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Das gigantische, fast ergreifende Ende des RuhrtalRadwegs: Das Rheinorange an der Mündung der Ruhr in den Rhein bei Duisburg. Sie sehen richtig: Die beiden kleinen Kleckse unten am Sockel sind unsere beiden Fahrräder.
Es ist Donnerstag, der 21. April 2011 (Gründonnerstag), 10:15 Uhr, Hattingen.
Temperatur: 17 Grad, ein paar Schönwetterwolken trüben den blauen Himmel kaum.
Nach zwei Tagen Stopp in Hattingen begeben wir uns heute wieder zurück auf die Strecke des Ruhrtalradwegs. Eigentlich ist das also erst der dritte Tag der Radtour. Das Wunschziel des heutigen Tages ist Duisburg, von Hattingen aus rund 70 Kilometer Weg. Die Frage dabei: wird meine mit mir fahrende Liebste, die sich am Ende des zweiten Tages bei einem Sturz eine Rippe gebrochen hat, diese Belastung mit dieser körperlichen Beeinträchtigung bewältigen können? Sie ist da ganz optimistisch, wir lassen es drauf ankommen.
Nach den strahlenden letzten Tagen sind wir morgens fast ein wenig erschreckt: Huch - sind das etwa Wolken am Himmel?
Allzu dicht sehen diese nicht aus, wir sind schnell auf der Strecke des Ruhrtalradweges angekommen, es ist sehr ruhig und friedlich an diesem Morgen.
Nach zwei ebenso erzwungenen wie auch schönen Pausentagen in Hattingen geht es für uns wieder auf den RuhrtalRadweg. Hier noch im hügeligen Gebiet direkt in der Stadt Hattingen.
Nachdem wir tags zuvor in Bochum gewesen waren, sind dies idyllische Grün und die Häuser hier, der einzige Eindruck von Bochum, den wir heute mitnehmen.
Der RuhrtalRadweg allerdings zeigt sich sofort hier in Hattingen wieder von seiner schönsten Seite: Die Strecke geht direkt an der Ruhr entlang - und schon aus den vorangegangenen Tagen wissen wir, dass das wunderschöne Wege sind!
Es geht vorbei an Bochum-Dahlhausen, das einladend aussehende Café (bzw. die Gaststätte) direkt am RuhrtalRadweg hat jedoch leider noch geschlossen. Schade! Also weiter.
Wenn die Ruhr glatt wie ein Spiegel ist, ist sogar der Blick auf die historische Industrieanlage am südlichen Stadtrand von Essen von Idylle geprägt.
Ebenfalls im südlichen Essen sehen wir beim Blick über die Ruhr einen wunderschön gelegenen Campingplatz, der uns geradezu magisch anzieht. Schade, dass wir heute gerade erst auf dem Rad gestartet sind! Aber wir notieren uns die Telefonnummer, vielleicht für spätere Zwecke...?
Zügig kommen wir voran. Als wir gegen 11 Uhr nach Essen kommen, sehen wir auf der anderen Seite der Ruhr einen kleinen Campingplatz, direkt am Fluss. Und auf dem Campingplatz sehen wir sechs bunt angemalte Bauwagen - ob die wohl zu mieten sind? Das wäre ja eine tolle Möglichkeit zum Übernachten für den Rückweg, den wir in ein paar Tagen auch radelnd angehen wollen.
Kurzer Bummel durch das Zentrum von Essen-Steele. Hier ein Blick in die Bochumer Straße.
Nette, typische Wohnstraße in Essen-Horst.
Aber zunächst mal biegen wir ein paar Minuten später an einer Brücke über die Ruhr ab. Es gilt, in Essen-Steele für eine Stunde lang in private Kindheits-Erinnerungen einzutauchen. Wie schön! Je älter man wird, um so drängender wird anscheinend auch das Bedürfnis an solchen Momenten. Das ist ja auch in Ordnung, hin und wieder mal, und heißt ja nicht, dass man nur in der Vergangenheit lebt.
Gewaltige Brücke über einen Nebenarm der Ruhr bei Essen.
Da kann man nur sagen: Willkommen im Ruhrgebiet! Schon wieder Idylle pur am Vogelschutzgebiet Heisinger Bogen.
Aber nach diesem Ausflug geht die Zeit schon auf 12 Uhr zu, und sonderlich viel haben wir heute ja wirklich noch nicht geradelt. Also: weiter geht's auf dem RuhrtalRadweg, jetzt auf der rechten Seite des Flusses. Ein ungeheuer breiter, perfekt ausgebauter Radweg lässt uns bei schon wieder sommerlichen Temperaturen wie in einem lebendigen Fahrrad-Traum dahin gleiten. Es sind mittlerweile einige andere Radler auf dem RuhrtalRadweg unterwegs, aber meist kann man ziemlich ungestört fahren. Und wieder die Überraschung: So wunderschön ist Essen, nun ja, zumindest Teile davon! So schön ist das Ruhrgebiet! Traumhaft geradezu!
Beim Vorbeifahren konnten wir es kaum glauben: Es ist der 21. April - und die ersten Badenden. In der Ruhr!
Wieder geht es über die Ruhr. Der Fluss wird breiter, die Brücken immer länger. Diesmal geht es über eine fast endlos scheinende Stahlgerüst-Brücke beim Essener Stadtteil Kupferdreh. Die wenigen Zierwolken am Himmel lösen sich mehr und mehr auf, schon längst sind wir wieder mit kurzen Hosen und kurzen Ärmeln unterwegs. Was für ein Glück, ein solches perfektes Sommerwetter im April zu Ostern zu erwischen! Sogar ein paar Verwegene, in der Ruhr Badende sehen wir! Baden zu Ostern - auch schön. Die Erinnerung an Ostern im Schnee in anderen Jahren ist bei uns aber auch noch lebhaft vorhanden.
Um 13:20 Uhr ist dann eine ausgiebige Mittagspause fällig, an einem Rastplatz direkt am Baldeneysee - mit Blick auf die etwas entfernte Villa Hügel auf der anderen Seite der Ruhr. Das viele, viele frische Grün jedoch verdeckt den Blick auf das historische Bauwerk weitgehend. Aber ganz ehrlich: So schön würde ich auch gerne wohnen wollen!
In dem Essener Stadtteil Werden weichen wir kurz vom RuhrtalRadweg ab - die Wasservorräte wollen aufgefüllt werden und ein entsprechender Laden ist schnell gefunden.
Ein traumhafter Radfahrtag, hier neben dem RuhrtalRadweg kurz vor Kettwig.
Wieder geht es über die Ruhr, ein kurzes Stück lang. Aber erstmal brauchen wir bei der Hitze zusätzliches Wasser. Zeit für einen kurzen Einkaufs-Stopp. In der zu Essen gehörenden Ortschaft Werden werden wir im Ortszentrum schnell fündig. Und schon sind wieder zurück an der Ruhr. Schon nach kurzer Zeit geht es schon wieder über die Ruhr auf deren rechte Seite. An dem Essener Stadtteil Kettwig geht es vorbei - und schon wieder fahren wir über die Ruhr hinüber. Quasi in Schlangenlinien bewegen wir uns an der Ruhr entlang.
Jetzt also auf der linken Ruhr-Seite. Allerdings etwas abseits der Ruhr, durch die Felder. Vorbei an großen Obstplantagen, die in voller Blüte stehen - wie auch die Millionen Löwenzahn-Pflanzen unter den Bäumen. Der Frühling ist einfach eine faszinierende Jahreszeit. Zugegeben: Vor allem bei dem prallen Sonnenschein, den wir die gesamten Tage schon haben.
Die eindrucksvolle Mintarder Ruhrtalbrücke im Zuge der Autobahn A52 erreicht eine Höhe von bis zu 65 m über der Ruhr. Unter ihr blüht der Raps.
Kurz vor Mülheim an der Ruhr geht es bei Mintard unter einer gigantischen, 65 Meter hohen Autobahnbrücke hindurch. Optisch vor allem ein reizvoller Kontrast zu den zahlreichen, in knallgelber Blüte stehenden Rapsfeldern.
Der Weg ist hier zwar ein paar Kilometer lang nicht asphaltiert, aber doch gut zu fahren. Nach einiger Zeit kommt uns eine gewaltige Staubwolke entgegen. Ein Wirbelsturm etwa? Nein, der Staubwirbel entpuppt sich als eine Gruppe von ca. 12 Mountainbikern, die uns in sehr flottem Tempo entgegen kommen. Der Weg, die gesamte Natur sind hier wirklich knochentrocken!
Nach vielen Kilometern durch pure Idylle an der Ruhr führt der RuhrtalRadweg uns am frühen Nachmittag in das Zentrum von Mülheim an der Ruhr. Nach so viel Natur wirkt die Stadt fast wie ein Schock auf uns.
Wie schon die beiden Tage zuvor: Eine Berührung mit der Route der Industriekultur, heute in Mülheim an der Ruhr. Leider ist es nach einer Pause schon 16:30 Uhr und uns bleibt keine Zeit, das Aquarius Wassermuseum zu besichtigen.
Das nächste größere Etappenziel ist dann Mülheim an der Ruhr. Der RuhrtalRadweg geht mitten durch die Innenstadt, wir gönnen uns in einem Park ein Pause und ein Eis - es ist ja immerhin schon Viertel vor vier Uhr. Aber es geht für uns ganz gut voran, immerhin ist meine Liebste mit ihrem Rippenbruch unterwegs. Und für diese dramatische Einschränkung geht das Fahren doch verblüffend gut.
Und noch etwas fällt uns auf dieser Tour auf: Die Tage sind doch schon sehr lang. Üblicherweise unternehmen wir unsere Strecken-Radtouren im Herbst, im Oktober. Da ist das Tageslicht schon so kurz vorhanden, dass man einen wesentlich höheren Druck hat, seine Tagesetappen zu erreichen. Das ist jetzt im April viel, viel angenehmer. Man hat auch einfach mehr Ruhe für Pausen.
Unschön: Sämtliche Infotafeln im Stadtgebiet von Mülheim, nicht nur zum RuhrtalRadweg, sind so beschmiert, wie diese hier. So etwas nenne ich Fremdenfeindlichkeit: Man gibt Ortsfremden hier keine Chance auf Informationen. So etwas haben wir auf unseren Radtouren in diesem Maße bisher nur auf dem Weg von Hamburg nach Berlin in Rathenow erlebt.
Als wir Mülheim dann verlassen, fällt uns die Fremdenfeindlichkeit dieser Stadt auf: Nahezu alle Wegweiser und Informationstafeln an dem Radweg sind von Sprayern über und über mit Graffiti verschmiert. Für Ortsunkundige ist das eine massive Einschränkung und zuweilen Behinderung - abgesehen davon, dass sich eine Stadt auf diese Weise schlicht abschreckend präsentiert. So massiv, wie in Mülheim an der Ruhr, haben wir dieses Phänomen bisher erst einmal wahrgenommen - in Rathenow in Brandenburg.
Sicherlich das nervigste und hässlichste Stück auf dem gesamten RuhrtalRadweg: Es geht eine Weile direkt neben der L140 und daneben der Autobahn A40 entlang. Welch Zufall, dass ich auf Foto keine Autos erwischt habe! Das Getöse und der Lärm von den insgesamt sechs Autofahrspuren war entsetzlich!
Wir fühlen uns hier also nicht auf einen guten Weg gebracht und sind immer froh, wenn wir solche Gegenden wieder verlassen. Zudem ist es von Mülheim bis nach Duisburg, unserem Tagesziel, auch gar nicht mehr allzu weit. Allerdings wird uns kurz nach Verlassen der Ortschaft auch das furchtbarste Stück Weg des gesamten RuhrtalRadwegs präsentiert: Glücklicherweise nur für eine Strecke von rund 1000 Meter fährt man, nur getrennt von einem kniehohen Betonsockel, direkt an einer Landesstraße und daneben der Autobahn A40 entlang. Radfahren (fast) auf den Autobahn. Extrem laut und lärmig, auch am heutigen Gründonnerstag. Da ist man heilfroh, wenn man dieses Stück hinter sich gelassen hat - und wir verbuchen das als komisches Missgeschick bei der Planung der RuhrtalRadwegs. Und nur, wenn man merkt, wie grauenhaft Fahrradfahren auch sein kann, kann man es an den schönen Strecken so richtig genießen, oder?
Im südlichen Oberhausener Stadtteil Alstaden zeigt der Verlauf der Ruhr noch einmal seine ganze Schönheit!
Auf einem schön angelegten Radweg geht es ein kurzes Stück in Richtung Oberhausen.
Bis nach Duisburg fährt man dann die meiste Zeit auf nicht-asphaltierten, aber gut befestigten und somit gut befahrbaren Wegen. Der Nachteil an der extremen Trockenheit der letzten Tage ist, dass unsere Fahrräder und die Satteltaschen in einem Masse einstauben. Alles ist verschmutzt und vollgestaubt, auch von Blütenpollen. Die Fahrradketten fangen immer schnell an, zu knirschen und überhaupt wirkt alles unansehnlich an den Rädern. Auch ein ungewöhnliches Radler-Problem - wo doch sonst der Regen der größte Feind des Radfahrers ist.
So gelangen wir gegen Fünf in die Außenbezirke von Duisburg, dürfen dort noch die eine oder andere große Brücke überqueren. Schon Tags zuvor hatten wir uns im Hostel eine Unterkunft gesichert, und doch erweist es sich als extrem gute Idee, den RuhrtalRadweg noch bis zu seinem endgültigen Ende zu fahren, "unsere Ruhr" also noch bis zur Mündung in den Rhein zu begleiten.
Schneller, als gedacht erreichen wir Duisburg und landen sofort mitten im Hafengebiet - immerhin der größte Binnenhafen Europas. Neben uns hier keineswegs die Ruhr, sondern der Rhein-Herne-Kanal.
Das Ende des Radweges naht schnell: Da vorne ist der Rhein - und etwas schwermütig begleiten wir die Ruhr auf ihren letzten Metern. Schon zu sehen: Der Obelisk "Rheinorange" - toller Schlusspunkt der Tour.
Denn als wir um 17:40 Uhr unsere beiden vollgepackten Fahrräder an den riesigen, 25 Meter hohen, sieben Meter breiten und einem Meter dicken Stahlquader des "Rheinorange Duisburg" anlehnen, da sind wir beide von der Gewaltigkeit des Ortes angerührt. Auch, wenn das "Rheinorange" nicht für das Ende des RuhrtalRadwegs errichtet worden ist, sondern bereits seit 1992 als Kunstobjekt hier steht, so ist es doch ein spektakulärer Schlusspunkt der gesamten Strecke. Einfach großartig!
Aber, überhaupt, der RuhrtalRadweg: Auf der gesamten Länge, von dem ersten zarten Rinnsal bis zu diesem glanzvollen Endpunkt, haben die Ruhr nun begleitet. In den letzten Jahren hatte ich viel Gutes über diese Radstrecke gehört und hatte für unsere Tour entsprechend hohe Erwartungen - aber diese Erwartungen wurden in den vergangenen Tagen noch übertroffen! Eine großartige, fast immer perfekt ausgebaute Fahrradstrecke! Einen hohen Anteil an der tollen Tour hatte sicherlich das wunderschöne Wetter, das uns die Tage über begleitete - Glück gehabt.
Das letzte Zipfelchen Land zwischen Rhein (links) und Ruhr (rechts) - allerdings zu Fuß erobert.
Den RuhrtalRadweg - geschafft. Eigentlich ist er viel zu kurz - so schön, wie er ist! Ein toller Radweg, eine tolle Gegend!
Insgesamt ist der RuhrtalRadweg einfach eine großartige Strecke auf zumeist idyllischen und ruhigen Strecken. Für mich als bisher Ortsfremden ist es kaum zu glauben, dass man sich hier im "Ruhrgebiet" befindet...
Zwei Jahre zuvor war ich schon einmal einen Tag in Duisburg gewesen, von daher erforderte es gar nicht allzu große Navigationskünste, um unser über Ostern nahezu komplett leere Hostel im Stadtteil Dellviertel zu finden. Nach 74,5 km an diesem Tag bei einer Netto-Fahrzeit von 4 Stunden 44 Minuten (Durchschnitt 15,7 km/h) sind wir zufrieden. Insgesamt haben wir auf unserer Radtour an der Ruhr bisher 268 km geradelt (der RuhrtalRadweg selber hat eine Länge von 230 km, aber wir haben ja noch ein paar Extratouren gemacht).
Den Folgetag wollen wir damit verbringen, noch mal der "Route der Industriekultur" ein wenig zu folgen und einen Ausflug nach Oberhausen zu unternehmen - wohl per Bahn. Mein Liebste hat nach ihrem Rippenbruch den heutigen Tag zwar ganz gut überstanden, aber wir wollen es auch nicht überstrapazieren und uns etwas schonen.
Der exakte Tourenverlauf wird in der (zoombaren) Karte unten der blauen Linie angezeigt.
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