Meine Empfehlungen
im Internet:
Was für ein Ausblick!
Vom Gipfel des Piz da Peres präsentiert sich ein atemberaubender Blick über die Bergwelt der Dolomiten - die "Bleichen Berge".
In der Tat: Der Aufstieg zum Gipfel des Piz da Peres gestaltet sich völlig unkompliziert. Fast kommt es einem Spaziergang gleich, wenn zwar zuweilen auch einem etwas steilen, so aber doch ohne besonders herausragende Anforderungen an körperliche wie psychische Kräfte. Es ist 14:02 Uhr an diesem 11. Juli 2013, als wir - also meine Herzallerliebste und ich - eher bequem und Hand in Hand schlendernd den Gipfel des Piz de Peres erreichen. Einem der Berggipfel am nördlichen Rand der Dolomiten, etwas südlich des Pustertals (Val Pusteria) gelegen. Das besondere daran für mich: Es ist der höchste Berg, den ich bisher in meinem Leben bestiegen habe. 2507 m über dem Meeresspiegel ist man hier oben auf dem Gipfel.
Wandern in den Bergen - es hat ja verdammt lange gedauert, bis ich dies überhaupt mal ausprobiert habe, mit gemischten Erfahrungen (siehe Reisebericht über meinen "Selbstversuch im Oberällgäu" von 2009). Und doch: Weder mich, noch meine schon aus früherer Zeit weitaus bergerfahrenere Liebste, hat die Magie der Berge seitdem losgelassen. Zum vierten Mal binnen fünf Sommern verschlägt es uns in diesem Jahr in die Alpen. Nach drei Urlauben im Allgäu hat es uns dieses Mal etwas weiter nach Süden verschlagen: Wir sind in Südtirol gelandet.
Der Pragser Wildsee auf 1494 m Höhe im Abendlicht. Traumhaft schön von Bergen umrahmt zieht er viele Touristen an - schließlich ist er perfekt per Auto erreichbar. Beeindruckend die 1000 m steile Wand des Seekofels (2810 m) direkt am südlichen Ende des Sees.
In einem Nebental des Pustertals, haben wir unser Sommerquartier aufgeschlagen. Unweit der Ortschaften Toblach (Dobbiaco, 3300 Einwohner), Niederdorf (Villabassa, 1500 Einwohner) und Welsberg (Monguelfo, 2800 Einwohner) haben wir ein Quartier im Pragser Tal (Valle di Braies) gefunden. Es wird hier im Tal immer ländlicher: Zwischen der Ortschaft St. Veit (San Vito, 70 Einwohner) und dem wunderschön gelegenen Pragser Wildsee (Lago di Braies) bewohnen wir auf einem Einzel-Bauernhof für zwei Wochen eine Ferienwohnung. Direkt am Rande des Naturparks Fanes-Sennes-Prags (Parco Naturale Fánes-Sénnes-Bráies) ist das ein idealer Standort, um zum Wandern gar nicht erst irgendwelche Anfahrten zu benötigen, sondern direkt am Haus eine Wanderung zu starten.
Ein Unterschied zu unseren früheren Allgäu-Erfahrungen: Hier, am nördlichen Rand der Dolomiten ist alles schlicht etwas höher gelegen. Hatten wir im Oberallgäu eine Unterkunft im Bergort Hinterstein in 850 m Höhe, so haben wir hier im Pustertal eben eine Unterkunft in 1430 m Höhe. Sind wir dort im Allgäu auf Berge bis zu 2000 m Höhe gestiegen (immerhin rund 2300 m Auf- und Abstieg zusammen), so sind wir hier an den nördlichen Dolomiten auf 2500 m Höhe gewandert (2200 Höhenmeter zusammen). Hier am Rande der Dolomiten ist alles für uns halt um rund 500 Meter "nach oben verschoben". Die dörflichen Strukturen sind hier in 1400 m Höhe ähnlich, wie dort in 850 Metern. Die Berge sehen hier in 2500 m Höhe so aus, wie dort in 2000 m Höhe: Man wandert hier noch auf Wegen in grünen Wiesen - während auf 2000 m Höhe im Allgäu schon der schroffe, karge Fels beginnt. Solche Felsen sieht man in den Dolomiten natürlich auch. Nur eben noch ein paar hundert Meter höher.
Und eigentlich bin ich ganz froh, nicht über solch kahlen, kargen Felsen kraxeln zu müssen. Zum Bergsteiger werde ich es in diesem Leben einfach nicht mehr bringen. Ich weiß, dass ich nicht ganz schwindelfrei bin und bin ganz froh, wenn links und rechts meines Weges noch etwas zu sehen ist, was nicht gleich hunderte Meter tiefer liegt.
Da bietet sich der Piz da Peres wunderbar an als Berg, um meine bisherigen "Höhenrekorde" sowohl beim Wandern (ca. 2050 m bei einer großen Wanderrunde im Oberallgäu) als auch mit einer Seilbahn (2128 m auf dem Pilatus, dem Hausberg von Luzern) deutlich zu übertreffen. Bei der heutigen Wanderung werden wir uns gleich mehrere Stunden oberhalb einer Höhe von 2200 m aufhalten.
Auch an anderen Tagen werden wir hier in den Dolomiten meine alten "Höhenrekorde" einholen und übertreffen mit Wanderungen auf den Kühwiesenkopf (2140 m), Suiskopf (2052 m), Strudelkopf (2307 m) und zum Hochalpensee (2254 m). Aber, wie schon geschrieben: Da hier am Rande der Dolomiten alles höher liegt, als an unseren bisherigen Wandergebieten, ist dies gar keine große Besonderheit.
In völliger Stille liegt der Pragser Wildsee an diesem Morgen da - kein Lüftchen rührt sich und kein Mensch ist jetzt hier unterwegs, außer uns. Der Blick über den See wirkt durch die Spiegelung in dem ruhigen Wasser etwas unwirklich.
Aufgebrochen sind wir heute zu Fuß direkt an unserer Unterkunft. Und: Obwohl wir uns für heute ja eine richtig lange Runde vorgenommen haben, gehen wir es doch nicht übermäßig früh an - erst um kurz nach acht Uhr starten wir. Nach einer Viertelstunde erreichen wir "wie üblich" den Pragser Wildsee. Wir finden es ganz hübsch, unweit dieses schönen Sees eine Unterkunft zu haben. Nicht gerechnet hatten wir jedoch damit, dass dieser See (sicher nicht zu Unrecht die "Perle der Dolomiten" genannt) so dermaßen beliebt ist, dass sich an schönen Tagen (wie meist, also) eine wahre Autokolonne auf den Weg macht - voll besetzt mit Leuten, die am Ufer des Sees ein wenig Erholung suchen. Wir wohnen zwar ziemlich am Endes des Tals und haben doch recht häufig einen verblüffenden Autolärm vor dem Haus. Das ist etwas schade!
Die große Autokolonne hat unsere Unterkunft heute allerdings noch längst nicht erreicht, als wir uns um wenige Minuten nach acht Uhr auf den Weg gemacht haben. Wir sind den vierten Tag in unserer Unterkunft, haben uns bei ein paar mittleren Wanderungen in der letzten Tagen etwas akklimatisiert. Der Wetterbericht sagt stabiles, warmes, leicht bewölktes Wetter ohne Gewittergefahr voraus - ideal für eine richtig große Wanderung.
Planschen im eisigen Wasser des Pragser Wildsees: Das machen die Kühe nur solange morgens noch einigermaßen Ruhe herrscht. Wenn die Menschenmassen kommen, dann ziehen die Kühe sich zurück.
Den wunderschönen Pragser Wildsee (Lago di Braies) haben wir heute morgen ganz für uns alleine - fast. Ein paar Kühe haben das Westufer des Sees erobert, genießen es augenscheinlich, in dem am Ufer seichten, aber doch sehr eisigem Wasser etwas zu planschen. Tagsüber, wenn die Menschenmassen über den See herfallen, sind die Kühe da deutlich zurückgezogener zwischen den Bäumen.
Den weiteren Weg kennen wir schon von einer vorangegangenen Wanderung: Es geht eine längere Zeit über einen schotterigen Fahrweg gemächlich empor. Er ist zwar gut zu begehen und erfordert keine größeren Mühen - ist jedoch auch etwas langweilig. Immerhin man kann den Blick unbesorgt in die schöne Umgebung schweifen lassen, denn besondere Aufmerksamkeit erfordert der Weg nicht. Immer wieder schweift unser Blick also auf den über 1000 Meter hohen, steilen und schroffen Abhang des Seekofels, der auch den Pragser Wildsee begrenzt. Sehr imponierend (noch ahnen wir nicht, dass meine Liebste eine Woche später ganz oben auf diesem Massiv neben dem Gipfelkreuz stehen wird - während ich mit meinem Fahrrad eine Tour entlang des Pustertal-Radwegs "PusterBike" unternehmen werde. Mir selber wird dieses Massiv jedoch verwehrt bleiben, umso mehr bewundere ich ihre Leistung)!
Eher ein Spazierweg: Unterwegs im Grünwaldtal, in dem es zunächst nur sehr gemächlich bergauf geht.
Die Grünwaldalm (Malga Foresta) liegt in beeindruckender Umgebung.
Das Grünwaldtal, in dem wir hier entlang gehen, ist ein schönes, von Nadelhölzern bewachsenes Tal. Links und rechts wird das in diesem Bereich weite Tal von wuchtigen, markanten Bergen eingegrenzt. Gegen 9:00 Uhr, nach immerhin schon 3,4 km Weg, passieren wir die bewirtschaftete Grünwaldalm. Aber auch die Alm liegt heute Morgen noch ganz ruhig und friedlich und noch geschlossen da. Und das in atemberaubend beeindruckender Umgebung. Macht nix, dass noch geschlossen ist - hier waren wir schon vor zwei Tagen mal eingekehrt und hatten das für heute sowieso nicht eingeplant.
Wanderweg durch das sich langsam verengende Grünwaldtal.
Es braucht eine ganze Weile, bis wir den breiten Schotterweg hinter uns lassen und auf einen Wanderweg kommen, der der dann auch deutlicher nach oben führt. Allerdings ist dieser ohne besondere Schwierigkeiten zu begehen, erfordert lediglich normale Aufmerksamkeit beim Wandern. Aber doch ein Wanderweg, wie wir ihn lieben: Mal im Schatten unter Bäumen, mal in der wärmenden Sonne, meist hören wir den Bach plätschern. Und: Wir haben hier, gar nicht weit entfernt vom Touristenziel "Pragser Wildsee" unsere Ruhe und die Natur für uns. Kaum begegnet man einmal anderen Wanderern.
Immer wieder begeistert mich die leuchtende Farbe des blauen Großblütigen Enzians.
Da hat man dann Zeit, sich den vielen bunten Gebirgsblumen am Wegesrand zu widmen. Überall sehen wir die zarten, rosa Alpenrosen. Nach einiger Zeit taucht vermehrt auch meine "Lieblingsblume der Alpen" auf: Der blaue Enzian, in verschiedenen Varianten. Das grelle Blau seine Blüten ist für mich immer wieder faszinierend - das begeistert mich einfach. Später werden wir noch Wiesen mit einer Dichte an Enzian sehen, die ich mir bisher kaum vorstellen konnte bisher.
Ein Alpen-Kuh im Kuh-Paradies: Üppig blüht die Wiese an den Hochalmhütten.
Gegen 10:45 Uhr erreichen wir eine Hochgebirgs-Wiese, deren Schönheit wir kaum fassen können: Ein gelb-grüner Rasen, alles voller gelber Blüten. Einige junge Kühe, Ziegen und Esel "grasen" in den Blüten. Einige Hütten, umgeben von begrasten Berghängen - eine Idylle von wunderbarer Schönheit: Die Hochalmhütte (Fojedöra Alm) auf 2115 m Höhe. Wir trauen unseren Augen kaum. Wohl einer der schönsten Orte hier in den Bergen, den wir bisher zu Gesicht bekommen haben.
Traumhaft schön gelegen: Die Hochalmhütten (Fojedöra). Als wir nach ausgiebiger Rast wieder aufbrechen, erreichen gerade ein paar Mountainbiker die Alm.
"Ücia dal Famei de Fojedöra" - Schild am Hauptgebäude einer der schönsten Almen der Dolomiten.
Da die Hochalmhütte bewirtschaftet ist, versteht es sich von selbst, dass wir jetzt eine Rast einlegen. Die letzten Stücke Weg waren durchaus etwas anstrengend. Wir wandern immerhin schon gut zweieinhalb Stunden ohne Pause, haben dabei 9,2 km und fast 700 Höhenmeter zurückgelegt. Hier in dieser schieren Idylle dann eine Rast einzulegen, ist da einfach ein Muss! Und auch absolut lohnend, denn die servierten (warmen) Speisen und Getränke wie Holunderblüten- oder Pfefferminzschorle sind toll. Fast eine Stunde verweilen wir hier, sind die ersten Gäste des Tages und freuen uns, dass die Betreiber dieser außergewöhnlichen Alm auch für ein Schwätzchen zu haben sind.
Allerdings: Erst während unseres Aufenthaltes hier auf der Hochalpenhütte haben wir beschlossen, wohin wir nun weiter wandern wollen. Der Piz da Peres wird als nächstes Ziel ausgewählt - mal sehen, wie der Weg dorthin sich gestaltet. Unser Wanderführer beschreibt wenig dramatisches für den Aufstieg, so, dass ich guter Dinge bin, diesen Berg trotz meiner zuweilen auftretenden Höhenangst bewältigen zu können.
Blick zurück vom Kreuzjoch auf 2283 m - was für eine Landschaft! Und: Der Weg ist auch bestens für Mountainbiker geeignet - uns begegnen mehr Radler, als Wanderer auf dem Weg.
Hierfür geht es zunächst wieder auf einem breiten Fahrweg weiter, durch ein weites Tal mit einer zuweilen unwirklich scheinende, karge Landschaft, und schon sind wir am Kreuzjoch auf 2283 m Höhe. Ein kurzes Gespräch mit zwei Mountainbikern ergibt sich, die sich bis hierhin hinaufgearbeitet haben und eine mehrtägige Hüttentour planen. Wir bewundern die Radler für ihren Elan und Mut, sich hier mit dem Rad zu bewegen. Aber offenbar ist das gesamte Gebiet ein Eldorado für Mountainbiker - wir sehen im Laufe der Tage viele andere Radler.
Blick auf den Hochalpensee, zu dem wir jetzt hinab gehen.
Für uns geht es weiter mit einem kurzen Weg hinab zum wunderschönen Hochalpensee auf 2254 m. Nur kurz geht's am Ufer entlang. Anschließend geht's wieder hinauf, auf einem Höhenweg passieren wir die Dreifingerspitze, ohne dessen zum Greifen nahen Gipfel (2479 m, man könnte ihn über die weglose Grünfläche wohl problemlos erreichen) weitere Beachtung zu schenken. Mir machen die winzigen Klettereien am Abhang des Dreifingerkopfes nicht wirklich zu schaffen (auch, wenn es nach links dann zuweilen doch steil und weit hinab geht...), und mit ein wenig Koordination ist das alles kein wirkliches Problem.
Kleine unbequeme Stellen gibt es auf dem Weg an der Dreifingerspitze entlang. Aber selbst für mich wenig schwindelfreien alles kein Problem.
Juhuu! Das vierte Mal in den Alpen - und endlich finde ich am Wegesrand (noch sehr kleine) Blüten des Edelweiß! In einigen Bereichen der Alpen ist die Blume streng geschützt, wurde zeitweilig an einigen Orten sogar bewacht.
Zwischendurch gibt es ein großartiges Erlebnis für mich: Endlich, endlich, endlich sehe ich am Wegesrand die kleine Blüte eines Edelweiß! Wie schön - ich bin richtig gerührt! Nirgendwo im Allgäu hatte ich diese Blume bisher gesehen. Durch wandernde Zeitgenossen war sie dem Aussterben nahe. Später im Verlauf der heutigen Wanderung werden wir noch ganze Wiesen dieser schönen, streng geschützten Alpenblume entdecken (nein, ich verrate nicht genau, wo!).
Wie viel Freude doch solch kleine Dinge am Wegesrand machen können! Das ist eben das schöne am Bergwandern: Man bewegt sich in großartiger Natur und ist eigentlich allein auf genau das und die direkte Umgebung reduziert. Alle großen und kleinen Sorgen der Welt erscheinen unendlich weit entfernt, man hat einfach Zeit und Muße für die kleinen Wunder der Erde - wie eben ein Edelweiß am Wegesrand. Und das ist Entspannung pur!
Es ist 13:20 und wir haben schon 13,6 km Weg hinter uns, als wir uns an der Dreifingerscharte auf 2330 m Höhe noch mal 10 Minuten Pause gönnen. Das Wetter ist ruhig und mild - okay: Eine leichte Fleece-Jacke überzuwerfen ist ganz angebracht. Aber insgesamt haben wir Glück mit dem Wetter. Und nicht nur wir - es treffen sich hier so einige Wanderer mit den verschiedensten Zielen. Einige kommen das steile Schuttkar vom Furkelsattel hinauf gewandert. Eine Pause für uns bietet sich eh gerade an, da gerade eine ca. 15köpfige Gruppe den Weg vom Piz da Peres hinab läuft, uns also entgegen käme. Wir lassen diese an uns vorbei ziehen, ehe wir uns dann auch auf den gar nicht so beschwerlichen Weg mit knapp 200 Höhenmetern hinauf zum Gipfel machen.
Wenn man auf dem Weg hinauf auf den Piz da Peres den Blick schweifen lässt, hat mal eine großartige Aussicht! Hier geht der Blick über den 2275 m hohen Kronplatz (bekannt vor allen Dingen als wichtigstes Skigebiet vor Ort) hinweg hin zu den mächtigen, schneebedeckten Zillertaler Alpen.
Mit jedem Meter Anstieg wird die Aussicht grandioser, atemberaubender. Das schöne an dem Piz da Peres: Er hat in direkter Nähe keinen anderen großen Berg und dies ermöglicht eine großartige Rundum-Aussicht auf die naheliegenden, schroffen Dolomiten-Hänge und beispielsweise auch auf die gar nicht sehr fern erscheinenden, schneebedeckten Zillertaler Alpen. Auf das wichtigste Skigebiet der Region, auf den Kronplatz, schaut man vom Gipfel lässig herab.
Nur noch ein Katzensprung bis zum Gipfel des Piz da Peres in 2507 m Höhe.
Blick vom Gipfel des Piz da Peres zu einer der Hauptsehenswürdigkeiten der Dolomiten: Der Berggruppe der Drei Zinnen. Ein wenig sieht das Foto ja aus, wie gemalt.
Hin und wieder sehen wir weit unter uns noch Schneefelder, der Wind weht jedoch gar nicht so kalt, wie vermutet. Meine ersten Erfahrungen im Hochgebirge deutlich über 2000 Meter lassen mich zu meiner Verblüffung auch etwas kurzatmig werden und zeigen mir so: Ja, die Luft hier oben ist offenbar wirklich etwas dünner. Auch für mich! Aber das ist alles kein wirkliches Problem und kaum der Rede wert. Um 14:02 Uhr sind wir dann auf dem Gipfel - immerhin fast sechs Stunden nach dem Start unserer Wanderung. Aber eben auch mit zwei Pausen. Der Ausblick ist in der Tat so grandios, wie erhofft: Der Piz da Peres ist in der Tat ein großartiger Panoramaberg! Einige der "Vorzeigeberge" der Dolomiten kann man von hier aus gut sehen, so wie die "Drei Zinnen", das Paternkofel-Massiv und einige uns gar nicht bekannte Gruppen. Was für eine unfassbar schöne, schroffe, karge Bergwelt!
Man kann den Piz da Peres übrigens von mehreren Seiten aus erreichen. Es gibt auch Zuwege von St. Vigil (San Vigilio) und von Olang (Valdaora) aus, die natürlich erheblich kürzer sind, als die von uns gewählte lange Wanderung. Zum Teil sind diese Wege aber auch recht steil, wie wir ja deutlich an der Dreifingerscharte beobachten. Genau dort, an der Dreifingerscharte, belassen wir es jetzt beim Abstieg jedoch bei einer kleinen, kühlenden Schneeballschlacht und beschließen, zunächst mal den Weg in Richtung Hochalpensee zurück zu gehen, über den wir gekommen sind. Und dort dann möglicherweise noch auf den als "Hochalpen-Runde" benannten Weg einzuschwenken, der gleich über mehrere Bergrücken führt.
Die kleinen Klettereien am Bergrücken der Dreifingerspitze machen mir auf dem Rückweg fast schon Spaß - ich habe mich also auch an diese zuweilen felsige Umgebung inzwischen gewöhnt. Gut so!
Als wir dann gegen 15:30 Uhr wieder am Ufer des Hochalpensees stehen, sind wir immer noch voller Euphorie und Begeisterung in Anbetracht der tollen, wunderschönen Wanderung. Es ist uns eigentlich völlig klar, und wir beschließen: Nein, das kann es doch nicht gewesen sein! Wir können doch jetzt nicht einfach den gleichen Weg zurück gehen, den wir gekommen sind! Nein - wir wollen noch mehr Eindrücke sammeln an diesem tollen Wandertag.
Unser roter Wanderführer und Buchform weiß Abhilfe und stellt die schon genannte "Hochalpenrunde" vor, in die man hier einsteigen kann. Also los! Trotz der langsam fortschreitenden Zeit, beschließen wir, ab dem Hochalpensee eben diese Hochalpenrunde zu gehen. Eine Panorama-Wanderung entlang der grasbewachsenen Hänge der Berge Flatschkofel, Maurerkopf, Hochalpenkopf und Spitzkofel - und dann Rückkehr ins Pragser Tal. Wir wissen, dass sich unser Heimweg dadurch noch erheblich verlängern wird. Dass wir in langen Bögen entlang der Bergrücken ein häufiges Auf und Ab werden bewältigen müssen - aber wir wollen einfach noch mehr. Auch, wenn wir jetzt schon 17 km Weg hinter uns haben: Die Lust auf neue Eindrücke ist noch da.
Ein Stückchen oberhalb des Hochalpensees sind wir schon wieder in einer völlig anderen, aber nicht weniger beeindruckenden Bergwelt unterwegs.
Der Wanderpfad ist zwar schmal, aber völlig unkompliziert zu gehen. Und das Panorama ist die gesamte Zeit über beeindruckend.
Und es stellt sich schnell heraus: Eine zwar mühsame, aber eine verdammt gute Entscheidung! Recht bald begegnen wir dem Hirten der Hochalmhütten, der auf seinem Cross-Motorrad die vielen hier grasenden Tierherden kontrolliert - und der für die nächsten rund vier Stunden der letzte Mensch sein, den wir sehen. Wir teilen diese überraschend sanfte und grüne Welt nur noch mit den hier im Hochgebirge grasenden Kühen, Schafen, mit Murmeltieren und Vögeln - und später auch einigen frei auf den Weiden lebenden Pferden.
Hier gehen wir auf ca. 2300 m auf dem Bergrücken des Flatschkofel und haben den Maurerkofel vor Augen. Deutlich kann man dort den etwas felsigen, schräg hinauf führenden Wanderweg erkennen.
Jeder Bergrücken erfordert es, einen weiten Bogen zu wandern und gerne auch mal 100 Meter gemächlichen Weg hinab zur Scharte zwischen den Bergen zu gehen - und dann am nächsten Berg gleich wieder hinauf zu wandern. Aber alles ist auch für mich kein großes Problem: Es gibt keinerlei ausgesetzte Stellen, dir mir zu schaffen machen könnten, keine steilen Abhänge, nichts dergleichen. Lediglich die insgesamt enorm lange Strecke fordert einen hier, Kondition ist gefragt. Aber wir sind ja eigentlich ganz fit.
Der Wanderweg, hier auf dem Flatschkofel, ist kaum zu verfehlen. Zudem ist er sehr eng mit den weiß-roten Markierungen versehen.
Und immer wieder gibt es Ausblicke, die mir als norddeutschem Flachländer schlicht ebenso unbegreiflich wie beeindruckend sind.
Insgesamt Eine tolle Wanderung, wie ein schöner Traum! Die wenigen Vögel zwitschern so laut, dass es einem fast in den Ohren schmerzt. Wäre dieser "Lärm" nicht, es läge wohl eine unwirkliche Stille über dieser einsamen Welt in direkter Nachbarschaft des Touristenzentrums Pragser Wildsee. Es ist kaum zu glauben, dass sich in ein paar Kilometern Luftlinie Entfernung die vielen Spaziergänger am Pragser Wildsee fast auf die Füße treten... Sollen sie doch - wir haben hier ein Reich fast ganz für uns.
Blick hinab von der Hochalpenrunde auf die Hochalmhütten (Fojedöra). Es zeigt sich noch einmal: Ein traumhaft schöner Ort in grandioser Umgebung!
Von weit oben werfen wir noch mal einen Blick hinab auf die Hochalmhütten (Fojedöra), die ja immerhin auf 2115 m über dem Meer liegt. Auch von oben wirkt sie idyllisch inmitten der gelb-grünen Wiese!
Hallo, Murmeltier! In einigen Gebieten unserer Wanderung begegnen wir ganzen Gruppen dieser putzigen Tiere. Bei uns herrscht dann immer große Freude und Begeisterung. Bei den Murmeltieren weiß man dies nicht so genau - aber neugierig sind sie immer.
Und immer wieder bewundere ich die Zähigkeit, mit der sich kleine Pflanzen und Blumen selbst in lebensfeindlichem, felsigem Gebiet durchsetzen.
Ein wirklich anrührendes Bild: Friedlich grasende Pferde auf 2300 m - und kein Zaun und keine Mauer weit und breit.
Auf dem langen Weg sind es immer wieder sowohl die großen Dinge, wie die grandiose Bergwelt um uns herum, als auch immer wieder die kleinen Dinge, die uns in ihren Bann schlagen. Wie die laut pfeifenden Murmeltiere, wie uns genauso neugierig beobachten, wie wir sie. Oder das fast wild lebende Rudel Pferde, die an den Hängen des Maurerkopfs grast. Immer wieder begeistert mich die Blumenwelt hier oben. Meist wirken die Pflanzen sehr zerbrechlich, und doch halten sie sich hier souverän in rauer Umgebung. Hier oben hat man das Gefühl - muss man das Gefühl haben, die Welt ist noch in Ordnung.
Das ist wohl der Maurerkopf, auf dem wir hier gerade unterwegs sind. Die Freude an dem Weg hält bei uns an, die Energie schwindet aber so langsam...
Als wir vorhin auf die Hochalpenrunde eingeschwenkt sind, hatten wir noch gedacht, vielleicht ja noch den einen oder anderen Gipfel "mitnehmen" zu können. Na, doch zumindest noch wenigstens einen der Gipfel zu "machen". Allzu aufwändig erscheint uns das eigentlich nicht: Die Gipfel von Flatschkofel, Maurerkopf und Hochalpenkopf sind alle um die 2500 m hoch - und wir bewegen uns hier ja beständig auf 2200-2300 m Höhe. Als wir hier jetzt allerdings unterwegs sind, müssen wir einsehen, dass dies heute für uns keinen Sinn macht. Zum einen dauert die Wanderung an sich schon länger, als wir vermutet hatten - es ist einfach ein langer Weg. Und zum anderen spüren wir langsam auch unsere "Knochen". Also heute keine weiteren Aufstiege mehr!
... also ist mal eine Pause angesagt! Und bei diesem Panorama mit Blick auf die "bleichen Berge" der Dolomiten setzt man sich doch gerne mal eine Weile auf den grasigen Boden.
Weithin sichtbar ist die kleine Mauer, die das "Pragser Furkel" in 2225 m Höhe markiert. Dort werden wir den Abstieg beginnen - nachdem wir siebeneinhalb Stunden lang auf über 2200 m unterwegs gewesen sind.
Die eine oder andere Pause wird inzwischen also mal nötig, so langsam merken wird die Anstrengungen des Tages. Als wir gegen 18:30 Uhr - nach über zehn Stunden Wanderung - das "Pragser Furkel" erreichen, werfen wir bedingt durch den mittlerweile tiefen Sonnenstand schon lange Schatten. Das "Pragser Furkel" ist das Joch auf 2225 m Höhe, von dem ab der Abstieg in das Pragser Tal beginnt. Bauern haben hier aus gesammelten Feldsteinen eine kleine Mauer errichtet, eine "Art Chinesische Mauer", wie unser Wanderführer es nennt.
Verblüffend steil blicken wir hinab ins Pragser Tal, zum Pragser Wildsee und auch zu unserer Urlaubs-Unterkunft. Schnell wird uns klar: Dieser Abstieg wird kein Zuckerschlecken! Es geht steil hinab, rund 800 Höhenmeter müssen wir runter zu unserer Unterkunft. Es ist jetzt bei dem steilen Weg hinab Konzentration für eine sichere Heimkehr nötig - nach insgesamt immerhin schon 10,5 Stunden Wanderung.
Hinein in den Schatten des Berges heißt es jetzt, nach 10,5 Stunden und bis hierher 23,4 km Wanderung. Der Weg hinab in Pragser Tal gestaltet sich zunächst ziemlich steil und wir müssen uns nach dem langen Weg mit geringen Steigungen erst wieder an die andere Gangart gewöhnen.
Wir treten hinein in den Schatten des Berges und schrauben uns hinab, zunächst etwas mühsam. Ein hartes, steiles Stück Weg - zumal, wenn man schon gut 23 km Weg in den Beinen hat. Es wird kühl im Schatten, wir ziehen trotz schweiß-treibenden Weges unsere Jacken über. Und doch: Weit, weit können wir hinein in das Pustertal schauen - wunderschöne Ausblicke, auch hier.
Als wir gegen 19:10 Uhr an den Hütten des "Alter Kaser" auf 1937 m Höhe ankommen, wissen wir, dass wir das steilste Stück des Weges hinter uns gebracht haben. Einige Zeit später landen wir dann auf einem Fahrweg. Der ist nicht mehr so steil und eine Zeitlang genießen wir es, mal richtig "ausschreiten" zu können, ohne bei jedem Schritt auf den Wanderweg achten zu müssen - aber so richtig Spaß macht der lange Extra-Weg durch die ständigen Serpentinen des Fahrweges uns dann doch nicht.
Auf dem Weg zu unserer Unterkunft erreichen wir irgendwann den Fahrtweg und freuen zu zunächst, einmal "frei" laufen zu können, ohne ständige Konzentration auf den Weg. Aber dann, nach einiger Zeit, lässt unsere Freude nach: Die Serpentinen auf dem Weg in Pragser Tal scheinen sich endlos hin und her zu winden.
Gegen 20:30 Uhr kommen wir dann "nach Hause", also wir erreichen unsere Ferien-Unterkunft. Eine Wanderung von 12,5 Stunden liegt hinter uns mit 28,7 km Wegstrecke sowie jeweils insgesamt ca. 1500 Höhenmetern im Aufstieg und im Abstieg (also rund 3000 gelaufene Höhenmeter). Nicht nur mein Höhenrekord wird heute gebrochen, sondern auch die von der Zeit her längste Wanderung haben wir gerade absolviert. Und dabei haben wir uns allein 8,5 Stunden ohne Pause auf einer Höhe von über 2000 m bewegt. Wenn man aus dem norddeutschen Tiefland kommt und erst vor wenigen Jahren Bergwanderungen kennengelernt hat (im Oberallgäu) - dann ist das schon eine außergewöhnliche Erfahrung!
Auch, wenn die Wanderung anstrengend gewesen ist und wir die letzten Meter zugegebenermaßen richtig erschöpft sind, ist es insgesamt doch ein absolut traumhafter Weg! Und zwar so traumhaft, dass wir große Teile der Hochalpenrunde gegen Ende unseres Urlaub gleich noch einmal gehen. Dann allerdings in anderer Richtung: Als erstes hinauf zum Pragser Furkel - und daran angeschlossen dann die große Hochalpenrunde. Allerdings, ohne den Piz da Peres noch einmal zu besteigen oder auch einen anderen Gipfel. Das Wetter ist an dem Tag einfach zu ungewiss - wir müssen der Gewittergefahr Tribut zollen, der zum Beispiel auch die angestrebte Erwanderung des Hochalpenkopfes zum Opfer fällt.
Neben dem überwältigenden Panorama auf dem Weg gibt es noch etwas Schönes an diesem Weg: Er erfordert wegen der Länge und den Höhenmetern zwar ein klein wenig Kondition, hat aber keinerlei technisch schwierigen Passagen. Ich selber habe in den Bergen ja zuweilen mit Höhenangst zu tun, aber das war auf diesem Weg nirgendwo ein Problem. Es gibt keine ausgesetzten Stellen oder irgendwie gefährliche Passagen. Gut für mich - ich konnte jeden Meter genießen. Lediglich der etwas steile Abstieg in den Schatten vom Pragser Funkel hinab erforderte nach dem langen Weg erforderte eine etwas erhöhte Portion Konzentration.
Aber auch ansonsten haben wir noch schöne Ziele in der Umgebung erwandert. Auf nicht sooo ausgiebig langen Wanderungen, nicht so hohe Berge. Aber immer sind alle Wege hier in der Region mit grandiosen Aussichten auf die Bergwelt der nördlichen Dolomiten verbunden. Sei es vom Kühwiesenkopf (2140 m), Suiskopf (2052 m) oder mit eindrucksvoller kultureller Veranstaltung auf dem Strudelkopf (2307 m), ein Berg mit vielen Relikten des entsetzlichen Alpenkriegs während des Ersten Weltkriegs.
Die Dolomiten: Eine wunder-wunder-wunderschöne Welt - zum Dort-sein und zum Wandern. Und wahrscheinlich auch zum Mountainbike-Fahren. Unsere Idee allerdings, unsere Rennräder mit ins Pragser Tal zu bringen, ist nicht wirklich die allerbeste. Eigentlich gibt es zum Rennrad-Fahren in der näheren Umgebung nur den wirklich schönen Pustertal-Radweg. Ansonsten kann man sich noch auf öffentlich und teilweise sehr stark befahrenen Straßen steile bis sehr steile Wege hinaufschrauben zum Pragser Wildsee oder zur Plätzwiese. Oder den langen Weg nach Cortina d'Ampezzo. Letzteres ein Beispiel dafür, dass die Straßen uns meistens viel zu stark mit Autos befahren sind. Aber den Pustertal-Radweg habe ich natürlich erkundet. Er ist sehr gut und zumeist sehr einfach zu fahren, eine kleine Beschreibung des rund 100 km langen Pustertal-Radwegs folgt später noch.
Insgesamt jedoch steht eines für uns fest: Südtirol und die Dolomiten haben wir nicht zum letzten Mal besucht. Da gibt es einfach noch so viel zu viel zu entdecken!
Social Bookmarks:
Twittern
Meine Buch-Empfehlungen:
Dirk Matzen
(Abdruck oder Nutzung von Text und/oder Bildern - auch in Teilen! - nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors!)