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Kurz hinter der dänischen Grenze, an der Flensburger Förde: Bei traumhaftem Herbstwetter lässt es sich nicht nur großartig Fahrrad fahren...
Es ist Dienstag, der 20. Oktober 2009, 10:00 Uhr.
Flensburg, Hafenspitze.
Temperatur: 2 Grad Celsius, Sonnenschein - knallblauer Himmel.
Der Eindruck vom Vorabend bestätigt sich am Morgen in Flensburg: Es war eine knackig kalte Nacht an der Förde! Das morgendliche Licht über der Stadt wirkt wie nach einer frostigen Winternacht - obwohl ganz so kalt war es dann doch nicht... Immerhin: Der Himmel ist knallblau, kein Wölkchen trübt das Strahlen. Da liegt die Entscheidung auf der Hand: Ja, auch diesen Tag werden wir für eine Radtour nutzen. Von Flensburg soll es nach Aabenraa gehen - und am gleichen Tag wieder zurück. Mit der eigentlichen Grenzroute hat diese Tour zwar nichts mehr zu tun, aber eine solche Fahrt bietet sich bei dermaßen schönem Herbstwetter einfach an! Auf 80 Kilometer schätzen wir die gesamte Streckenlänge. Für uns geübte Radler ist das ja kein größeres Problem.
Aabenraa gehörte bis 1921 zu Deutschland - zur Region Nordschleswig. Der Name der Stadt war damals Apenrade. Nach der Volksabstimmung in der Folge des Ersten Weltkrieges wurde Apenrade dann zu Dänemark zugehörig - und der Name wurde zu Aabenraa. Für mich ist diese kleine 16.000-Einwohner-Stadt jedoch etwas ganz besonderes: Meine Großmutter kam aus dieser Gegend, und ihre Schwester (also meine Großtante) lebte in Aabenraa. Die einzigen beiden Urlaubsreisen, die ich jemals mit meinen Eltern gemacht habe, gingen eben hierhin - nach Aabenraa: Zweimal zwei Wochen auf Verwandtenbesuch. Als acht- und neunjähriger, glaube ich. Nur einmal war ich noch, ganz kurz, wieder in Aabenraa gewesen, ca. 15 Jahre später. Ein lohnendes Ziel, zumal ich weiß, dass die Umgebung von Aabenraa sehr schön ist, mit sanften Hügeln, dem Aabenraa Fjord und nicht sehr eng besiedelt.
Bei dem heute in Flensburg herrschenden Wetter eine sehr einladende Strecke - und meine mich begleitende Liebste ließ sich gerne darauf ein, diese Tour in meine Ferien-Vergangenheit anzutreten...
Ein kalter Morgen an der Spitze der Flensburger Förde.
Ein wenig faul sind wir, machen uns erst gegen 10:00 Uhr so langsam auf den Weg. Die Spitze der Förde wirkt bei diesem Licht in dieser schönen Stadt geradezu magisch. Ein wenig mühsam gehen wir unsere heutige Radstrecke an, fahren an der Hafenspitze links vorbei, entlang der Museumswerft - und müssen es erstmal ein paar Kilometer lang aushalten, uns durch den dichten Straßenverkehr zu schlagen. Wie in jeder Stadt der Welt ist das natürlich ein nerviges Unterfangen - aber irgendwann stoßen wir auf einen Radweg, der uns den Weg fort von der Straße und hin nach Dänemark weist.
Blick über die Flensburger Förde nach Mürwik.
Idylle pur: Herbstverfärbung an der Flensburger Förde.
Zeitweilig radelt man dabei direkt an der Flensburger Förde entlang - und das ist in dieser Herbststimmung mit dem knallblauen Himmel und den von der Herbst-verfärbung leuchtend bunten Blättern an den Bäumen einfach phantastisch schön. Ein Natur-Erlebnis!
Schon nach gerade mal einer halben Stunde Fahrt und nur recht wenigen Kilometern geraten wir an einen solch schönen Platz direkt an der Förde - wir können gar nicht anders, als hier eine kleine Pause zu machen! Ein Gästehaus direkt an einem kleinen Strand - das wäre doch mal ein schöner Ort für einen Urlaub! Also fragen wir erstmal nach einem Hausprospekt. Und die Zeit verrinnt, ohne dass wir es wirklich merken...
Ein hübsches Dorf, direkt an der Grenze: Kupfermühle. Man fährt hier wieder auf der dänisch-deutschen Grenzroute - und das direkt durch ein Industriemuseum. Nämlich: Eine... Kupfermühle aus dem Jahre 1612.
Wir machen zwar einen Ausflug nach Aabenraa, aber fahren dabei erstmal wieder ein Stück auf der Grenzroute - und dürfen also mal wieder über die Grenze, wie wir es die letzten Tage zuvor schon ständig gemacht haben. Hier geht's nach Kruså.
Für die Fahrt gen Dänemark wollte ich gerne durch den Harrisleer Ortsteil Kupfermühle radeln und die alte Kupfermühle nebst der zugehörigen Wohnsiedlung in Augenschein nehmen - dieses Industriemuseum wird als eine touristische Attraktion der Gegend gepriesen. Fast unbemerkt sind wir hierfür wieder auf unsere Grenzroute geraten, die wir die letzten drei Tage abgefahren sind. Und direkt nach dem Ort geht es kaum merkbar wieder über einen winzigen Grenzübergang nach Dänemark. Nach einem Stück über hoppelige Feldwege landen wir an der großen Grenzstation Kupfermühle / Kruså, direkt an der breiten, autobahnähnlichen Bundes-/Nationalstraße. Diese führt zwar auf direktem Weg nach Aabenraa - aber an dieser lärmigen Monsterstraße entlang zu fahren, das wollen wir uns wirklich nicht antun!
Auch huschen mir hier plötzlich und unvermutet alte, eigentlich fast schon vergessene Bilder von dieser Grenzstation Kupfermühle durch meinen Kopf. Hatten doch bei den Reisen in den 60er Jahren meine Eltern mir kleinen, unschuldigen Jungen immer wieder vehement und nachdrücklich eingeschärft, doch ja keinen Fehler zu machen, nicht frech zu sein oder sonst was, wenn hier die strenge Grenzkontrolle ist! Diese Grenzkontrolleure seien ganz, ganz strenge Menschen und wenn sie mich nicht mögen, dann dürfe ich nicht nach Dänemark mit hinein! Dann müsste ich wohl oder übel alleine hier bleiben und zehn oder vierzehn Tage darauf warten, dass meine Familie aus dem Urlaub wiederkäme... Du meine Güte, hatte ich damals eine unvorstellbare Angst vor dieser Grenze! Bei der zweiten Reise damals wurde ich vor Angst mit einer Mittelohrentzündung richtig krank... Immerhin: Tatsächlich wurde damals von den dänischen Grenzorganen noch recht pingelig kontrolliert - aber ich erinnere dunkel auch eine Freundlichkeit der Herren.
Dänisch-deutscher Grenzstein bei Kupfermühle. Doch Obacht: "D" steht auf diesen historischen Grenzsteinen für Dänemark. Wir stehen also auf dänischem Grund, nur die kleine blaue Ecke auf der Stein gehört also zu Deutschland...
Glücklicher- weise ist diese Angst mittlerweile völlig verflogen, und überhaupt sind die beiden Staaten sich in den vielen Jahren ja auch erheblich näher gekommen. Und glücklicherweise gibt es eine Touristeninfor-mation an der Grenzstation. Die nette Beraterin schaut etwas irritiert auf unsere Frage, ob es einen anderen, netteren Radweg nach Aabenraa gibt, als diesen direkt an der großen, lauten Straße entlang. Wie es in Dänemark ja allgemein üblich ist, duzt die Dame mittleren Alters uns ganz selbstverständlich (was mir zugegebenermaßen im ersten Moment schon irgendwie komisch vorkommt), aber ich merke sofort: so richtig kennt sie sich nicht aus... Sie rät uns, zunächst zurück an die Förde zu fahren, und dann dort mehr oder weniger am Wasser entlang zu fahren.
Okay, wir starten zunächst mal in die empfohlene Richtung. Allerdings keine allzu gute Entscheidung, wie sich zeigt. Zunächst einmal müssen wir dafür zurück in Richtung Kupfermühle, aber zwei Meter vor deutschem Boden nach links abbiegen, auf einen anderen schön gelegenen Feldweg.
Hügelige und ebenso schöne wie hoppelige Waldwege bestimmen unseren Weg in Richtung Kollund...
Kurzer Stopp wieder an der Flensburger Förde - und Blick nach Deutschland.
Dieser wandelt sich mehr und mehr in einen mit zahlreichen, großen Steinen versehenen, hoppeligen Waldweg. Auf den nächsten Kilometern gibt es immer wieder steile Steigungen, bergauf und bergab - und alles sehr hoppelig. Trotz des schönen Kollunder Waldes: Extrem nervig! Und zuweilen auch durchaus gefährlich. Gute Konzentration ist gefragt - und eine gute Beherrschung des Fahrrades! Wir sind heilfroh, als wir dieses ätzende Stück hinter uns lassen - und letztlich wieder an der Flensburger Förde landen. Vielleicht gerade mal 200 Meter entfernt von der Stelle, an der wir in Richtung Kupfermühle abgebogen waren. Nur eben in einem anderen Staat.
Herbst im Kollund Skov, dem "Kollunder Wald". Was wie Idylle aussieht, ist zum Radfahren ohne Mountainbike nicht gut geeignet.
Auf dem ausgeschilderten Radweg im Kollund Skov geht es zuweilen hügelig und uneben zur Sache. Dieses Schild "Pas på!" - Achtung! - spricht ja für sich. Und ist auch notwendig!
Es ist zwar schon zwanzig nach elf - aber nach diesem blöden Stück Weg müssen wir nun erstmal entnervt eine Pause machen... 35 Kilometer sind es allemal noch bis nach Aabenraa, die Zeit plätschert so dahin, es ist so wunderschön an der Förde und unsere Nerven müssen nach dieser anstrengenden und gefährlichen Strecke auch wieder etwas beruhigt werden. Immerhin beschließen wir, dass wir heute nur noch auf Straßen fahren, sobald wir diesen jetzigen, relativ guten Feldweg verlassen haben.
Die Küstenstraße an der Flensburger Förde (auf dänisch der "Flensborg Fjord") hinter Kollund ist dann perfekt zum Radfahren: völlig eben, perfekter Belag und ein schön breiter, abgetrennter Streifen für Radfahrer.
Und doch: Langsam begreifen wir, dass es Zeit wird, mal "ein paar Kilometer zu machen" - sonst wird das heute nix mit Aabenraa! Auf der Küstenstraße geht es dann also auf einem geradezu luxuriösen Radweg weiter, allzu viel lärmenden Autoverkehr gibt es auch nicht - da wird das Radeln wieder ein Genuss! Wir passieren ziemlich zügig Kollund - und an einer besonders schönen Stelle an der Förde müssen wir mal wieder was trinken. Ach, diese Pausen sind trotz der frischen Temperaturen heute eine Freude und gehören zu Radtouren ja auch einfach dazu! Eigentlich sind sie sogar das Schönste an den Radtouren - bringen ohne Radfahren aber auch keinen rechten Spaß...!
Ein Blick auf unsere Karte zeigt jedoch: wenn wir weiter an der Förde entlang radeln, dann werden wir gewaltige Umwege fahren - aufgrund der weiter fortschreitenden Zeit wäre das kompletter Unfug, zumal wir ja heute auch noch zurück wollen... Also suchen wir uns eine Abkürzung, müssen in Søderhav die tolle Küstenstraße verlassen und etwas überland fahren.
Schade, dass der schöne Küstenweg in die falsche Richtung führte - wir biegen ab ins Binnenland. Aber auch dort lässt es sich toll Radfahren, auf abgelegenen, schwach befahrenen Straßen. Die leicht geschwungene Landschaft ist hier aber auch schön!
Wir verabschieden uns um kurz nach zwölf schweren Herzens von der Flensburger Förde, fahren landeinwärts. Obwohl: schnell merken wir, dass die Landschaft durch die wir dann fahren, auch toll ist, und auf kleinen, einsamen Nebenstraßen lässt es sich wunderbar und ungestört radeln. Zumal uns ein richtig kräftiger Rückenwind antreibt.
Insgeheim macht dieser mir zugleich allerdings auch Sorgen: Schließlich wollen wir ja die Strecke in der gleichen Richtung noch zurück fahren, und wenn man jetzt solch komfortablen Rückenwind genießt, dann... ja... Ach, es hilft ja nichts, am besten gar nicht darüber nachdenken.
Im Zickzack geht es hin und her durch die Landschaft, pausenlos kleine, seichte Hügel rauf und runter. Die reine Radfahrer-Wonne!
Um halb eins eine kurze Rast zum trinken - und der Beschluss: Diese Nebenstraßen sind ja toll - gut und schön! Aber wenn wir wirklich nach Aabenraa wollen und auch wirklich wieder zurück, dann, verdammt noch mal!, dann müssen wir jetzt mal richtig "reintreten" in die Pedalen. Also am besten doch hin zu der Fernstraße 170, die ja wohl einen begleitenden Radweg haben wird - und dann so schnell wie möglich ab nach Aabenraa. Keine verträumten Wege mehr! Immerhin ist es Herbst und kurz nach sechs wird es schon dunkel! Und dann wollen wir ja nicht mehr Fahrrad fahren...
Um ein Uhr hat die Fernstraße 170, der wir in Kupfermühle ja schon mal kurz begegnet sind, uns dann tatsächlich wieder. Wir fangen also an, richtig "Kilometer zu machen", lassen das historische Søgård-Schloss und -Kaserne unbeachtet links liegen und fahren zügig gen Aabenraa. Der Lärmpegel an dieser fetten Straße ist nicht zu unterschätzen, aber nun geht es für uns immerhin flott voran.
Um 13:30 Uhr kündigt sich das Ziel unserer Tour durch einen markanten, hohen Schornstein an: Aabenraa.
Um halb zwei registriere ich vor uns in der Ferne einen gewaltigen Schornstein - und in der gleichen Sekunde fällt mir wieder ein, dass ich als Kind schon den großen Schornstein am südlichen Stadtrand von Aabenraa bewundert hatte - und ebenso die gewaltigen Kohlehalden daneben. Beides waren Dinge, die ich bis dahin in der Form nicht gekannt hatte. Jetzt wirkt dieser Schornstein in gewisser Weise wie ein Magnet: das Ziel ist immerhin schon in Sichtweite!
Große Kraftwerke und Kohlehalden an der Apenrader Förde empfangen einen, wenn man von Süden nach Aabenraa kommt.
Keine zehn Minuten später sind wir, nach zum Teil rasender Abfahrt, auf Höhe des Kraftwerkes (es ist mittlerweile ein top-moderni- siertes) und blicken kurz danach auf die weite Bucht des Aabenraa Fjord, an dem die Stadt Aabenraa in schöner Umgebung gelegen ist. Die Bucht sieht ganz so aus, wie ich sie aus Kindertagen erinnere - die Stadt hat sich aber erheblich ausgedehnt, wie ich schnell merke. Es ist natürlich beliebt, ein Häuschen am Meer zu bauen...
Eigentlich habe ich hier in Aabenraa nur zwei ganz konkrete Ziele, die ich anschauen will: Das frühere Wohnhaus meiner Großtante am Vestvejen - und den "Wächterplatz" (Vægterpladsen). Ein kleiner Platz mit einem schönen Ensemble an alten Häusern drum herum und einer steinernen Wächter-Figur, die meine Eltern früher immer und immer wieder "meinen Freund" genannt hatten. Obwohl: Schon damals hatte ich selber ein komplett anderes Bild von "Freunden" und ärgerte mich über diese dumme Einordnung - aber doch ist es jetzt höchste Zeit, mal nach dem Rechten zu schauen und ihm einen kurzen Besuch abzustatten...
Die Fußgängerzone von Apenrade.
Liebe zum Detail - im Café Butler in Aabenraa.
Zuvor jedoch landen wir in der Innenstadt von Aabenraa, in der kleinen, schnuckeligen Fußgängerzone (Gågade) - es ist immerhin schon fast zwei Uhr und wir haben ja noch einen langen Weg vor uns: zurück nach Flensburg. Trotzdem muss es zur Feier des Tages erstmal in einem kleinen netten Café Kaffee und Kuchen geben - ein paar dänische Kronen verloren sich noch in meiner Tasche, die hauen wir hier jetzt auf den Kopf! Dass man von Kaffee und Kuchen in Dänemark eine Menge versteht bestätigt sich sofort: Der Kaffee im "Café Butler" ist perfekt - der Kuchen sogar noch besser (und schöner, siehe Bild)!
Ein entzückendes Fleckchen: der Vægterpladsen (der "Wächterplatz") in Aabenraa. Auch, wenn an diesem Ort jegliches Grün fehlt, fällt mir hierzu nur der Begriff "kuschelig" ein. Den steinernen Wächter kann man links am Platz erkennen...
Dann wird es aber auch schon Zeit für den "Vægterpladsen" und meinen "Freund", den steinernen Nachtwächter. Und tatsächlich: es gibt ihn noch! Aber - was ist bloß passiert?? Er ist so klein geworden! War er nicht eigentlich sooo riesig, dass ich nicht einmal zu ihm hinauf klettern konnte? Jetzt plötzlich kann ich ihm auf den Kopf gucken, wenn ich mich nur mal gerade hinstelle... Ist er geschrumpft? Und obendrein: Er ist so distanziert! Während ich mich freue, ihn zu sehen und freundlich meinen Arm um ihn lege, zeigt er keinerlei Regung und bewahrt steinern seine Fassung. Vielleicht ist "mein Freund" ja beleidigt, dass ich ihn so lange nicht besucht habe? Nun gut, dann soll er halt weiter schmollen. Vielleicht fand ja auch er die Rolle des aufgedrängten "Freundes" doof?
Liebe zum Detail - auch an den Gebäuden: Eine schöne Eingangstür in Aabenraa.
Aber auch die Straßen um ihn herum sind wunderschön, wie ich jetzt feststelle. Die "Altstadt" von Aabenraa - entzückende kleine Häuser, mit Liebe zum Detail gepflegt - besonders einige Haustüren sind fantastisch schön! Ein wirklich sehenswertes kleines Viertel in dieser kleinen Stadt.
Der Weg zu meiner früheren Ferienunterkunft im Vestvej ist nicht weit, wie ja irgendwie alles in dieser Stadt nicht besonders weit ist. Früher jedoch war Aabenraa irgendwie größer - viel, viel größer!! Fast schon eine Großstadt, nach meinem damaligen Empfinden.
Zu meiner enormen Verblüffung finde ich, immerhin nach einer Pause von gut 40 Jahren, den Weg zu der früheren Wohnung meiner Großtante ohne Probleme und ohne einen Blick auf erine Karte wieder. Allzuviel hat sich nicht verändert in und an dem Haus. Allein der massive Holzzaun des Nachbarhauses ist offenbar gestutzt worden. War es doch früher ein für mich unlösbares Mysterium, was hinter diesem Zaun verborgen war, so ist er jetzt auf angenehme Höhe verkleinert und gewährt Einblick in den Hof beim Nachbarn. Endlich, nach 40 Jahren, konnte ich dank des geschrumpften Sichtschutzes meine Neugierde stillen - wenn das Ergebnis auch völlig unspektakulär ausfiel.
Von großer Pracht keine Spur am Brundlund Slot (dem "Brundlund Schloss"). Ab dem 15. Jahrhundert errichtet findet sich hier heute das Kunstmuseum der Stadt Aabenraa.
Schon als Kind hat mich die Alte Schlossmühle am Brundlund Schloss mit dem laufenden Wasserrad fasziniert...
Ach ja, so können sich Dinge auch nach vielen Jahren noch klären... Auch am heutigen Tag flutscht die Zeit allerdings so dahin, schon ist es halb vier Uhr. Zeit gerade noch für eine kurze Stippvisite an dem kleinen und äußerlich eher bescheidenen Brundlund Slot sowie an der daneben liegenden Wassermühle - und schon wird es auch wieder Zeit, aufs Rad zu steigen und den Rückweg anzutreten.
Zeit für die Rückfahrt nach Flensburg: Um 16 Uhr haben wir im Oktober nur noch zwei Stunden Helligkeit zu erwarten - und noch 40 Kilometer Weg vor uns. Also wählen wir zunächst den direkten Weg entlang der Fernstraße 170.
Fast schon vergessen hatten wir den kräftigen Rückenwind von der Hinfahrt - dieser bringt sich nun wieder in Erinnerung. Allerdings glücklicherweise nicht so vehement, wie befürchtet. Wir radeln die Fernstraße 170 entlang, begleitet von ständigem Autogedröhn. Aber wir sind trotzdem guten Mutes - der pralle Sonnenschein tut einfach gut und konditionelle Probleme sind bei uns weit und breit nicht in Sicht, weder bei meiner Liebsten, noch bei mir!
Irgendwann wird es uns aber doch einfach zu viel mit dem Autolärm - und wir entscheiden uns für eine Nebenstrecke durch irgendwelche Dörfer, die wir aus der Karte rausgesucht haben. Eine ziemliche Fehlentscheidung! Zumindest auf dem ersten Stück: Die ersten vier Kilometer bis nach Kliplev sind mörderisch stark befahren und leider ohne Radweg! Pausenlos donnern vor allem LKW ganz schön knapp an uns vorbei - plötzlich ist nicht mehr viel zu spüren von der freundlichen Fahrweise der dänischen Autofahrer. Ab dem Ort Kliplev finden wir, fast schon entnervt, endlich eine ruhigere Nebenstrecke, die uns wieder nach Süden bringt - auch, wenn wir nicht den Ochsenweg finden, der eigentlich hier als Rad- und Pilgerroute entlang führt.
Straße durch die Bommerlund Plantage, nördlich von Padborg in Dänemark.
Etwas schwerfällig radeln wir gegen den Wind, um Viertel nach fünf ist bei inzwischen schon abendlichem Licht noch mal eine kurze Pause am Rande des Waldstückes "Bommerlund Plantage" angesagt - aber schon bald danach sind wir kurz vor Padborg. Wohl nie zuvor habe ich in meinem Leben eine solche Ansammlung an Logistik-Zentren und LKW gesehen. Irgendwie wirkt das auf mich wie der Hamburger Hafen, nur eben auf Straßen und Rädern. Durchaus beeindruckend - aber man kann sich anhand der enormen LKW-Massen auch leicht vorstellen, wie "schön" in dieser Umgebung das Radeln ist... Immerhin wird man auf getrennten Radwegen hier entlang geführt.
Diese dynamische Skulptur begrüßt einen, wenn man von Norden nach Padborg hinein fährt.
Padborg scheint vor allem, wenn nicht gar komplett, aus riesigen Logistik-Unternehmen zu bestehen. Im Sonnenuntergang wirken aber auch die eher trostlosen, zum Teil futuristisch anmutenden Gewerbegebiete schön.
Bald jedoch verlassen wir schon die breiten, ausladenden Straßen mit dem getrennten Radweg, um wieder Nebenstraßen zu fahren. Die Ruhe in der Ortschaft Bov und auch im Ortsgebiet von Padborg genießen wir umso intensiver nach solch lauten Strecken! Im Ort Padborg landen wir ganz unversehens wieder auf unser guten alten Grenzroute - der wir dann ja gemütlich bis fast vor unser Hotel folgen können. Das Licht reicht schon nicht mehr zum verwackelfreien fotografieren...
Die schöne Kirche von Bov ist schon fast der letzte Gruß von Dänemark an uns auf unser diesjährigen Radtour. Kurz danach erreichen wir wieder mal einen Grenzübergang...
Und dann ist es nur noch ein kurzes Stück, um wieder nach Deutschland zu kommen. Um sechs Minuten nach sechs, im schönsten Abendrot, nehmen wir etwas schwermütig Abschied vom freundlichen Dänemark und nehmen den auf dieser Tour letzten kleinen Grenzdurchgang nach Deutschland. Ein letztes Mal noch das dänische Rad-Hinweisschild "Grænseruten" sehen (und fotografieren) - und schon sind wir auf der anderen Seite der Grenze, in Deutschland, in Harrislee. Ja, genau das Harrislee, in dem wir tags zuvor so hoffnungslos einen geeigneten Radwegs suchend durch die Gegend fuhren.
Der letzte, kleine Fußgänger-Grenzübergang unser dänisch-deutschen Radtour, bei Harrislee.
Das soll uns heute aber nicht passieren - denken wir uns... Aber das hatten wir uns nur so gedacht! Obwohl wir ständig hochaufmerksam auf Hinweisschilder achten und auch ein Gefühl dafür haben, wie die Route inetwa weiter verlaufen muss: Wir finden die Grenzroute Richtung Flensburg hier in Harrislee ums Verrecken nicht!! Genau, wie am Tag zuvor! Verdammt! Wieder landen wir, aller Aufmerksamkeit zum Trotz, an diesem komischen, leblosen (Markt?)Platz. Wieder wissen wir nicht, wohin wir müssen. Harrislee macht nun erst recht den Eindruck, dass man Radler zwar in die Ortsmitte leitet - aber dann nach Möglichkeit niiiieee wieder aus dem Dorf herauslassen will...
Das Abendrot weicht um halb sieben Uhr schon der hereinbrechenden Nacht, als wir wie Tags zuvor die Suche nach der richtigen Radstrecke wieder aufgeben, uns an die fette (Bundes-)Straße begeben, zunächst den Radweg auf der linken Seite nehmen um dann auf dem steilen abschüssigen Weg zwischen heftigem Feierabend-Autoverkehr ins Stadtzentrum von Flensburg herabschießen.
Insgesamt jedoch überwiegt unsere Begeisterung über die zumeist wunderbare Strecke, die 82,3 Kilometer haben wir, trotz des zeitweiligen, spürbaren Gegenwindes, mit einer Gesamtfahrzeit von 5 Stunden, 48 Minuten locker bewältigt (Durchschnitt: gemütliche 14,2 km/h) - wir sind jetzt insgesamt gut in Schwung! Eigentlich könnten wir noch prima weiter fahren - aber leider haben wir dazu in diesem Jahr keine Zeit mehr...
Und hier mal wieder ein Bild von mir. Der Autor dieser Zeilen mit dem "Freund" seiner Kindertage: Dem Wächter auf dem Wächterplatz in Aabenraa. 40 Jahre zuvor war der Wächter aber noch viiiiel, viel größer!
Und so endet unsere Radtour in diesem Jahr schon nach vier Tagen Radeln. Die Grenzroute ist eine nette Strecke zum Radeln, nicht anspruchsvoll und bequem in ein paar Tagen zu fahren - auch für Anfänger leicht und locker zu schaffen. Besonders spektakuläre Landschaften sollte man, außer an den Küsten, nicht erwarten, aber die freundliche, oft ruhige Umgebung sollte man genießen. Den besonderen Charme dieser Tour machen ohne Zweifel die vielen deutsch/dänischen Grenzübertritte sowie die damit verbundenen zahlreichen kleinen und liebevoll recherchierten und präsentierten Anekdoten der offiziellen Infotafeln aus. Eine lohnende Radstrecke!
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