"Die Welt zu Gast bei Freunden"
Fußball-Weltmeisterschaft 2006
  in Deutschland

Eine Bilderserie über die Fußball-WM 2006 mit persönlichen Eindrücken
  mit 50 Bildern, Juni / Juli 2006



WM Stadion Hamburg, Spiel Ecuador - Costa Rica

Die AOL-Arena in Hamburg, pardon: das WM-Stadion Hamburg, vor dem Spiel Ecuador - Costa Rica.

 

Als lebenslanger Fußball-Fan war meine Freude groß, als ich Jahre vor dem Ereignis hörte, dass die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland stattfinden solle! Toll! Als dann auch klar wurde, dass meine Heimatstadt Hamburg zu den Austragungsorten gehören würde, war ich wirklich begeistert! Eine WM direkt vor der Haustür - ein Traum wird wahr! Einmal mit dem Fahrrad zur Fußball-WM radeln...

Aber dann: Das Drama um die Vergabe der Eintrittskarten haben viele ja sicherlich noch in Erinnerung. Bei jeder Runde der Verlosungen bin ich dabei, der Frust ist schon riesengroß - als ich in der letzten Runde der Verlosungen doch tatsächlich Glück habe: Meiner Bereitschaft, einen exorbitant hohen und Grenzen sprengenden Preis zu bezahlen, ist es zu verdanken, dass ich ein paar Wochen vor Beginn der WM doch tatsächlich eine Karte für eines meiner "Wunsch-Spiele" in Hamburg in Händen halte: Ecuador gegen Costa Rica - lateinamerikanisches Flair pur im Norden Deutschlands!

Direkt vor dem Beginn der WM heißt es allerdings zunächst einmal: Raus aus dem WM-Land, 14 Tage beruflicher Einsatz in Ankara. Dort interessiert man sich für die Fußball-WM inetwa so sehr, wie man sich in Deutschland üblicherweise für eine Baseball-WM interessiert: Nämlich gar nicht! Die Türkei hat sich nicht qualifiziert, also schaut kein Mensch auf die Fußball-WM in Deutschland. Also geht der ganze Rummel im Vorfeld völlig an mir vorbei. Mein Hotelzimmer in Ankara bietet mir einen einzigen deutschen Fernsehsender: RTL. Hin und wieder höre ich dort in den seltenen Nachrichtensendungen dürre Vorberichte über die WM - mehr nicht. Der in "meinem" geliebten Millerntorstadion ausgetragene FIFI-Wild-Cup mit Nationen ohne offizielle Nationalmannschaften (Tibet, Grönland, Sansibar, Nordzypern, Republik St. Pauli) findet z.B. nie irgendwo eine Erwähnung. Schade!

Und doch sorgte RTL dafür, dass ich dann kapiere, hoppla, es wird ernst mit der WM! Am 1.6. sorgten die Frühnachrichten dafür, dass ich plötzlich senkrecht im Bett stehe. Es gab ein paar Bilder von dem Testspiel "meines" Regionalligisten FC St. Pauli gegen Trinidad & Tobago (1:2) vom Vorabend - begleitet von warmen Worten, dass das allergrößte Spektakel der Vor-WM-Zeit am Hamburger Millerntor stattgefunden habe. Eine Riesenparty im ausverkauften Stadion sei das gewesen. Nanu - das Spiel habe ich über meinen Einsatz hier ja schon ganz vergessen. Aber, ausverkauftes Haus bei einem Freundschaftsspiel nach Saisonende? Was ist denn da los daheim?

Na, jedenfalls passt es dann gut, dass der Deutsche Botschafter in Ankara im großen Stile zum Eröffnungsspiel Deutschland gegen Costa Rica (4:2) zu einem Einweihungsfest in den riesigen Garten der Botschaft geladen hat. Dort habe ich dann am 9. Juni mein erstes, nun ja "semi-public" Viewing. Zuschauer aus vielen Ländern sind in der Botschaft zusammengekommen und einige türkische Fernsehteams dokumentieren dann doch ein gewisses Fußballinteresse in der Türkei. Und nie hätte ich gedacht, dass es in der deutschen Botschaft einen solchen Jubel bei den beiden Toren GEGEN das deutsche Team geben könne! Nach dem erwarteten, flotten deutschen Sieg gegen Costa Rica entschwinde ich zügig in mein nicht weit entfernt liegendes Hotel - die aufziehenden Gewitterwolken waren bedrohlich und das zweite Spiel (Polen gegen Ecuador) kann ich ja im Hotel gucken. Dachte ich. Aber nein: Auf den ca. 50 türkischen Fernsehsendern rollt nirgendwo der Ball. Nicht einmal das Ergebnis kann ich irgendwo erhaschen. WM-Feeling geht anders...

 

WM2006, Public-Viewing in der Deutschen Botschaft in Ankara

"Semi-Public"-Viewing im Garten der Deutschen Botschaft.

 

Tags darauf geht es zurück nach Hamburg - und es gibt gleich das zweite "semi-public" Viewing, diesmal auf dem Flughafen in Wien, wo vor aufgestellten Großbildschirmen vor allem Briten das Spiel England gegen Paraguay verfolgen. Und das, natürlich, fluchend! Obwohl sie gewinnen (1:0), fluchen sie unzufrieden weiter, die Leistung des englischen Teams war aber auch lausig! In dem (winzigen!) Flugzeug aus Wien sitzt jemand, der aussieht wie ein Spieler der argentinischen Nationalmannschaft (in Trikot, Sporthose, Stutzen - allerdings nicht mit Fußballstiefeln) - und mir fällt ein: Ach ja, es findet ja das erste Spiel in Hamburg statt, Argentinien gegen die Elfenbeinküste.

Gut zwei Stunden später bin ich dann im heimischen Hamburg und es trifft mich der Schlag: Deutsche Fahnen überall! An Häusern, an Fenstern, an Masten, an Autos, an Menschen, einfach überall! Was ist denn hier passiert? Sind hier alle verrückt geworden? Neuer Nationalismus? Mir gefällt das erstmal gar nicht - und bleibt mir auch bis zum Ende der WM nicht wirklich geheuer. Besonders, weil pausenlos und mit großer, sehr deutscher Verbissenheit darauf hingewiesen wird, dass man doch sooo entspannt mit den deutschen Farben umgeht. Allein diese pausenlosen Hinweise nerven bis zum Schluss kolossal und zeigen: Nein, es gibt keinen Hauch von Entspanntheit! Ein Türke würde im Traum nicht auf die Idee kommen, auch noch zu erklären, warum er zum Feiertag eine türkische Fahne aus dem Fenster hängt und dass er das völlig normal findet - dort IST es schlicht normal, und fertig.

WM2006, Deutsche Fahnen an Gebäuden

Nach zwei Wochen im Ausland zurück in Hamburg, und plötzlich ist daheim alles anders. Alles voller deutscher Fahnen... Sonderbar!

 

 

 

Und trotzdem gibt es eigentlich nichts zu meckern - mein erstes öffentliches Fußballgucken in Deutschland beim Spiel Argentinien gegen die Elfenbeinküste auf den Bildschirmen der Kneipe um die Ecke gestaltet sich angenehm - viele Leute haben den Weg hierhin gefunden und haben ihren Spaß. Allein die Nerven der Bedienung halten dem Andrang offenkundig nicht stand. Mir fällt auf: Nie zuvor habe ich so viele Frauen auf Bildschirmen Fußball gucken sehen! Was ist bloß los hier? Ich bin nach 14 Tagen in ein fremdes Land heimgekehrt.

Tags darauf kommt dann aber der Hammer, der mich erst richtig infiziert! Geistig nach den beiden Wochen Ankara noch ein wenig in einer Art Zwischenwelt zwischen Orient und Okzident angesiedelt, raffe ich mich auf, gemeinsam mit meiner Tochter das FIFA-Fanfest auf dem Hamburger Heiligengeistfeld in Augenschein zu nehmen. Unsere Erwartungen sind zuvor eher minimal. Ich erwarte irgendwo in der Ecke eine Leinwand und ca. 10.000 Bier- und Bratwurststände mit 500 Leuten drum herum. Mein Gedanke zuvor: Große Feste in Hamburg sind doch eigentlich immer nur tumbe und kulturlose Fress- und Sauffeste! Was mich dann jedoch auf dem Fanfest erwartet, überwältigt mich geradezu: Eine riesige Riesenleinwand und drumherum schafft ein Halbkreis, sogar mit Tribünen, eine großartige Stadionatmosphäre! Mit Fangruppen und Anfeuerung, wie im richtigen Stadion. Gänsehaut-Atmosphäre! Toll! Grandios gelungen! Die WM in Deutschland - sie wird mich mitreißen, keine Frage!

 

WM2006, "Fan Beach Club"

Nicht nur beim "Fan Beach Club" geht es entspannt zu.

WM2006, FIFA-Fanfest-Hamburg

Ein Glücksfall: Das Wetter spielt fast die ganze Zeit mit!

WM2006, Fanfest Heiligengeistfeld

Das Heiligengeistfeld in Hamburg-St. Pauli erweist sich als idealer Standort für das Fanfest.

 

Nicht zum letzten mal während der WM staune ich, wie ungeheuer viele Besucher aus den jeweils spielenden Ländern hier zusammen kommen. Nie hätte ich gedacht, dass soo viele Mexikaner und Iraner in Hamburg überhaupt leben, geschweige denn zum öffentlichen Fußballgucken aufbrechen. Auf einer Tribüne die Mexikaner, auf einer anderen die Iraner - und es geht genau wie in einem Fußballstadion zu. Auch zum Staunen: bei brüllender Hitze haben bestimmt 30.000 Leute (laut Zeitung) den Weg zum Heiligengeistfeld gefunden, um sich das Spiel Mexiko gegen Iran anzuschauen - ja nicht unbedingt das Spiel der größten Publikumsmagneten. 30.000! Ich bin fassungslos, lasse mich aber von der Stimmung anstecken. Ja, jetzt ist die WM auch bei mir angekommen. So richtig!

In den folgenden Tagen heißt es immer wieder: Ab zum FIFA-Fanfest! Mal mit Freunden, mal noch nach Feierabend eben auf ein Bier mit etwas internationalem Flair beim Fußball. Mal werde ich nicht reingelassen, weil ich ein paar Brötchen für das Abendessen im Rucksack habe - dann geht man eben zur "Casa St. Pauli" direkt nebenan, im Vereinsheim des FC St. Pauli. Auch das sehr schön gelungen! Das Wetter spielt mit, das Drumherum des FIFA-Fanfestes mit den von jedem teilnehmen Land gestalteten Pavillons, mit Kultur, Spiel und Aktionen dabei - es bringt einfach nur Spaß! Insgesamt ist das FIFA-Fanfest ohne jeden Zweifel die gelungenste Massenveranstaltung, die ich in Hamburg bisher überhaupt erlebe. Und dort wird genau das ganz praktisch gelebt, was jahrelang in Bezug auf die Fußball-WM propagiert worden war: Dort ist die Welt zu Gast bei Freunden. Alle sind herzlich willkommen! Alles ist friedlich und voller entspannter Sympathie! Ein Traum von der besseren Welt! Ausgerechnet durch Fußball in Deutschland?

 

WM2006, Achtelfinalspiel England - Ecuador

Beim Achtelfinalspiel England - Ecuador, das England mühsam mit 1:0 gewinnt.

WM2006, FIFA-Fanfest Hamburg und Millerntor-Stadion

Im Hintergrund die Flutlichtmasten des Millerntor-Stadions des FC St. Pauli.

WM2006, Polizei auf dem FIFA-Fanfest

Die Polizei auf dem Fanfest: Nix zu tun - und trotzdem keine lange Weile. Is ja Fußball!

WM2006, FIFA-Fanfest Hamburg

Werden hier die ausgeschiedenen Mannschaften direkt zum Mond geschossen?

WM2006, Manfred Kaltz beim Fanfest Hamburg

Hamburger Fußballgrößen auf dem FIFA-Fanfest: Manfred Kaltz auf der Bühne...

WM2006, Frankreich-Fans nach Final-Einzug

Glückliche Fans aus Frankreich nach dem 1:0-Halbfinal-Sieg gegen Portugal am 5. Juli. Frankreich ist im Finale!

 

Doch dann ist auch schon der 15. Juni - der Tag meines persönlichen WM-Besuchs. Zur Feier des Tages (und weil es bei einer Anstoßzeit um 15 Uhr eh gar nicht anders geht) habe ich einen Tag Urlaub genommen, die Tochter braucht dem Schul-Unterricht heute auch nicht bis zum Ende folgen. Es geht aufs Rad, in einer guten Viertelstunde zur AOL-Arena, zu "unserem" WM-Spiel Ecuador gegen Costa Rica. Rechtzeitig sind wir am Stadion, um von Anfang an alles "aufsaugen" zu können. Tatsächlich, man kann sich durchaus wie in Lateinamerika fühlen, jeweils etliche tausende haben ihre Teams begleitet. Man sieht vieles im Stadion, was man beim "normalen Fußball" nicht sieht und nur aus dem Fernsehen kennt. Viele, nun ja, "verrückte Vögel" machen das Spiel zu einem internationalen Fest. Aus der Ecke Costa Ricas wird es beim Spiel allerdings recht bald ruhig, Ecuador ist einfach deutlich stärker und gewinnt zu Recht 3:0. Über einige Ärgernisse rund um die Spiele ist viel berichtet und geschrieben worden (z.B. unverschämte, exorbitante Preise für die sehr mittelmäßige Verpflegung), aber mein persönliches Ärgernis ist viel nachhaltiger: Ich habe vergessen, Ersatzakkus für meine Kamera mitzunehmen, so dass schon vor Beginn des Spiels keine Fotos mehr möglich sind... Strohdoof und unverzeihlich!

 

WM2006, Fans aus Ecuador

Fans aus Ecuador verbreiten Südamerikanisches Flair und gute Laune.

WM2006, Verbotsschild

Das Mitbringen von Klopapier ist ebenso verboten wie Nazisymbole. Immerhin!

WM2006, Fans aus Ecuador

Ecuador Fans vor dem Spiel...

WM2006, Costa Rica-Fans in Verkleidung

Witzbolde am Werk - wer steckt dann da plötzlich im Trikot von Costa Rica?? Ronaldinho für Costa Rica, das wär's doch!

WM2006, Fans bunt durcheinander im Stadion

Anders als beim deutschem Fußball: Man lässt ganz entspannt zu, dass die Fangruppen sich bunt mischen und verzichtet auf eine rigide, polizeikontrollierte Fantrennung. Gut so!

WM2006, exotischer Ecuador-Fan

Ein Ecuador-Fan feuert sein Team schon beim Warmmachen an. Es hilft: Ecuador gewinnt 3:0.

 

Das Achtelfinalspiel Spanien gegen Frankreich (1:3) am 27. Juni "erlebe" ich dann auf der großen, großen, hochgejubelten Fanmeile in Berlin - und bin total entsetzt! Die Fanmeile in Berlin, auf der Straße des 17. Juni vor dem Brandenburger Tor beginnend, ist einfach nur groß, bombastisch, Sauf- und Fressbuden drängen von links und rechts, alles ist voller Müll, vor allem Plastikbecher (in Hamburg zieht man das Pfandsystem bei Bechern konsequent durch), es verlieren sich bei dem Spiel ohne deutsche Beteiligung gerade mal ein paar hundert Leute vor den diversen Leinwänden. Beim Eingang werde ich wie ein Verbrecher penibel durchsucht und habe schnell vergessen wollen, was mir aus meinem Reisegepäck aus Sicherheitsgründen alles abgenommen und dem Müll zugeführt werden muss... Die Fanmeile Berlin ist doof, grauenhaft! Sie hat nicht den Hauch von der charmanten Stadionatmosphäre in Hamburg - und nach einer guten Viertelstunde bin ich dann mit meiner Begleiterin auch fluchtartig abgezogen.

Das Viertelfinale Deutschland gegen Argentinien am 30. Juni nehme ich zum Anlass, um mal ausführlich in meinem Hamburger Viertel Eimsbüttel zu schauen, was hier wohl während eines solchen wichtigen Spieles passiert. Kurz gesagt: Alles ist menschenleer, alles! Nur vor den Kneipen, die Bildschirme haben drängen sich wahre Menschenmassen. So ähnlich muss es 1954 gewesen sein: Wer einen Fernseher hatte, hatte gewonnen! Wo kein Fernseher ist, ist auch (fast) kein Mensch! Alles ist eine große WM-Party!

Und: Genau das Gefühl ist keinesfalls das, was ich mit Fußball verbinde. Fußball = 100% Party? In 40 Jahren bewusstem Fußballguckens passt für mich in dieser Formel etwas nicht. Meine Formel heißt eher: Fußball = 10*Leiden² + 99% Leidenschaft + 1/10*Glück. Vielleicht ist das der Grund, warum ich der hemmungslosen Begeisterung und der Dauer-Party-Feierei bei der WM zuweilen etwas, nun ja, reserviert gegenüberstehe. Fußball und doch keine Party! Fragen Sie mal jeden Dorfverein...

Aber die WM ist etwas völlig anderes, als der gewöhnliche Fußball, so wie ich in kenne - und eben drum ist sie toll! Dieses internationale Flair hat man in Deutschland so bisher wohl nur selten erlebt, vielleicht zuletzt bei den Olympischen Spielen 1972 in München.

 

WM2006, vor der Kneipe "Old MacDonnell"

... vor dem "Old MacDonnell"...

WM2006, Fernseher vor einem Imbiss

Auch der kleinste Imbiss schafft es, mittels eines Fernsehers Publikum anzuziehen.

WM2006, privates Fernsehen auf dem Gehweg

Auch viele Privattreffen werden kurzerhand auf die Straße verlegt.

WM2006, Leere Osterstraße während Deutschland-Spiel

Freitags, 17:40 Uhr, Osterstraße in Hamburg-Eimsbüttel bei bestem Wetter. Normalerweise drängen sich hier zu dieser Zeit massenhaft Wochenendeinkäufer...

WM2006, Andrag vor Kneipe

Einen solchen Andrang erleben Hamburgs Kneipen nicht oft.

WM2006, Spiel Deutschland gegen Argentinien

... doch das Zittern geht noch lange weiter durch Verlängerung und Elfmeterschiessen.

 

Und dann ist der an Hysterie grenzende deutsche, manchmal schon deutschnationale, Taumel schlagartig vorbei! Den Italienern sei Dank: Alle bleiben doch auf dem Boden. Und viele müssen, offenkundig schmerzhaft, lernen: Zum Fußball gehört eben auch das ganz fiese und gemeine Verlieren! Mein Eindruck: Für viele Neu-Fußball-Fans ist die Erkenntnis völlig neu und unerwartet. Und die Niederlage gegen Italien kommt ja tatsächlich auf sehr bittere und fiese Weise zustande - alle erwarten schon das Elfmeterschiessen, als die insgesamt etwas besseren Italiener sehr plötzlich noch zwei Tore zustande bringen, die keiner mehr erwarten konnte.

"Unsere" Jungs haben sich großartig geschlagen, seit 1974 habe ich nicht mehr eine solche Sympathie für die viele Jahren hochnäsige und arrogante deutsche Fußball-Nationalmannschaft empfunden. Wer weiß, wozu es gut ist, dass sie noch nicht den ganz großen Triumph eingefahren haben - sie werden daran wachsen, kein Zweifel! Unpassend zum gesamten WM-Rahmen finde ich, was mir an Mails in meine Mailbox trudelt und mir vereinzelt zu Ohren kam. Von "Rache" an den Italienern ist die die Rede, wie man jetzt möglichst effektiv die Italiener in der Umgebung ärgern und demütigen solle etc. Nun, immerhin kommt niemand auf die Idee, die Bundeswehr in Bewegung zu setzen.

Die Welt zu Gast bei Freunden - offenbar ist man doch nur so lange "Freund", so lange man das bessere Ende für sich hat?

Nein, das kann man so krass nun auch nicht sagen - auch wenn es absonderliche Auswüchse bei Einzelnen gab. Der deutschen Mannschaft und dem tollen Stuttgarter Publikum bietet sich jedenfalls die Möglichkeit, mit dem phantastischen Spiel um den dritten Platz, sonst immer eher ein gelangweiltes Gegurke von zwei Verlierern des Halbfinales, dem Turnier noch eine Krone aufzusetzen. Das ist kaum im Finale zu toppen.

Aber als guter Gastgeber läßt Deutschland den Gästen den Vortritt auf die ganz große Bühne: Das Finale in Berlin. Das erlebe ich auch in Berlin - wenn auch, natürlich!, nicht im Stadion, sondern ganz gemütlich, in einem Café auf einem Schiff in Kreuzberg. Tja, ein Finale ist eben immer eine Nervensache, der eine oder andere verliert diese dann umso leichter - und guter Fußball entsteht bei solchen Finals eher selten. Und: Dass man die Entscheidung in dem Finale einer Fußball-Weltmeisterschaft nicht in einem Wiederholungsspiel, sondern in der Lotterie eines schnöden Elfmeterschießens sucht - das ist wahrscheinlich ein Zugeständnis an das Fernsehen, aber genau das werde ich nie verstehen können...

 

WM2006, Zuschauer beim Public Viewing des Finales

Auf der "Van Loon". Ersichtlich ist vielleicht der Schlüssel zu dem insgesamt tollen und stimmungsvollen WM-Fest: Wohl noch nie zuvor sind so viele Frauen wie bei dieser WM zum Fußballgucken gekommen!

 

 

 

 

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Dirk Matzen

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