicht so herausgeputzt, wie die Hauptstadt des Landes und Europäische Kulturhauptstadt 2009, Vilnius. Nach gerade mal acht Stunden Aufenthalt in Kaunas sammeln sich nicht genug Wissen und Einsichten, um umfassend über die Stadt zu schreiben - aber doch genügend, um in einer Bilderserie einige Eindrücke aus Kaunas an einem wolkenverhangenen Tag im späten September zu zeigen. Sie finden diesen kleinen Reisebericht und die Bilderserie über Kaunas hier.

Kurzum: es heißt doch immer so schön, dass Reisen bilden würde... Für wohl kaum eine andere Reiseform gilt dies so sehr, wie für einen solchen Bildungsurlaub! Die oft kurzen Blicke hinter die Kulissen zeigen einem eine sehr vielschichtige, lebendige Stadt und schärfen den Blick. So etwas ist nicht billig - doch es bereichert enorm!

 

 

Einige Stadtansichten und Eindrücke aus Vilnius

Vilnius, Nacht über der Neris

Nacht an der Neris.

Vilnius, Porsche im Gedimino Prospekt

Mit diesem Kennzeichen darf man mit seinem schwarzen Porsche auf dem Gedimino Prospektas auch links fahren und parken.

Vilnius, Europa-Centrum

Das neue Zentrum...

Vilnius, Neris

Abends am Ufer des Flusses Neris.

 

Kunst in Vilnius

Vilnius, Meno Galerija

Ein in der Meno Galerija ausgestelltes Bild.

Vilnius, Fliegende Kuh im Zentrum für moderne Kunst

Eine "Pegasus-Kuh" im Zentrum für moderne Kunst.

Vilnius, Klezmer-Konzert in der Synagoge

Kunstvoll: Wunderbares Klezmer-Konzert in der wunderschönen Choral-Synagoge in Vilnius - der letzten verbliebenen Synagoge der Stadt von ursprünglich über 100 Gotteshäusern vor dem Zweiten Weltkrieg.

Vilnius, Skulptur Staatliches Schauspielhaus

Würden Sie unter diesen Damen hindurch ins Staatliche Schauspielhaus schreiten?

 

Vilnius - Einige Details, gesehen am Wegesrand

Vilnius, Sowjetischer Bau

Ein Relikt aus der Sowjetzeit - was wohl früher mal in dem Ring war...?

Vilnius, Basiliustor

Detail am "Basiliustor" - dem Tor des Basilius-Klosters.

Vilnius, Strukturelemente an Gebäuden

Ein sehr beliebtes Stilelement in Vilnius: Unter dem Putz liegende Strukturelemente wurden teilweise freigelegt.

Vilnius, Glas- und Stahl-Bau

Das moderne Vilnius - am Europa Center.

 

Gesehen am Hauptbahnhof von Vilnius

Vilnius, Bahnsteig am Hauptbahnhof

... unter der Woche am frühen Nachmittag sieht das schon anders aus. Die Litauischen Eisenbahnen Lietuvos Geležinkeliai bieten günstige Fahrpreise.

 

Kirchen in Vilnius - eine unüberschaubare Vielfalt

Vilnius, Kuppel der St. Kasimir-Kirche

Die Kuppel der St. Kasimir-Kirche in Form einer Krone. Mir selber erschien es insgesamt unmöglich, mir einen Überblick über die ungeheure Vielzahl an Kirchen in Vilnius zu verschaffen.

Vilnius, Kathedrale

Die Kathedrale - oder besser: ein Teil davon. Der enorme Glockenturm steht getrennt von der Kirche.

Vilnius, St.-Anna-Kirche und Bernadinerkirche

Die St.-Anna-Kirche (links) bietet gotische Architektur in Reinkultur, die daneben liegende Bernadinerkirche bietet da schon einen Stilmix.

 

 

60 großformatige Fotos aus Vilnius gibt es auf meiner externen Seite www.reiseberichte-bilder.de . (neues Fenster öffnet)

 

Hier geht's zu meinem Reisebericht über den eintägigen Abstecher nach Kaunas. (neues Fenster öffnet)

 

 


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Dirk Matzen

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