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im Internet:
Ein Berg, wie gemalt: Der "Pico Castelo" auf der portugiesischen Insel Porto Santo, 435 m hoch. Das zieht einen doch nach oben, da muss man doch rauf!
Oder?
Es geht früh los, wenn man mit der Fähre von Funchal auf Madeira übersetzen möchte nach Porto Santo! Nicht so richtig urlaubsfrüh, finde ich: Um acht Uhr morgens legt die Fähre im Hafen von Funchal ab. Die einzige Fähre des Tages für diese Strecke, jetzt, im Dezember, jedenfalls. Ob es zu anderen Jahreszeiten häufigere Abfahrten gibt, ist mir nicht bekannt. Also heißt es: Um acht auf der Fähre sein! Ein wenig Pufferzeit einplanen sollte ich schon, der Fußweg vom Hotel zu der Fähre wird etwa eine halbe Stunde dauern - aber immerhin schafft es mein Hotel, mir vor der "offiziellen" Frühstückszeit ein Frühstück aufs Zimmer zu bringen. Prima!
Um 7:20 Uhr ist es im Dezember auf Madeira noch dunkle Nacht. Die Fähre "Lobo Marinho" empfängt im Hafen von Funchal allerdings schon die Fahrgäste zur Insel Porto Santo.
Zugegeben: Oft findet man in meinen Reiseberichten keine Fotos von der Morgendämmerung... Dafür dann eher Nachtfotos: Ich bin halt eine "Eule", ein Nachtmensch. Umso mehr freue ich mich, wenn ich mal die Dämmerung am Morgen mitbekomme, wie hier beim Blick von der Fähre noch im Hafen von Funchal.
Insgesamt drei Wochen bin ich im November/ Dezember 2016 auf Madeira - da liegt es ziemlich nahe, auch mal einen Ausflug auf die Nachbarinsel Porto Santo zu machen. Im Gegensatz zu Madeira soll diese Insel nicht so schroff und bergig sein, dadurch bleiben weniger Wolken hängen - es gibt wenig Regen und man wird noch mehr von der Sonne verwöhnt, als auf Madeira. Heißt es. Und: Im Gegensatz zu Madeira gibt es dort einen richtig langen, schönen, goldenen Sandstrand. Eine Insel - perfekt für einen Badeurlaub. Ganz im Gegensatz zu Madeira. Als ich nach einiger Zeit auf Madeira nicht nur mitbekomme, dass eine Fährfahrt nach Porto Santo vor Ort gebucht sehr günstig ist, und zudem eine Übernachtung in einem Partnerhotel der Fährlinie gerade mal ein paar Euro mehr kostet, als eine reine Hin- und Rückfahrt. Da buche ich doch gleich eine Übernachtung auf Porto Santo mit dazu, mitten im Hauptort Vila Baleira. Rund zwei Tage Porto Santo stehen mir also bevor. Man kann das Ganze allerdings auch problemlos als Tagestour machen: Gegen 10:30 Uhr kommt man auf Porto Santo an, um 18 Uhr startet die Fähre zurück nach Funchal. Wenn man während eines Aufenthalts auf Madeira mal Lust auf einen schönen Strandtag hat, dann ist eine solche Tagestour nach Porto Santo eine prima Möglichkeit.
Ruckzuck bin ich auf der Fähre eingecheckt und um 7:35 Uhr an Bord. Keine lange Wartezeit - meine eingeplante "Pufferzeit" für Warteschlangen oder was auch immer war unnötig, aber man kann es ja nicht wirklich wissen. Die insgesamt 2,5 Stunden dauernde Fahrt auf der heute nur schwach ausgelasteten Fähre selber ist dann, wie ich finde, keinesfalls langweilig. Zunächst hat man noch lange Zeit die Insel Madeira im Blick - mit all seinen Facetten: Zunächst der charmanten Hauptstadt Funchal, dann die immer wieder abwechslungsreichen, schroffen Küstenformationen, und abschließend die wilde Vulkanlandschaft um São Lourenço. Schade dabei: Der Tag, der auf Madeira beim Ablegen der Fähre gerade erst beginnt, hell zu werden, ist sehr trübe. Grauer Himmel, finstere Wolken. Kein schönes Licht beim Blick auf Madeira.
Da vorne, mittendrin in dem Häusermeer von Funchal, fängt in meinem Hotel gerade erst das Frühstück so richtig an. Die Lage der Stadt ist sensationell und von einem Schiff aus wunderschön zu betrachten- auch bei finsteren Wolken.
Der äußerste westliche Zipfel der Insel Madeira wird von der wilden Vulkanlandschaft São Lourenço gebildet. Auch bei der Passage mit der Fähre beeindruckend!
Es dauert fast eine ganze Stunde, bis wir Madeira passiert haben. Und noch weitere 40 Minuten, bis wir die Insel im Morgendunst ganz aus dem Blick verlieren. Der morgendliche Dunst sorgt auch dafür, dass man von den unbewohnten Nachbarinseln "Ilhas Desertas" (ich sehe diese tagsüber häufig schemenhaft in der Ferne vom Ufer von Madeira aus) auch nur einen flauen Blick erhaschen kann.
Die "Ilhas Desertas", die "verlassenen Inseln", gehören auch zum Madeira-Archipel. Leider erlaubt das trübe Licht dieses Tages es nicht, sie ein wenig genauer aus der Nähe zu betrachten.
Nahezu alle Reisenden auf der Fähre "Lobo Marinho" lassen sich den Blick zurück nach Madeira nicht entgehen.
Direkt abgelöst wird den Blick auf Madeira dann aber schon von dem Blick auf mein Ziel der Fahrt: Die Insel Porto Santo. Auch sie, leider: Wolkenverhangen.
Und die Insel Porto Santo empfängt einen ähnlich, wie man Madeira verlassen hat: Mit recht schroffen, der Insel vorgelagerten, vulkanischen Felsformationen, die unbewohnte Nebeninsel "Ilhéu de Baixo ou da Cal" wird als erste passiert. Das Zusammenspiel von vulkanischem Gestein und Meeresbrandung hat auch hier einige beeindruckende Formationen erzeugt.
Insel in Sicht: Auf der Anfahrt auf Porto Santo - leider ist auch diese Insel nahezu komplett wolkenverhangen.
So, wie Madeira auf dem Weg verlassen wurde, empfängt einen Porto Santo wieder: Mit wilden, schroffen Felsformationen vulkanischen Ursprungs.
Und ein Berg schlägt mich gleich bei der gemächlichen Anfahrt auf Porto Santo sofort in den Bann. Zwar ist er gerade öfters von Wolken umgeben - aber manchmal gibt er doch sein ganzes Bild preis. Besonders hoch ist er nicht, aber: Ein Vulkankegel, wie aus dem Bilderbuch! Faszinierend!
Sofort geht mir durch den Kopf: Ob es wohl einen Weg dort hinauf gibt? Ich habe keine Ahnung - aber es juckt mich einfach in den Beinen. Unter dem Gipfel sieht der ca. 400 m hohe Berg (viel mehr ist es wohl nicht) allerdings reichlich steil aus. Und ich habe hier auf die Insel zwar leichte Trekking-Schuhe, aber keine Wanderstiefel mitgenommen. Ob man da in dem steilen Stück womöglich klettern müsste? Na - mal sehen, was geht...
Insel in Sicht: Auf der Anfahrt auf Porto Santo - leider ist auch diese Insel komplett wolkenverhangen.
Im Hafen von Porto Santo - die Fähre an ihrem üblichen Platz.
Aber erstmal gilt es, vom Fähranleger in den Hauptort der Insel, Vila Baleira, zu gelangen. Der Hafen ist ein ganzes Stück außerhalb der immerhin 4.200-Einwohner-Stadt (das sind immerhin vier Fünftel der gesamten Einwohnerschaft der Insel). Vom Fähranleger zum Ort gehe ich einfach mal am besten zu Fuß. Um in mein Hotelzimmer einzuchecken, ist es eh viel zu früh. Und so kann ich schon ein paar Eindrücke sammeln.
Einer der ersten, direkt neben dem Hafen: Eine große Reaktoranlage, in der Seegras zu Biodiesel verarbeitet wird, wie ich später lese. Wer hätte das gedacht: Ein supermodernes Hightech-System gleich zur Begrüßung auf einer Insel irgendwo im Nirgendwo!
Ein Eindruck wurmt mich allerdings schon: Hat es nicht geheißen, dass es hier große Sicherheit für Sonnenschein gibt? Derzeit ist es hier sehr trübe und grau. Wie schade!
"Heiliger Hafen" bedeutet der Name der Insel, wörtlich auf deutsch übersetzt. Die Entfernung zu der weitaus größeren Insel Madeira beträgt 42 km. In seiner leicht gekrümmten Form hat Porto Santo eine Länge von 11 Kilometern, die maximale Breite beträgt 6 km. Mit ihren insgesamt 42 km² Größe ist Porto Santo etwa so groß, wie zum Beispiel die deutsche Stadt Offenbach am Main.
Aktuell leben rund 5.500 Einwohner auf der Insel, davon rund 4.200 in der Stadt Vila Baleira. Ein paar umliegende, vorgelagerte Inseln sind unbewohnt. Fischerei und Tourismus sind die Haupt-Wirtschaftszweige von Porto Santo. An letzterer beteilige ich mich ja auch gerade - ein klein wenig.
Stolz ist man darauf, dass Christoph Kolumbus einige Jahre auf der Insel gelebt hat - Grund genug, ihm in Vila Baleira ein Museum zu widmen.
Aber ich gehe ja gerade gemütlich in Richtung Stadt Vila Baleira. Was mir allerdings auch umgehend auffällt: Hier auf Porto Santo geht es insgesamt ruhig zu - sehr ruhig und gemütlich. Auch, als ich nach einer trödeligen Stunde in Vila Baleira bin, ändert sich daran nichts. Es gibt ein wenig Autoverkehr. Aber alles wirkt doch eher dörflich. Naja, auch, wenn das hier der Hauptort der Insel ist, 1996 in den Status einer Stadt erhoben, so ist es eben tatsächlich doch eher ein Dorf. Pulsierendes Leben? Fehlanzeige!
Im Stadtzentrum von Vila Baleira geht es ruhig zu.
An der offenbar vor allem zum Angeln genutzten Seebrücke wird von zwei jungen Arbeitern fleißig an der Beleuchtung von zwei Weihnachtspyramiden gearbeitet. In Funchal ist die Weihnachtsbeleuchtung seit dem 1. Dezember sehr eindrucksvoll in Betrieb - hier werkelt man an diesem 7. Dezember am Aufbau. Es fällt mir also auch hier wieder auf, mit welcher Hingabe man sich um Weihnachtsdekoration kümmert. Trotzdem passt der Weihnachtsmann mit seinem Rentier und den (Plastik-)Schneemännern unter den umstehenden Palmen nicht so recht in mein Bild von Weihnachten... Immerhin: Die Temperaturen sind hier sehr angenehm.
Vorbereitung auf Weihnachten und die Stadtbeleuchtung in Vila Baleira: Zumindest den gesamten Nachmittag wird fleißig an den Weihnachtspyramiden gearbeitet.
Irgendwie passt es für mich nicht so richtig zusammen: Rentiere unter Palmen - ein Weihnachtsdorf auf einem Platz im Zentrum von Vila Baleira.
Um 12:05 Uhr passiert dann sehr plötzlich und unvermutet das, wofür Porto Santo so bekannt ist: Die Sonne scheint. Die Bewölkung verzieht sich fast schlagartig, die Sonne kommt durch - es ist wunderbares Wetter. Die Wolken verschwinden nicht vollständig, an den Bergen hängen sie noch eine Weile, auch bleiben ein paar hohe Schleierwolken und es gibt ein paar Quellwolken hier und da. Aber es ist wundervolles, sommerliches Wetter. Im Dezember ein Geschenk für einen Norddeutschen.
Aber: Wer weiß schon, was kommt? Also nutze ich den wundervollen Tag heute für den Strand. Recke aber währenddessen immer wieder mal den Hals zu dem "Pico Castelo", wie der 435 m hohe Vulkankegel heißt - habe ich inzwischen gelernt.
Der Strand misst insgesamt 9 km Länge, ein komplett feinsandiger, goldfarbener Strand. Die Breite liegt im allgemeinen um die 50 Meter. Hier und da gibt es einige Felsen im Sand. Aber das macht ihn eher interessanter. Wenn man ihn entlang geht, dann ist auch das schon eine richtige Wanderung.
(Fast) unendliche Weiten, die man (fast) für sich allein hat: Der Strand von Porto Santo im Dezember.
Dieser "Strand-wanderung" widme ich also den ersten Nachmittag meines Aufenthalts auf Porto Santo. Es ist ein Strandtag wie aus dem Bilderbuch. Im Dezember, in Europa. Fast unvorstellbar: In mehreren Stunden, die ich hier entlang laufe und immer wieder auch mal verweile, begegnen mir vielleicht drei, vielleicht vier Dutzend Menschen. Es ist einfach ein wunderschönes und friedliches Fleckchen Erde! Wer einen ruhigen Strand sucht - hier ist er richtig. Zumindest in dieser Jahreszeit. Wer allerdings Party und Remmidemmi sucht, wird hier auf der Insel Schwierigkeiten haben, dies zu finden. Mir ist das nur recht! Wer will, hat hier jetzt sein 100 - 300 Meter langes Strandstück ganz für sich allen, gar kein Problem.
Je weiter man nach Südwesten der Insel kommt, umso mehr große Hotelanlagen sind im Hinterland zu sehen, abgelegen von jeder Ortschaft. Große Auswirkungen auf die Zahl der Menschen am Strand hat das kaum. Bei einigen dieser Anlagen habe ich den Eindruck, dass sie gar nicht in Betrieb sind. Es ist eben Nebensaison.
Blick zurück am Strand in Richtung Vila Baleira. Dass am Nachmittag wieder Wolken um die Berge aufziehen, stört mich heute gar nicht weiter.
Ab etwa 15:30 Uhr senken sich langsam wieder dichtere Wolken auf die Berge und die Insel hinab. Macht nichts: Mein Pensum an Faulheit am Strand habe ich bereits hinter mir und mittlerweile bin ich wieder der Strandwanderer. An dem vulkanisch geprägten südwestlichen Ende der Insel bin ich sehr fasziniert von der schroffen Umgebung, die sich an den Sandstrand anschließt - die Kamera läuft heiß. Am Horizont kann man im Dunst die Gipfel der Berge von Madeira über den Wolken sehen. Auch, wenn Madeira heute nur schemenhaft zu sehen ist - ein grandioser Blick, sehr faszinierend!
Beim Blick vom südwestlichen Ende der Insel Porto Santo, dem "Ponta de Calheta", kann man am Horizont schemenhaft die Gipfel der Insel Madeira erahnen. Links ein Fels der Insel Ilhéu de Baixo ou da Cal.
Als es gegen Abend geht, setzt beinahe schon so etwas wie eine kleine Völkerwanderung ein: Es mögen wohl acht bis zehn Personen sein, die mir entgegen kommen und zum westlichen Ende der Insel streben. Der Sonnenunter-gang lockt. Allerdings wird dieser heute eher eine Enttäuschung sein - es sind einfach zu viele Wolken für einen schönen Sonnenuntergang. Ein schönes Abendlicht gibt es aber trotzdem. Da bin ich allerdings schon wieder zurückgekehrt nach Vila Baleira. Schaue noch ein wenig, was sich hier am Ort so tut. An "meinem Berg" sehe ich auf knapp halber Höhe einige Lampen leuchten - wahrscheinlich Straßenlaternen? Vielleicht gibt es ja eine recht bequeme Möglichkeit, dort hinauf zu laufen?
Da fährt sie dahin, die Fähre "Lobo Marinho" wenige Minuten nach 18 Uhr auf ihrer Rückfahrt nach Madeira - weit entfernt von der Seebrücke von Vila Baleira.
Blick zum Pico Castelo in der Abenddämmerung - die hier im Dezember ab 18 Uhr ein recht kurzes Intermezzo gibt, bis es komplett dunkel ist. Was sind es wohl für Lichter dort, auf halber Höhe des Berges?
Es ist nicht viel los an diesem milden Mittwochabend im Stadtzentrum von Vila Baleira.
Das werde ich dann am folgenden Tag mal sehen - wenn es denn so einigermaßen gutes Wetter wird.
Am heutigen Tag habe ich allein auf der "Strandwanderung" 14,3 km zurück gelegt (bin also nicht den gesamten Strand von neun km Länge komplett abgelaufen, sondern sozusagen mittendrin gestartet und zurück nach Vila Baleira gelaufen), einschließlich meines kleinen abendlichen Ortsrundgangs (ein Nachtleben gibt es hier im Ort definitiv nicht). Genau bei dem müssen auch die 43 Höhenmeter zusammengekommen sein, die ich auf diesem Weg gesammelt habe. Denn ansonsten bin ich ja die gesamte Zeit mit den Füßen im Wasser unterwegs gewesen...
Dann allerdings sind wir ja endlich an diesem Donnerstag, dem 8. Dezember 2016 - an dem ich mich nach dem Auschecken aus dem Hotel morgens gegen 9:15 Uhr auf den Weg Richtung Pico Castelo mache. Die Fähre bringt mich abends um 18:00 Uhr wieder zurück nach Funchal - Zeit habe ich bis dahin also reichlich.
Das Ziel der Wanderung klar vor Augen: Auf dem Weg in Vila Baleira zum Pico Castelo.
Vielen Dank für diese Hilfestellung! Da ist Dank des Straßenschilds ja völlig klar, dass ich auf dem richtigen Weg zu meinem Tagesziel bin.
Zunächst laufe ich also einfach grob in Richtung des Berges durch den Ort Vila Baleira. Solange es dabei seicht bergauf geht, kann die Richtung ja nicht ganz so falsch sein. Nach zwanzig Minuten stoße ich auf ein Straßenschild in Richtung Pico Castelo. Na also - das ist ja praktisch! Da folge ich doch einfach dem Schild, da kann ja nichts schief gehen. Und Straßenverkehr gibt es hier in der Gegend sowieso gerade nicht. Aber dass man mit dem Auto dorthin fahren kann, löst bei mir leichte Besorgnis aus: Werden sich alle Auto-Touristen von Porto Santo wohl dort treffen? So nach dem Motto: Schnell mal hinfahren, Foto für Instagram machen, und schnell weiter zum nächsten Instagram-Point (oder wie man sowas auch immer nennt...)?
Der Berg verliert nichts von seiner magischen Wirkung, auch, wenn ich ihm langsam näher komme. Ein perfekter Vulkankegel - einfach großartig! Die Straße, der ich folge, wird zunehmend steiler. Ziemlich fix bin ich heftig am Schnaufen. Macht nix - zumal das Wetter stimmt. Lockere Bewölkung ziert den Himmel, es ist angenehm warm - alles ist also gut.
Schon nach einer Dreiviertelstunde Weg hat man einen schönen Blick über weite Teile der Insel Porto Santo.
Nach einiger Zeit, ich bin da ca. eine dreiviertel Stunde unterwegs, wandelt sich die Asphaltstraße in einen Kopfstein-pflaster-Weg. Ich bin immer noch am Schnaufen - es geht weiter stramm bergauf. Autoverkehr nehme ich nach wie vor kaum einmal wahr. Alles ist ruhig. Ich habe hier mittlerweile eine Höhe erreicht, bei ich den Blick auch schon mal über die kleine Insel schweifen lassen kann. Und die Vegetation um mich herum ist recht exotisch: Palmen, Aloe Vera, Agaven, Kakteen, Pinien und mir teilweise unbekannte Koniferen - wunderbar, so soll es sein! Auch hierfür reise ich doch.
Gegen Viertel nach zehn Uhr kann ich die Fähre aus Funchal sehen - sie nimmt ihren Weg zum Hafen. In acht Stunden tritt sie den Rückweg an, dann wohl mit mir - falls hier nichts schief geht...
Die Kopfsteinpflasterstraße ist so steil, dass ich zügig an Höhe gewinne. Aber es ist natürlich auch leichtes, unkompliziertes Wandern, so, auf einer Straße ohne jeglichen Verkehr. Ohne auf irgendwelche Hindernisse achten zu müssen, geht man einfach voran. Viele Autos fahren hier ganz offenkundig nicht: In den Ritzen zwischen den einzelnen Steinen wächst Gras - es fahren also nicht genügend Autos hier, um das Gras nachhaltig platt zu fahren. Ich bin hier übrigens auch der einzige, der zu Fuß unterwegs ist, jedenfalls habe ich noch keinen anderen Wanderer gesehen.
Aussichtspunkt mit Kanone: Der "Miradouro Pico Castelo" ist ein schöner Aussichtspunkt auf halber Höhe des Berges.
Ein Schild weist auf den "Miradouro Pico Castelo" hin. "Miradouro" ist spätestens seit meiner Reise auf die Azoren-Insel Sao Miguel vor ein paar Jahren ein magisches Wort für mich geworden: Es weist auf Aussichtspunkte hin, deren Aussicht sich eigentlich immer lohnt. Die Aussicht ist eigentlich auch jetzt schon großartig, aber natürlich folge ich dem Hinweis. Und siehe da, ich komme zu ein wenig "Infrastruktur": Ein paar Bänke, einigen Möglichkeiten, ein Auto abzustellen, einer etwas altertümlichen Toilette, eine historische Kanone. Der Ausblick unterscheidet sich nicht besonders von dem Blick, den ich beim Aufstieg habe. Das hier ist halt der Aussichtspunkt für die Autofahrer. Aber es ist kein Mensch hier, gefühlt habe ich gerade den ganzen Berg für mich allein. Und: Ganz sicher ist das hier der Ort auf etwa halber Höhe des Pico Castelo, an dem ich am Abend zuvor Straßenlampen hab leuchten sehen.
Wie geht es jetzt wohl weiter? frage ich mich eine Weile - bis ich dann eines dieser charakteristischen portugiesischen Wanderschilder entdecke, das den Pico Castelo in 800 m Entfernung ausweist, auf einem Wanderweg mit der Bezeichnung PR2. Auch "Moledo" ist ausgeschildert, in 3 bzw. 4,4 km Entfernung - ich weiß aber gar nicht, was und wo das ist. Aber 800 Meter Strecke, das ist ja ein Klacks!
Trotz Gegenlicht: Bei dem Schild ist doch alles klar - ein Weg mit Namen PR2 führt direkt zum Gipfel des Pico Castelo.
Damit ist ja alles einfach erklärt. Ich folge dem Weg PR2, der auf einem breiten Pfad recht steil bergan führt. Der Weg ist zwar unkompliziert zu laufen, da sehr breit und gut angelegt, aber es ist eben auch anstrengend. An einer Weggabelung stellt sich mir die Frage, ob ich diesem "offiziellen Weg" weiter folge, oder, ein wenig experimentell, einen anderen Weg gehe, der zwar nicht als Wanderweg ausgeschildert ist, aber auch steil bergan führt. Ein nach oben führender Weg kann ja nicht soo falsch sein. Hm - aus einer etwas neugierigen Stimmung heraus nehme ich den nicht ausgeschilderten, steileren Weg.
An mehreren Stellen auf dem Nebenweg auf den Gipfel des Pico Castello geht es neben dem Weg steil bergab - aber alles kein Problem, der Weg ist in aller Regel breit genug.
Keine schlechte Entscheidung - aber auch keine besonders gute. Der Weg ist oft steiler, als der bisherige, er ist nicht so gut "aufgeräumt" und an einigen Stellen etwas ausgesetzt - was ich nicht so richtig gerne mag. Was aber auch nicht wirklich dramatisch ist. Zudem ist er stellenweise über und über mit Kiefernnadeln bedeckt, was dann etwas rutschig wird. Aber immerhin schlängelt der Weg sich auf der anderen Seite des Berges hinauf, also nicht der Ortschaft zugewandt. Und, ich will es nicht dramatisieren: Er ist nicht gefährlich, es sind keine Klettereien nötig - alles ist in Ordnung. Flott komme ich voran. Kurz unter dem Gipfel hat man Teile des Weges als Treppenstufen angelegt.
Um fünf Minuten vor 11 Uhr bin ich dann "oben" - auf dem Gipfel des Pico Castelo. Und der Gipfel ist irgendwie etwas langweilig, unspektakulär: Ein größeres, altes Gebäude ist hier errichtet worden, aber es stehen auch viele Bäume hier. Die Aussicht auf die Insel ist daher zum größten Teil nicht so schön, wie beim Aufstieg - zudem sind dichte Wolken aufgezogen und die Luft ist zuletzt diesig geworden. Lediglich auf den direkt benachbarten, noch etwas höheren "Pico do Facho" (517 m) gibt es einen schönen Blick.
Der Gipfel des Pico Castelo kommt recht unspektakulär daher: Ziemlich dicht bewachsen. Und der Sinn des Gebäudes, das ich zuvor noch gar nicht wahrgenommen habe, ist mir nicht klar.
Aber: Es pfeift hier oben ein frischer, richtig kühler, unangenehmer Wind. Den habe ich zuvor noch gar nicht wahrgenommen. Allzu lange halte ich mich also gar nicht hier oben auf und mache mich gemächlich wieder an den Abstieg, diesmal auf dem "offiziellen", ausgeschilderten Weg. Dieser ist sehr ordentlich angelegt: Sehr breit und aus Steinen hat man hier fast auf der gesamten Strecke Treppenstufen angelegt. Zum Teil sind diese recht hoch, ich finde solche Stufen nicht besonders angenehm zu laufen. Erst recht nicht abwärts.
Das geht auch der Frau eines Pärchens, das mir entgegen kommt, so. Sie sind nicht die ersten Wanderer, die mir mittlerweile begegnen (der Pico Castelo gehört mir also doch nicht so ganz allein an diesem Vormittag) - aber die auffälligsten. Die junge Dame scheint auf ca. 300 m Höhe völlig am Ende ihrer Kräfte zu sein, ächzt, schnauft und schimpft weithin hörbar und muss von ihrem Partner gestützt werden, um dann doch noch eine weitere von diesen zum Teil recht hohen Stufen zu nehmen... Da ist der Familienstreit wohl vorprogrammiert.
Wandern ist halt eben nicht unbedingt jedermanns und -fraus Sache. Immerhin braucht man sich auf diesem Weg keinerlei Gedanken um Sicherheit oder gar irgendwelche Gefahren zu machen. Eigentlich ist es ein Spazierweg, mit Stufen im Zick-Zack.
Sehr schön und nahezu perfekt angelegt ist der offizielle Wanderweg PR2, den ich vom Gipfel des Pico Castelo komplett hinab gehe. Und die Aussicht ist auch nicht zu verachten.
Um 11:30 Uhr bin ich dann wieder an dem "Miradouro" auf etwa der halben Höhe des Pico Castelo. Der Himmel ist inzwischen schon fast bedrohlich voller Wolken. Und jetzt steht sogar ein Auto hier! Tja - was nun tun?
Erstmal eine Pause machen. Das hatte ich mir ja eigentlich für den Gipfel gedacht, aber dort ist es mir mit dem Wind einfach zu unangenehm gewesen. Also jetzt, hier - eine kleine Pause. Es ist zwar auch frisch, aber lange nicht so unangenehm, wie dort oben, auf dem blöden Gipfel. Na ja - immerhin habe ich mal wieder einen Berggipfel erklommen...
Allzu lang dauert diese Pause aber auch nicht. Ich erinnere mich, kurz vor diesem Miradouro an einer Weggabelung zwei Hinweisschilder auf den Ort "Camacha" und zur "Fonte da Areia" gesehen zu haben. Da gehe ich doch einfach auf dem breiten Feldweg mal in diese Richtung. Mal schauen, was da so kommt. Zeit habe ich ja noch reichlich.
Es geht zügig bergab, das hübsche Dorf "Camacha" ist fast die gesamte Zeit über in Sichtweite. Vorgelagert dem Dorf, im Meer, ein enormer, von Brandung umtoster Felsbrocken - wie ich später erfahre trägt er den Namen "Ilhéu da Fonte da Areia". Wenn ich mal zurückschaue zu "meinem" Pico Castelo, dann ist seine markante Kegelform aus dieser Richtung gar nicht erkennbar, fast sieht er von hier aus noch steiler aus. Das ist halt die Seite des Berges gewesen, die ich hinauf gewandert bin.
Blick zum Ort Camacha auf dem Weg hinab vom Pico Castelo. Vor der Küste der Felsen "Ilhéu da Fonte da Areia".
Der Ort Camacha kommt an diesem Donnerstagmittag im Dezember nahezu völlig menschenleer daher.
Camacha gilt als das Künstlerdorf der Insel. Es ist ziemlich genau 12 Uhr, als ich dorthin komme. Kaum begegne ich anderen Menschen: Zwei andere Touristen versuchen sich auf der ansteigenden Asphaltstraße mit ihren Mountainbikes. Irgendwo huscht ein Passant über die Straße. Zwei Esel beäugen sich neugierig gegenseitig - der eine unterbricht sein Grasen, der andere fotografiert den anderen. Andere Lebewesen nehme ich auf meinem Weg durch den durchaus hübschen Ort nicht wahr. Donnerstag Mittag um 12 in Camacha, High Noon: Der Ort ist wie ausgestorben.
Ziemlich plötzlich stehe ich vor dem Zaun des Flughafens, habe die Wahl: Links abbiegen auf die Straße direkt am Zaun entlang in Richtung Vila Baleira oder dem Schild "Fonte de Areia" nach rechts folgen. Zwar weiß ich nicht, was die Fonte de Areia überhaupt ist - aber natürlich folge ich diesem Hinweis. Klingt ja irgendwie interessant, nach "Fontäne".
Nach links, zurück nach Vila Baleira, oder nach rechts zur "Fonte de Areia"- wie würden Sie entscheiden?
Ich entscheide mich jedenfalls für die Fonte...
Es bleibt in diese Richtung nichts anderes übrig, als auf der Straße zu laufen, am Flughafenzaun entlang. Ein wenig trübe nehme ich zudem wahr, dass der komplette Himmel mittlerweile selbiges ist: Trübe! Nun ja, solange die Wolken nicht zu Boden fallen, soll mir auch das recht sein. Angenehm warm bleibt es immerhin trotzdem.
Nach zehn Minuten Weg auf der Straße ist mir nicht nur kein einziges Auto begegnet, sondern ich habe auch festgestellt, dass der Flughafen auch einen gar nicht so kleinen militärischen Bereich hat. Das muss dann auf dieser Welt wohl so sein, hier irgendwo im Nirgendwo mitten im Atlantik... Na ja...
Die Straße am Flughafen, ein sandiger Randstreifen - und hinter dem Gestrüpp rechts ist wohl das Meer.
Gleichzeitig knickt die Straße nach links ab: Das Ende des Flughafens ist bereits erreicht. Auf der anderen Straßenseite ist entlang der Straße eine kleine sandige Erhöhung, vielleicht einen halben Meter hoch. Gedanken darum, was dahinter sein könnte, mache ich mir gar nicht, bin aber doch neugierig, was da wohl ist. Das Meer müsste ja zu sehen sein.
Ist es auch - aber:
Der Anblick, der mich auf dem Randstreifen der Straße erwartet, kommt für mich völlig überraschend und schlägt mich sofort in den Bann! Es geht steil bergab, ohne jede Sicherung für Autos und Fußgänger, mein (in absoluten Höhenmetern oft nicht so richtig präziser) Höhenmesser sagt, ich sei auf 127 m Höhe über NN - und ich schaue unten auf eine tosende Brandung an einer Steilküste. Nicht im Traum hätte ich mit einem solchen Anblick gerechnet - wenn ich denn darüber "nach-gedacht" hätte. Eine spektakuläre Küste!
Nicht im geringsten habe ich mit einem solchen Anblick gerechnet, als ich auf den kleinen Randstreifen neben der Straße gehe: Ein beeindruckender Küstenverlauf mit tosender Brandung.
Steilküsten finde ich ja immer extrem faszinierend! Manchmal haben sie für mich geradezu etwas magisches. Also starre ich hier erstmal eine ganz Weile auf die Brandung unter mir.
Das Wandern bringt mir dann in der Folge natürlich gleich nochmal so viel Freude. Was für eine gute Entscheidung an der Gabelung vor dem Flughafenzaun. Vor eineinhalb Stunden war ich noch ganz oben auf die Pico Castelo - jetzt sammle ich gerade Eindrücke, die sich komplett von den dortigen unterscheiden. Vor lauter Begeisterung nehme ich nur am Rande wahr, dass das Wasser des Atlantiks mit der Zeit immer türkiser wird: Die Sonne setzt sich wieder gegen die massiven Wolken durch. Binnen einer halben Stunde ist die Sonne wieder richtig prall da - wo sind die Wolken nur geblieben? Das ist gestern ganz ähnlich gewesen - werden die Wolken hier etwa von einer Zeitschaltuhr um kurz nach 12 Uhr beiseite gezogen?
Was ist das wohl für eine Konstruktion in dem Felsvorsprung? Soll das etwa diese "Fonte" sein? Ich weiß es nicht. Aber vielleicht kann man ja dorthin gehen...?
Aber nein, der Weg hinab zu dieser Konstruktion endet für mich hier: große Risse im Boden, rechts ein großer Sandrutsch - da kehre ich lieber um, zügig.
An einem Küstenvorsprung entdecke ich eine merkwürdige, in die Wand gebaute Konstruktion. Teilweise treppenförmig, teilweise fast höhlenartig. Was das wohl ist? Als ich an dem Einstieg dorthin entlang komme und ein wenig einen groben Fahrweg hinab gehe, registriere ich erst so richtig: Das ist alles Sand hier! Die oberste Schicht der Küste, rund 15 Meter, besteht nur aus festem Sand. Und der Beginn dieses Weges dort hinab zu dieser "Konstruktion" ist teilweise von Sandabbrüchen verschüttet, teilweise verfallen. Auch, wenn das Ganze interessant aussieht: Sonderlich wohl fühle ich mich nicht, als ich hier 10-15 Meter hinabgegangen bin. Einerseits gibt es größere Risse im Boden, andererseits ziemlich umfangreiche Sandverschüttungen. Nun gut - ich bin hier weit und breit der einzige Mensch. Und ich habe hier einfach nichts zu suchen, das ist hier ein nicht ungefährliches Terrain - da siegt Vernunft über Neugier. Also wieder rauf zu der Straße!
Etwas später komme ich dann zu der auf mehreren Straßenschildern angekündigten "Fonte de Areia". Wie ich später lese, ist dies eine der seltenen Süßwasserquellen der Insel - der Gedanke mit der "Fontäne" ist also gar nicht so falsch gewesen. Eine nette kleine Anlage habe ich schon von einem Felsvorsprung, oder besser: Sandvorsprung der Küste erspäht. Der Volksglaube spricht bei der Fonte da Araia von einem Jungbrunnen. Kann ich gebrauchen ;-)
Meine Neugierde auf den besonderen Ort kann ich allerdings nicht weiter stillen: Zu der Quelle hat man durch die Sandküste eine kleine Straße hinab gebaut - die man jetzt gesperrt hat. Auch ausdrücklich Fußgänger sollen die Anlage nicht aufsuchen. Es wird vor Abbrüchen der sandigen Küste gewarnt - sicherlich nicht zu unrecht, wie ein Blick die Straße hinab zeigt. Ganz offenkundig wird die ganze Anlage hier kaum gepflegt.
Von einem Felsvorsprung aus habe ich einen kurzen Blick auf die "Fonte de Areia" - eine Süßwasserquelle direkt an der Küste. Die Umgebung wirkt wie eine kleine Oase.
Der Weg zur "Fonte de Areia", eine ausgebaute Straße, ist komplett gesperrt. Und der Straße hinab kann man große Sandbrocken liegen sehen. Also spare ich mir den Weg in die kleine Oase an der rauen Nordküste.
So besonders gefährlich erscheint mir die Situation hier nicht wirklich, gerade im Vergleich zu dem sonderbaren Sandweg hinab vor einer Viertelstunde. Aber, nun gut: Wie schon gesagt - ich bin hier nach wie vorweit und breit der einzige Mensch unterwegs. Also keine Experimente! Der Blick auf die Fonte de Areia von vorhin soll der einzige für mich bleiben. Schade!
Wie nun weiter? Das nördliche Ende des Flughafens habe ich bereits hinter mir gelassen. Ich habe ihn zuletzt eh nicht mehr wahrgenommen - es fahren hier in der Gegend heute nicht nur keine Autos, es fliegen auch weiterhin keine Flugzeuge. Die Insel ruht wirklich sehr in sich.
Auf der anderen Straßenseite sehe ich eine etwas hügelige sandige Landschaft - das schaue ich mir doch mal an. Und lande zu meiner erneuten Überraschung wieder in einer völlig anderen, verblüffenden Landschaft. Hatten mich gerade noch die tosenden Wellen in ihren Bann geschlagen, so stehe ich jetzt in einer sandigen Wüstenlandschaft mit bizarren Formationen. Nahe der Küste gibt es noch ein paar Sukkulenten - nach einigen Metern bin ich in einer reinen, hügeligen Sandwüste gelandet. Wie schon bei der Steilküste bin ich völlig unvorbereitet und überraschend in diese neue Umgebung geraten. Die "Dunas Porto Santo", die Porto-Santo-Dünen.
Sehr skurrile Sandformationen haben Wind und Wetter hier in den Dunas Porto Santo geschaffen - eine kleine Wunderwelt.
Das Besondere: Wind und Wetter haben aus dem Sand wilde, bizarre Formen geschaffen. Sand als Naturkunstwerk. Staunend laufe ich Meter um Meter durch diese spektakuläre Wunderwelt - so etwas habe ich in meinem Leben noch nirgendwo gesehen.
Hier muss wirklich ein großer Künstler am Werk gewesen sein!
Umso fassungsloser bin ich, als ich hier zahlreiche Spuren von Fahrzeugen sehe. Sowohl vierrädrige, als auch zweirädrige motorisierte Fahrzeuge fahren diese Wunderwelt ganz offenkundig einfach kaputt. Wie dumm und doof kann man eigentlich noch sein?
Ja, meine Güte - muss man denn in dieser traumhaften Landschaft unbedingt auch noch mit dem Auto herumbrausen? Die Blödheit scheint einfach keine Grenzen zu kennen. Der Faszination dieser Landschaft tun die Fahrspuren allerdings keinen Abbruch.
Aber, wie auch immer: Noch ist genügend heil geblieben, dass ich mich hier ausgiebig herumtreiben kann. Was für eine außergewöhnliche Gegend, zwischen Küste und Flughafen.
Allzu riesig ist dieses Gebiet nicht, wohl ein paar Dutzend Hektar. Eine gute halbe Stunde treibe ich mich hier in dem Gebiet herum, wie meist auf Porto Santo ganz allein. Ganz ehrlich glücklich bin ich darüber, dass hier nicht ein Rudel Quads mit erlebnishungrigen Touristen um die Ecke gedonnert kommt und die schöne Gegend mit der tollen Stimmung einfach zunichte macht.
Und im Nachhinein frage ich mich: Warum bin ich NUR eine halbe Stunde in dieser Wunderwelt?
In Richtung Süden wandelt sich die Sandwüste dann langsam in eine grüne Umgebung. Porto Santo ist früher mal die "braune Insel" genannt worden, weil es so wenig Wasser gibt. Jetzt, im Dezember, ist die Insel grün - über weite Strecken zumindest.
Mein Weg ist hier jetzt weniger spannend: Direkt am Zaun des Flughafens entlang geht es weiter. Die Dünen sind nicht mehr so hoch, dass man die bergige Umgebung kaum noch sehen kann - ich bin irgendwie wieder zurück vom kleinen Wüstenplaneten auf Porto Santo.
Am Flughafenzaun entlang geht der sandige Feldweg in Richtung Strand.
Mit aufgestapelten Stein-Mauern werden die landwirtschaftlich genutzten Flächen vor Erosion geschützt.
Auf einem sandigen Feldweg gehe ich nun zügig dem großen breiten Strand entgegen. Selten bin ich abwechslungs-reicher unterwegs gewesen: Alle paar-hundert Meter verändert sich die Umgebung auf diesem Weg total! Und natürlich verlocken die ständigen Perspektivwechsel dazu, den Blick immer wieder mal in die Runde schweifen zu lassen. Oder auch gerade eben die offenkundig etwas mühsamen landwirtschaftlichen Versuche am Wegesrand anzuschauen. Sicherlich zur Vermeidung von Erosion, hat man mit aufgestapelten Steinen kleine Parzellen geschaffen.
Eine ganze Herde Enten zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Enten? Hier? Mitten auf der trockenen Insel? Direkt neben dem Flughafen? Das ist schon etwas verwunderlich. Recht scheu kommen sie daher und bringen sich in Sicherheit. Anders, als viele Enten daheim scheinen sie Menschen nicht als Lieferanten von Essbarem anzusehen.
Blick zum Flughafen Porto Santo, direkt dahinter der Pico Castelo in seitlicher Ansicht. Es gibt während meiner Wanderung keinerlei Flugverkehr. Und dass meine Wanderung einmal um den Flughafen herum geht, ist einfach nur Zufall.
Apropos Flughafen - irgendwelchen Flugverkehr habe ich in der gesamten Zeit meines Wegs nicht wahrgenommen. Porto Santo wird auch nur mit Kleinmaschinen von Madeira aus bedient, ab und zu kommen in der Hochsaison Maschinen der portugiesischen Fluggesellschaft TAP aus Lissabon und Porto, ansonsten kommen ganz vereinzelt Chartermaschinen. Aber offenbar nicht jetzt, im Dezember. Da herrscht Ruhe auf dem Flughafen Porto Santo.
Ansonsten ist dieser Teil des Weges nicht besonders abwechslungsreich - aber eben grün, auf der "braunen Insel", die sich selbst inzwischen in Bezug auf den riesigen Strand "die goldene Insel" nennt. Irgendwie trifft wohl beides. Vielleicht sollte sie sich "die gold-braune Insel" nennen?
Durch die hübsche und gepflegte Ortschaft Campo de Cima geht es auf dem Weg zum Strand mitten hindurch.
Eine der berühmten Windmühlen (eigentlich eine der Hauptsehenswürdigkeiten auf Porto Santo) in Campo de Cima betrachte ich nur aus der Ferne. Mir fehlt nach fünf Stunden Wanderung aber die rechte Energie, dorthin noch abzubiegen.
Nun gut - nach einer guten halben Stunde recht zügigen Fußmarsches erreiche ich die Ortschaft "Campo de Cima". Hier hätte ich jetzt die Möglichkeit, abzubiegen und mir die historischen Windmühlen anzuschauen, die am Ortsrand stehen, offenbar liebevoll gepflegt werden und von den Einheimischen als besondere Sehenswürdigkeit gepriesen werden. Aber ich verzichte darauf, diesen Schlenker zu machen. Nach den immerhin schon rund 14 km Weg, die zuweilen auch durchaus anstrengend waren, bin ich gerade zu müde und möchte am liebsten einfach nur direkt zum Strand. Den Flughafen habe ich mittlerweile übrigens komplett hinter mir gelassen.
Den Strand erreiche ich gegen 14:30 Uhr. In knapp eineinhalb Stunden habe ich somit die Insel von seiner Nord- zu seiner Südküste durchquert. Ohne mich besonders zu beeilen und mit ständigen Fotostopps.
Der "Campo de Baixo", der goldene Traumstrand der Insel - ist dann ein perfekter Ort, um diese Wanderung und diesen Aufenthalt auf Porto Santo nun gemütlich ausklingen zu lassen. In gut drei Stunden fährt meine Fähre zurück nach Funchal. Ein paar Kilometer Weg sind es dann noch bis zum Fähranleger, die ich dann beizeiten ganz gemütlich zurücklegen werde. Und auf den letzten Drücker will ich auch nicht auf die Fähre. Also kann ich den Rest der Zeit auf Porto Santo noch etwas veträumt ausklingen lassen. Das fällt bei dem tollen Strand nicht schwer. Zumal der Sonnenschein wieder die Regie übernommen hat.
Na, das nenne ich mal ein tolles Ende einer Bergwanderung! Denn eigentlich wollte ich ja nur auf den Pico Castello... Aber dieses Ende am Strand nach rund fünfeinhalb Stunden Weg ist natürlich großartig!
Traumwetter am Traumstrand von Porto Santo: So lässt sich der Dezember aushalten...
... zumal den gesamten Tag über kurze Hose und T-Shirt völlig ausreichen. Und nach einigen Momenten im Wasser fühlt man sich fast so erfrischt, dass man gleich wieder die Runde zurück wandern könnte.
Als ich dann um 17:30 Uhr an der Fähre ankomme, habe ich an dem Tag heute 19,4 km Strecke zurückgelegt, in insgesamt 7 Stunden 43 Minuten (einschließlich aller Pausen, auch am Strand...). Dass ich dabei einmal rund um den Flughafen gelaufen bin, ist gar nicht geplant gewesen. Aber: Der Flughafen hat auf dem Weg auch gar nicht weiter gestört. Insgesamt 730 Höhenmeter bin ich dabei gegangen, jeweils im Aufstieg und im Abstieg. Aber von der Mühe kann ich mich ja jetzt auf der nur sehr, sehr spärlich besetzten Fähre erholen...
19,4 km Weg bin ich am heutigen Tag gelaufen, um dann abends wieder auf die im Hafen von Porto Santo liegende Fähre "Lobo Marinho" zu gehen - für die Rückfahrt nach Madeira.
Blick zurück nach Porto Santo: Pünktlich auf die Minute hat die Fähre den Hafen verlassen - und nach zehn Minuten Fahrt ist man schon ein ziemliches Ende von der Insel entfernt.
Nach 22 Minuten Fahrt ist die Insel Porto Santo fast schon komplett in der Nacht versunken und nur noch ein schmaler Streifen am Horizont.
Insgesamt sind diese beiden Tage auf Porto Santo schlicht großartig! Und eigentlich verspüre ich große Lust, auf dieser ruhigen, abgeschiedenen Insel mehr Zeit zu verbringen. Ein großartiges Fleckchen Erde!
Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass die Fährfahrt nach Madeira jetzt im Dezember auch eine ganz besonders schön Komponente hat: Es ist ja schon dunkle Nacht, wenn man gegen 20:30 Uhr in den Hafen von Funchal einfährt. Und für die wunderschöne Weihnachtsbeleuchtung in Funchal habe ich mich schon in den letzten Tagen begeistert. Aber diese Beleuchtung jetzt hier vom Schiff aus bei der "Heimkehr" nach Funchal beobachten zu können, ist schlicht überwältigend!
Die Anfahrt auf Madeira und speziell auf Funchal, abends gegen 20:30 Uhr, ist speziell im Dezember ein besonders schönes Erlebnis: Die Stadt strahlt in wunderschöner Weihnachtsbeleuchtung.
Dezember 2016 externe Bilderserie: Sammlung mit 98 großformatigen Fotos von der Insel Porto Santo (Portugal) (externe Seite, neues Fenster) |
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Dezember 2016 Bilderserie: Weihnachtsbeleuchtung in Funchal auf Madeira 2016 |
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Dirk Matzen
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