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Grauer Himmel, durchdringender Regen, strammer und kalter Wind von Nord: also von vorn - nein, heute war nicht unser Tag auf dem Oder-Neiße-Radweg! Wir quälen uns über knapp 30 km, dann war Schluss: Durchgekühlt, durchnässt und mit den Nerven durch für heute.
Es ist Samstag, der 16. Oktober 2010, 10:00 Uhr, Lebus.
Temperatur: 5 Grad, massiver Dauerregen.
Der vorangegangene Tag hat eine Menge Nerven und auch körperliche Kraft gekostet - entsprechend gemütlich gehen wir den heutigen Tag in Lebus an. Unsere geräumige Unterkunft drängt uns auch nicht gerade dazu, uns auf die Fahrräder zu begeben. Hinzu kommt der Blick aus dem Fenster: Es regnet. In durchaus erwähnenswerter Menge. Vielleicht lässt der Regen ja nach, wenn wir etwas trödeln?
Das ausreichende Frühstück nehmen wir gemütlich ein. Auch ziehen wir heute gleich von vornherein unsere Regenkleidung an, es hat sich eingeregnet.
Start morgens um 10 Uhr in Lebus - heute ließen wir es ruhig und spät angehen.
Erst um zehn verabschieden wir uns dann also von unserem Gartenhäuschen und der Vermieterin und schnappen uns unsere Fahrräder - deutlich später, als sonst üblich. Bei Tageslicht sehen wir schnell: Die Altstadt von Lebus ist eigentlich klein, die hilfreiche Dame vom Abend zuvor hat uns auf einen gehörigen und unnötigen Umweg geschickt. Na ja, auch egal...
Die evangelische Stadtpfarrkirche St. Marien bestimmt das Bild in der an diesem regnerischen Samstag Morgen menschenleeren Altstadt von Lebus.
Wir schieben unsere Räder ein Stück durch den Ort - besonders viel Schönes finden wir aber gar nicht. Um Viertel nach zehn dann haben wir genug von der Ortsbesichtigung und besteigen unsere Fahrräder. Der Regen ist kräftig und durchdringend. Der Wind auch.
Friesennerz im Oderbruch: Unser Spaß hält sich bei Nordwind und Dauerregen heute in engen Grenzen.
Letztlich der "touristische Höhepunkt" des heutigen Tages: Die Diplomatentreppe auf dem Deich der Oder in der Nähe von Reitweit. Die Treppe wurde 1984/85 errichtet, damit die Botschafter zahlreicher Länder trockenen Fußes den Flecken an der Oder betrachten konnten, an dem die Rote Armee der Sowjetunion 1945 die Oder überquerte.
Die Aussicht über das Küstriner Vorland gestaltet sich heute etwas trostlos, hier aus einem Radler-Rastplatz bei Reitwein.
Nach einer Viertelstunde brauchen wir eine erste kurze Pause. Der zusätzlich zu dem strömenden Regen wehende kalte und kräftige Nordwind zehrt an uns - und wir fahren ja nach Norden. Der Regen peitscht uns ins Gesicht und fühlt sich eisig an. Furchtbar! Eigentlich ist es ein Wetter, bei dem man sprichwörtlich keinen Hund vor die Tür schickt.
Die Infotafel bei der Diplomatentreppe an der Oder informiert ausführlich über den Sinn des Gebildes.
Auch meine Kamera ist dem durchdringenden Regen nicht mehr gewachsen. Das zum Teil unter Wasser stehende Vorland vor dem Oderdeich verschwimmt mit dem Wasser auf dem Objektiv zusätzlich.
Da hilft auch der großartige Zustand des Radweges auf dieser Strecke nichts. Selbstredend sehen wir die ganze Zeit keine Menschenseele auf unserer Strecke.
Ergo: Schon nach ein paar Kilometern gestehen wir beide uns ein, dass das Radfahren auf diese Weise uns heute einfach keinen Spaß bringt und einfach nur zermürbend ist - zumal wir nach dem Programm der vorangegangenen Tage ja auch alles andere als frisch sind. Auch hat sich schnell herausgestellt, dass meine einfache Regenjacke diesen Wassermassen einfach einfach nicht gewachsen ist. Nein, es bringt keinen Spaß, nass und durchgefroren durch einsame Gegenden zu fahren. Wir fangen an, nicht nur die Kilometer zu zählen, sondern mittlerweile schon die Meter. Da stellt sich sehr schnell die Frage, nach dem "Warum"
An das bei mir sonst übliche fotografieren "aus der Hand heraus" während der Fahrt ist heute nicht zu denken - es regnet viel zu stark. Die Kamera würde wohl Schaden nehmen und die wenigen gemachten Bilder sehen aufgrund der vielen Tropfen auf dem Objektiv ganz "verwaschen" aus. Das passt ja auch irgendwie zu dem Wetter.
Mühsam schleppen wir uns voran, was bleibt uns auch anderes übrig? Hier an dem Weg ist ja einfach nichts, keine Gebäude, keine Einkehrmöglichkeit. Nichts - außer Ruhe, Regen und Einsamkeit.
Der Bahnhof von Küstrin-Kietz: Er könnte ein Synonym für "Trostlosigkeit" sein. Wir jedoch konnten uns immerhin bei der fast eine ganzen Stunde Wartezeit immerhin leidlich unterstellen. Und dann ging's per Zug ab in Richtung Berlin, eine Pause im Warmen.
Nach gerade mal einer Stunde, an einem überdachten Radler-Pausenplatz, machen wir, schon ziemlich demoralisiert und übellaunig, eine ausgiebige Rast. Gerade mal knapp zehn Kilometer haben wir geschafft, hier an der bekannten "Diplomaten-treppe", die 1984 extra gebaut wurde, damit die Botschafter in der DDR keine nassen Füße bekommen, wenn sie im Gedenken an den 40. Jahrestag der Überquerung der Oder durch die Sowjetarmee den Ort des Geschehens besichtigen wollen.
Dem historischen Ort völlig unangemessen geht unsere Stimmung dem Nullpunkt entgegen. Da liegt der Entschluss nahe: Heute passiert weiter nichts mehr! Unser Beschluss: Wir kämpfen uns noch weitere gut zehn Kilometer gegen den fiesen, nassen Wind bis Küstrin-Kietz durch, steigen dort in den stündlich verkehrenden Zug und fahren in Richtung Berlin. Eine warme und ausgesprochen gemütliche Unterkunft auf dem Weg dorthin steht uns zur Verfügung und ist einfach zu verlockend, um sich hier weiter zu quälen! Wie es danach weiter geht, entscheiden wir dann dort je nach Wettervorhersage.
Gesagt - getan! Nach einer, trotz der Kälte, halben Stunden Pause geht es weiter. Die ca. 14 Kilometer bis zum Bahnhof von Küstrin-Kietz mühen wir uns ab. Aber doch: Der Entschluss, die Tour bei diesen widrigen Umständen und einem verlockenden Unterkunfts-Angebot einfach zu unterbrechen, bis das Wetter besser wird, wirkt auch beflügelnd. Ein klein wenig zumindest.
Um kurz vor ein Uhr mittags stehen wir am Bahnhof von Küstrin-Kietz, müssen noch eine ganze Weile warten, bis wir dann in einem kleinen, aber angenehm modernen Zug Richtung Berlin fahren. Ein paar weitere Kilometer Radfahren noch, dann haben gute Freunde schon eine warme Suppe für uns fertig... Großartig! Nach so einem blöden, demoralisierenden Tag ist man ja für alles dankbar.
Die insgesamt gerade mal 30,6 Kilometer diesen Tages (mit dem Weg zum und dann vom Bahnhof weg) waren ohne Zweifel die härtesten bisher. Da ist eine Netto-Fahrtzeit von 2:10 Stunden auch erlaubt - Durchschnitt 14,1 km/h, Spitze 24 km/h. Insgesamt haben wir jedoch schon 320 km des Oder-Neiße-Radweges hinter uns gebracht.
Bei den massiven grauen Wolken und dem Dauerregen, fällt es schwer, sich vorzustellen, dass es am folgenden Tag anderes Wetter sein soll. Aber doch: Genau das sagt der Wetterbericht. Wir also werden am kommenden Morgen mal aus dem Fenster schauen - und dann entscheiden, ob wir am folgenden Sonntag mit der Bahn zurück zur Oder fahren und wieder mit dem Fahrrad auf die Strecke gehen - oder eben nicht...
Der exakte Verlauf wird in der (zoombaren) Karte unten mit der blauen Linie angezeigt. Hin und wieder kommt es in der Stadt zu kleinen Störungen bei meinem GPS-Empfänger, aber die Route ist trotzdem bestens nachzuverfolgen.
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