Radfahren...!
Radtour Oder-Neiße-Radweg
  7. Tag: Criewen - Penkun (64 km)

Ein Fahrrad-Reisebericht über eine Radtour im Oktober 2010
   mit 26 Bildern




Radweg im Nationalpark Unteres Odertal

Ein traumhafter Herbsttag zum Fahrradfahren! Hier im Nationalpark Unteres Odertal, ein Stück hinter Schwedt auf Höhe der Ortschaft Vierraden auf dem Deich neben der Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße. Nur - wo ist hier, Mitte Oktober, eigentlich die typische Herbstverfärbung?

Hier geht es zurück zum unmittelbar vorangegangenen Teil 6 des Fahrrad-Reiseberichtes auf dem Oder-Neiße-Radweg, dem sechsten Tag mit der Fahrt von Küstrin-Kietz nach Criewen.

 

Es ist Montag, der 18. Oktober 2010, 9:10 Uhr, Criewen.
Temperatur: -2 Grad, Nebel, aber wolkenloser Himmel.

 

Großartig war er gewesen, der vergangene Tag auf unserer Oder-Neiße-Radtour, ohne Zweifel ein Höhepunkt auf unser diesjährigen Herbst-Radstrecke! Die Oder mit dem Nationalpark "Unteres Odertal" haben uns auf der Etappe einfach nur großartig gefallen. Auch das heute vor uns liegende Stück gehört zu großen Teilen noch zu dem Nationalpark. Von daher erhoffen wir uns wieder eine schöne Strecke.

Aber - ob wir davon jedoch überhaupt etwas sehen werden? Als wir uns aufrappeln und aus dem Fenster schauen, sehen wir: nichts. Der Ort Criewen ist über Nacht in dickstem Nebel versunken. Kaum kann man von Fenster des Gasthofes aus die andere Straßenseite sehen.

Trotzdem verlassen wir den Gasthof schon um kurz nach neun Uhr. Allerdings zunächst zu Fuß: wir wollen uns, bevor wir auf die Räder steigen, zunächst noch den Lenné-Park anschauen. Und auch das Nationalpark-zentrum ist in Criewen angesiedelt. Dem wollen wir dann ebenso noch einen Besuch abstatten.

Criewen, Lenné-Park

Auch der Lenné-Park in Criewen verschwimmt im dichten Nebel.

Criewen, Nationalparkzentrum

In dem Besucherzentrum des Nationalparks Unteres Odertal hat man die Möglichkeit, einen Flug über das Naturschutzgebiet zu unternehmen. Eine Wildgans trägt einen auf ihren Schwingen gemütlich über die großartige Landschaft.
Okay, okay - die Wildgans ist aus Holz, ihre Schwingen tragen aber dafür sogar zwei Personen. Leider findet das Ganze nur virtuell mittels Fernsehtechnik statt, so hat man jedoch immerhin die Hände frei zum winken. Aber es ist eine wunderbare Idee und mal ein neues Gefühl, sich nicht nur per Rad durch die Landschaft zu bewegen.

 

 

 

Gerade im Nebel wirkt der Lenné-Park mit der Dorfkirche und dem Schloss richtig verwunschen, magisch fast, aber man kann schon ahnen, dass sich der Nebel schnell auflösen wird, schon zeigt sich der erste blaue Schimmer am Himmel. Um kurz nach 9:30 Uhr betreten wir dann direkt nach Öffnung das Nationalpark-Zentrum. Schnell merken wir: hier gibt es viel zu viel zu sehen, als dass wir alles Interessante hier in überschaubarer Zeit bewältigen können. Zu unserem Liebling wird ganz schnell die Wildgans, auf deren Flügeln man Platz nehmen kann und einen ausgedehnten Flug über den Nationalpark unternehmen kann. Virtuell zumindest. Und die Wildgans ist, zugegeben, aus Holz. Aber doch: Eine großartige Idee!

Als wir uns um Viertel nach Zehn Uhr etwas gezwungen von dem Nationalparkzentrum lösen, ist der Nebel weg und der Himmel knall-blau. Um 10:40 Uhr sitzen wir wieder auf unseren Rädern. Klar ist uns da schon, dass wir am heutigen Tag nicht eine solch lange Etappe schaffen werden, wie am Tag zuvor - aber wir sind ja auch nicht auf der Flucht. Schließlich hat Criewen uns richtig gut gefallen!

In der Nähe von Zützen

Blick über das Gebiet des Nationalparks Unteres Odertal in der Nähe von Zützen.

Es ist weiterhin richtig kalt an diesem Morgen, im Schatten liegt noch recht lange Raureif, aber das Wetter mit der prallen Sonne ist einfach großartig zum Radfahren. Zum Teil beobachten wir noch einige dichte, kompakte Nebelbänke, die wie dichte Wolken direkt auf der Oder liegen. Auch ein Naturschauspiel.

Schwedt, Uferpromenade

Die Uferpromenade von Schwedt. Aufgrund des mächtigen Gewässers könnte man denken, die sei die Oder, aber nein, dies ist wieder einmal die Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße.

Zügig erreichen wir Schwedt. Im Hinterkopf hatte ich immer das Bild einer hässlichen Industriestadt, vielleicht ja ähnlich trostlos, wie Eisenhüttenstadt. Aber als wir um Viertel nach Elf in der Altstadt von Schwedt ankommen, fühlen wir uns dort so wohl, dass wir umgehend beschließen, schon wieder eine kleine Pause zu machen. Ein passender Bäcker dafür findet sich auch umgehend, schließlich ist das Frühstück ja schon fast drei Stunden her. Man kann immerhin in der Sonne draußen sitzen und schon dauert die kleine Pause eine halbe Stunde.

 

 

 

Als wir dann weiter radeln, ist endgültig klar, dass wir heute nicht viele Kilometer "machen" werden. Bisher haben wir gerade mal 10 km geschafft. Aber egal. Als wir dann Schwedt verlassen haben, offenbart der Blick zurück, dass Schwedt tatsächlich eine Stadt mit massiver Großindustrie und Plattenbausiedlungen ist. Aber es wirkt bei weitem nicht so trostlos, wie drei Tage zuvor Eisenhüttenstadt. Und das sicherlich nicht nur, weil heute die Sonne scheint.

Radweg im Nationalpark

... da schauen wir lieber wieder nach vorne auf den grandiosen Radweg im Nationalpark, unweit von Schwedt.

 

 

 

Weiter geht es nun Kilometer für Kilometer an der Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße entlang durch den Nationalpark Unteres Odertal. Unter knallblauem Oktoberhimmel. Auf perfekt ausgebautem Radweg. Ohne spektakuläre Ereignisse rollen wir so dahin und genießen die wunderschöne unspektakuläre Landschaft.

Irgendwann dann doch mal ein, nun ja, "besonderes Ereignis", in der Nähe der Ortschaft Friedrichsthal: Nicht nur, dass wir wieder direkt an die Oder zurückgekehrt sind und nicht mehr die Hohensaaten-Friedrichsthaler-Wasserstraße begleiten. Nein, zudem quert eine große Stromtrasse den Nationalpark und mitten auf dem dem Oder-Neiße-Radweg steht ein Lieferwagen. Die Türen weit geöffnet, es dröhnt sehr laute Musik aus dem Auto durch die Landschaft. Sonderbar! Aber nach einem Moment der Irritation bemerken wir den Grund für das unvermutete Spektakel: Auf dem nahegelegenen Strommast klettern vier Männer herum und verpassen dem Stahl-Gerüst einen neuen Anstrich. Um sich die Zeit etwas zu verkürzen, muss das Radio des Autos auf wohl volle Lautstärke gedreht werden. Wie bunte Kleckse in der Gegend wirken die vier Männer, meine Liebste meint, aus der Ferne habe sie gedacht, dort würden große Vögel auf dem Mast sitzen.

Strommast mit Maler-Schatten

Artisten bei der Arbeit.

Die vier bemerken auch uns - johlen und winken uns zu, wir johlen und winken belustigt zurück, ich zücke rechtzeitig noch meine Kamera. Eine kleine, nette Begegnung offenbar für beide Seiten. Und: Wenn einen schon so eine Begegnung als besonderes Ereignis erscheint, dann hat man wohl einen schön ruhigen Gemütszustand erreicht.

Grenzpfosten an der Oder

Kurz nach Friedrichsthal hat uns die Oder wieder, und damit begleiten uns auch wieder die altbekannten Grenzpfosten.

 

 

 

Jetzt geht es endlich wieder direkt an die Oder weiter, wir freuen darüber. Ohne richtig sagen zu können, warum. Die nächste Ortschaft kündigt sich gegen halb zwei an: Gartz. Wir beschließen, uns den Ort ein wenig anzuschauen, sehen ein paar schöne Backstein-Bauten, aber auch einen irgendwie unlebendig wirkenden Ort. Das Café, das am Orteingang direkt am Oderufer angekündigt wurde, bleibt für uns unentdeckt. Und das viele Kopfsteinpflaster im Ort schüttelt uns kräftig durch und raubt uns uns Nerven.

Gartz, Stettiner Tor

In Gartz angekommen entdecken wir zwar ein paar historische Gebäude, wie hier vor uns das Stettiner Tor aus dem 13. Jahrhundert. Was wir ersehnen, aber nicht finden: Einen Bäcker oder ein Café.

 

 

 

Überhaupt, diese Kopfsteinpflaster in vielen Orten Brandenburgs! In vielen Ortschaften wird offenbar höchsten Wert darauf gelegt, es zu erhalten. Es mag ja auch historisch wertvoll sein und auf den Wegebau vor hunderten von Jahren hinweisen - aber doch ist es für Radfahrer eine Qual und so dermaßen grob und hoppelig, dass es einfach nur abschreckt. Wir sind dies schon seit geraumer Zeit Leid! Vielleicht wäre es im Sinne der Förderung einer umweltfreundlichen Fortbewegung ja möglich, diese Steine zu belassen, aber am Rand einen ebenen Fahrradstreifen einzubauen? So oder ähnlich hatten wir es früher schon öfters in Ostbrandenburg auf dem Radweg R1 gesehen und genutzt.

So jedenfalls bleibt das einzige, was uns in Gartz echte Freude bereitet, das große "Atomkraft? Nein Danke!"-Plakat, das jemand an seinem Haus am Ortseingang aufgehängt hatte. Leider gibt es viel zu wenige solcher Plakate!

Mescherin, Anleger

Eine Pause am Anleger in Mescherin - mit direktem Blick auf das polnische Ufer. Die Oder hat sich ein vor Gartz in zwei Arme geteilt, die deutsch-polnische Grenze verläuft hier an der Westoder. Ein paar Kilometer hinter der Ortschaft knickt die Grenze, ebenso, wie der Oder-Neiße-Radweg, ab. Die Oder verläuft dann auf polnischem Gebiet. Der Oder-Neiße-Radweg nicht. Der verlässt die Oder einfach. Komisch!

 

 

 

Eine richtige, kleine Pause machen wir dann aber erst in Mescherin. Der Ort hat einen kleinen Hafen, man kann sich wunderbar auf eine Bank direkt an der Oder setzen und rüber nach Polen schauen.

Die Pause gönnen wir uns auch noch, denn wir wissen ja: bald schon müssen wir uns von der Oder verabschieden! Denn obwohl die Radroute weiterhin "Oder-Neiße-Radweg" heißt, verläuft sie leider nicht mehr weiter an der Oder entlang. Sobald der Fluss sich komplett auf polnisches Gebiet verabschiedet, verabschiedet sich auch die Fahrrad-Route vom Fluss. Warum bloß?? Kann man in Polen keine Radwege bauen, die einen Fluss begleiten? Hat man dort kein Interesse daran, Fahrrad-Touristen ins Land zu bekommen? Oder ist es vielmehr so, dass man sich in Deutschland ziert, bei der Ausweisung eines Radweges den nationalen Boden zu verlassen? So oder so: wir finden es sehr schade, dass man auf dem Oder-Neiße-Radweg der Oder nicht komplett bis zur Mündung folgt!

Also hier, direkt am Ufer des schönen Flusses noch mal eine Pause. Ein wenig knabbern wir an unseren Vorräten herum, aber ein Café vermissen wir an dieser Stelle doch irgendwie. Um genau 15:01 Uhr mache ich an diesem Ort das letzte Foto von der Oder auf dieser Radtour. Tschüß, Oder, tschüß, du schöner Fluss!

Das vermisste Café finden wir dann allerdings am Ortsausgang von Mescherin - und machen gleich die nächste Pause. Eigentlich verhalten wir uns fast desolat, wir kommen kaum voran, haben gerade mal gut 40 km auf dem Tacho. Große Ziele, was die Kilometer-Zahl des Tages angeht, können wir heute gar nicht mehr haben. Also gibt es jetzt Kaffee und Kuchen für uns!

Grenzpfosten Deutsch-polnische Staatsgrenze

Noch einmal, kurz vor dem Ort Neurochlitz, kommt man der deutsch-polnischen Staatsgrenze ganz nah - dann heißt es auch Abschied nehmen von Polen.

 

 

 

 

Der Tag plätschert so dahin, entpuppt sich rundherum als wundervoller Herbsttag und wir radeln jetzt auf zumeist guten und abgelegenen Nebenstraßen. Zeitweilig noch direkt an der polnischen Grenze entlang, einige polnische Grenzpfosten sind gerade mal drei Schritte neben der Straße, die noch von deutschen Grenzpfosten gesäumt wird. Aber bald geraten auch die Grenzpfosten außer Sichtweite. Wir radeln mehr und mehr landeinwärts.

Windpark Schönfeld

Die 14 mächtigen Windräder vom Windpark Schönfeld stehen in der Abendsonne Spalier, während wir uns auf die letzten Kilometer nach Penkun begeben.

 

 

 

Am nördlichen Rand der Uckermark sind wir hier unterwegs. Es ist kurz nach 16 Uhr, als wir in Tantow beschließen, im 11 Kilometer entfernten Penkun eine Unterkunft zu suchen. Nach einem Stück Radweg an einer Hauptstraße entlang (an der B113) geht es wieder auf ruhige Nebenstraßen. Um 16:50 Uhr erreichen wir Penkun. In erst einer Stunde wird es dunkel sein, also fahren wir erstmal in die Ortsmitte. Vielleicht findet sich ja noch die Möglichkeit, dort ein paar Kleinigkeiten einzukaufen?

Penkun, Marktplatz

Penkun, der Marktplatz.

 

 

 

Die Verkäuferin vom "Einkauf am Markt" allerdings schließt noch schnell ihr Geschäft direkt vor unserer Nase zu, lässt sich auch von bittenden Gesten von uns nicht dazu erweichen, noch ein paar schnelle Verkäufe zu tätigen, und schaut einfach nur weg. Sie will um 17 Uhr ihren Feierabend, basta! Irgendwie ja auch verständlich. Oder?

Einige Übernachtungsmöglichkeiten wurden am Ortsrand ausgewiesen - dann kann zumindest das ja kein Problem sein! Bei dem bevorzugten Gasthof jedoch haben wir Pech: Er wird offenbar grundsaniert und hat geschlossen. Andere Unterkünfte finden wir schlicht nicht oder es ist niemand da, ein leicht mulmiges Gefühl beschleicht uns. Was machen wir, wenn wir hier keine Unterkunft bekommen? Schließlich dämmert es bereits spürbar.

 

 

 

Ein kurzer Blick auf das hübsch renovierte Schloss, dann haben wir doch Glück bei unserer Suche: Als wir an der Tür für eine Unterkunft klingeln, öffnet man uns. Und begrüßt uns ungewöhnlich: anstelle eines "Hallo" oder "Guten Abend" oder "Herzlich willkommen" empfängt uns der Hausherr mit dem Satz "Ich bin gerade im Hack!". Ein Blick auf seine Hände zeigt, was er meint: Er bereitet gerade Essen vor und knetet gerade Hackfleisch. Für uns wird der Satz "ich bin gerade im Hack" allerdings noch weit über den Urlaub hinaus eine Art "Running Gag" (oder sollte man als Radfahrer eher sagen "Cycling Gag"?).

Aber der gute, direkte Mann hat ein Zimmer für uns. Der Boxfan bringt uns in einem Raum unter, in dem auch schon der in Penkun aufgewachsene, überaus erfolgreiche Box-Trainer Ulli Wegner wiederholt genächtigt hat. Auch ohne Boxfans zu sein, ist mir dieser Mann ein Begriff und wir sind von den Fotos an der Wand beeindruckt!

Abends gibt es im Haus noch ein zünftiges und günstiges Abendessen, so, dass wir nach unseren heute gerade mal 4:30 Stunden auf dem Rad mit 65 zurückgelegten Kilometern zufrieden sind (Durchschnittsgeschwindigkeit gerade mal 14,3 km/h, 33 km/h). Der traumhafte Herbst soll sich am Folgetag jedoch nicht fortsetzen: Die Wettervorhersage verspricht Regen für den Folgetag. Wir schlafen trotzdem ruhig, das Lärm verursachende Kopfsteinpflaster vor dem Haus wird wohl erst am kommenden Morgen dafür sorgen, dass wir beizeiten geweckt werden...

 

 

Der exakte Verlauf wird in der (zoombaren) Karte unten mit der blauen Linie angezeigt. Hin und wieder kommt es in der Stadt zu kleinen Störungen bei meinem GPS-Empfänger, aber die Route ist trotzdem bestens nachzuverfolgen.

 

Und hier geht es direkt zum unmittelbar folgenden Teil 8 des Fahrrad-Reiseberichtes des Oder-Neiße-Radweges: dem achten Tag mit der Fahrt von Penkun bis nach Ueckermünde.

 

Und, last, but not least, geht es hier zu meiner externen Bilderserie zu dieser Radtour mit 72 großformatigen Bildern auf meiner externen Webseite www.reiseberichte-bilder.de (ein neues Fenster öffnet).

 

 

 

 

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Dirk Matzen

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