Meine Empfehlungen
im Internet:
Die Vattenfall-Cyclassics 2009 nach einigen Kilometern des 55-Kilometer-Rennens auf dem Weg zur Brücke am Holstenkamp.
Es ist immer wieder ein tolles, spektakuläres Sport-Ereignis in Hamburg: Die Vattenfall-Cyclassics, früher mal als HEW-Cyclassics ins Leben gerufen. Ein Radrennen, quer durch Hamburg und um Hamburg herum. Das Besondere an dem Rennen: Nicht nur weltberühmte Profis rasen ungezügelt über Hamburgs Straßen, nein, alle können dabei sein. Das Profi-Rennen, das mittlerweile bedeutendste Tagesrennen Deutschlands wird umrahmt von Hobbyrennen, zu denen sich alle anmelden können, die gerne mitfahren wollen.
Im Jahr 2009 haben rund 22.000 Hobby-Rennfahrer hiervon Gebrauch gemacht. Hierfür stehen dann gleich drei Strecken zur Verfügung: Man kann sich über die Entfernungen 55 km, 100 km und gar 155 km ausprobieren. Allerdings ist es keineswegs so, dass dort nun jeder mit seinem alten Holland-Rad gemütlich mitradeln kann. Nein, ein gewisser Anspruch an die Mitfahrenden ist vorhanden: Man muss schon eine mittlere Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometer radeln - auf der "kurzen" 55 km-Strecke. Und je länger die Strecke, um so schneller muss man im Schnitt sein (100 km: 26 km/h, 155 km: 31 km/h)! Schafft man die Mindestgeschwindigkeit nicht, wird man am Ende des Feldes vom "Besenwagen" nebst seiner Begleiter eingesammelt und (notfalls auch mit Hilfe der Polizei) zur Beendigung des Rennens gezwungen. Dies ist allerdings keine reine Schikane, sondern es ist schlicht so, dass es ein Rennen sein soll und nicht zu einem Familienausflug verkommen soll. Und schließlich muss die Straße ja auch rechtzeitig für das folgende Profi-Rennen wieder frei und komplett gesichert sein.
Genau diese Bedingung sind es aber, die dafür sorgen, dass ich selber nun einmal NICHT an dem Rennen teilnehme! Mein altes und ziemlich aufgebrauchte City-Fahrrad (ich nenne es mehr, nein, eher minder liebevoll "Gurke") bringt mich zwar recht zuverlässig zu meiner Arbeitsstelle und erreicht dabei auch schon mal 25 km/h Spitzengeschwindigkeit. Aber das sogar über mehr als zwei Stunden? Das möchte ich der Gurke einfach nicht zumuten! Meine Beine, also - die hätten damit natürlich überhaupt kein Problem! Ganz sicher!
Also bin ich einer von denen, die dann an einem schönen Sonntagmorgen um Viertel vor Acht im heimischen Eimsbüttel an der Straße stehen - und wie alle je nachdem gucke, klatsche oder fotografiere. Der Ort ist etwa vier Kilometer nach dem Start, der in mehreren Blöcken erfolgt. Es dauert rund eine Stunde bis alle Fahrer der 55 Kilometer-Strecke an mir vorbeigerollt sind! Das ist durchaus beeindruckend. Den Radlern gehören die gesperrten Straßen in dieser Zeit komplett - auch schön!
Im Verlaufe des Tages findet man mich allerdings gerne auch an anderen Standorten. Das Rennen der Profis jedoch schenke ich mir seit einigen Jahren. Die wahren Helden sind für mich die Hobby-Radler - und hier natürlich ganz besonders diejenigen, die die Wahnsinns-Irrsinns-Strecke von 155 km zurücklegen (wofür - ich betone es noch einmal - gar ein Schnitt von 31 km/h gefordert ist: exakt fünf Stunden Zeit! Für 155 km auf dem Rad! Ein Wahnsinn!)...
Die Fruchtallee in Eimsbüttel, Sonntags morgens um sechs Minuten vor acht: Da kommt das Spitzenfeld des 55 Kilometer-Rennens nach genau drei Kilometern. Professionell die Begleitung durch Polizeimotorrädern und Lautsprecherwagen.
Eine ganze Strasse voller flotter Radfahrer -
was für ein tolles Bild!
Radfahrer überall: Vorne die Rennfahrer des 55-Kilometer-Rennens, die schon unterwegs sind, in der Mitte ein privater Radler, der gerne die Straße überqueren würde (längere Zeit aussichtslos!), und hinten einige Rennfahrer auf dem Weg zum Start - der in mehreren Blöcken über rund eine Stunde lang, bei den längeren Strecken sogar über einen noch längeren Zeitraum erfolgt. Allerdings in Richtung Süden.
Und Tatsache - da radelt "Iron Calli" durch Eimsbüttel: Reiner Calmund, auf seinem extra für dieses Rennen zugelassenen Dreirad, zusammen mit seinem "Personal Trainer" Joey Kelly. "Calli" war übrigens ausgesprochen gut drauf und trotz der kleinen Steigung gut bei Puste. Die Zeit des Vorbeifahrens reichte natürlich auch, um den hier stehenden ca. zehn Zuschauern ganz redselig zwei Sätze zuzurufen... Und er schaffte es souverän ins Ziel: Respekt, Respekt!
Auf dem Weg zum Eimsbütteler Marktplatz. Das nahe Hintereinanderfahren in größerer Geschwindigkeit sollte durchaus geübt sein!
Schon nach wenigen Kilometern gibt es die ersten kurzen Stopps, um sich gute Wünsche abzuholen.
Wer mit einem solchen Fahrrad die Cyclassics fährt, kann sich der Begleitung durch das Fernsehen sicher sein!
Es ist doch einfach kaum zu fassen: Zahlreiche Autofahrer können es einfach nicht lassen, und müssen doch unbedingt die Strecke queren! Man hört ebenso viele böse wie dumme Worte, wenn jemand in einem Auto mal ein paar Minuten warten muss! Von der Polizei kunstvoll organisiert dürfen dann immer wieder mal ein paar bei den kleinen Pausen zwischen dem Durchfahren der Startblocks die Rennstrecke queren. Wie sonderbar, dass Autofahrer immer denken, die Straße sei immer nur für sie allein da. Hat Dummheit vier Räder?
Ein weiterer Startblock rauscht vorbei.
Von vielen Zuschauern wird fleißig geklatscht.
Nach vier Kilometern auf der seichten Brücke am Holstenkamp...
... kommen einige schon ins Schnaufen. Trotzdem: ein beeindruckendes Bild.
Die Polizei hat Großeinsatz und ist überall an der Strecke zu finden.
55-Kilometer-Rennradler im Spiel von Licht und Schatten.
Ist es nicht toll, mal die komplette Straße für sich ganz allein zu haben? Ansonsten tobt hier an der Kreuzung Kieler Straße / Eimsbütteler Marktplatz / Holstenkamp der Autoverkehr! Man muss aber auch auf der Hut und nicht zu langsam sein, denn sonst kommt...
... der Besenwagen neben einer ganzen Kolonne an Lieferwagen und Bussen. Die sammeln einen einfach ein, wenn man zu langsam ist.
10:28 Uhr in Eimsbüttel: Die - für mich - überraschend große, ja, riesige Spitzengruppe des 155 Kilometer-Jedermann-Rennens kommt rasant angebraust! Meine Ehrfurcht vor diesen spitzenmäßigen Amateursportlern ist kaum auszudrücken, haben sie zu diesem Zeitpunkt doch schon zweieinhalb Stunden Rennen mit fast 104 Kilometern in den Beinen!
Das Feld des 155-Kilometer-Rennens ist aber insgesamt
weit auseinander gezogen.
Mit so wenigen Autos - so gefällt mir sogar die Fruchtallee! Meinetwegen könnte jeden Tag ein Radrennen dort sein.
Auch hier: Vorfahrt fürs Rad unter polizeilicher Aufsicht.
Immer wieder tauchen versprengte Grüppchen auf, die sich gemeinsam durch die Strecke kämpfen. Hier an der U-Bahn-Station Christuskirche...
... und hier in dem kurzen Stück Bundesstraße zwischen Edmund-Siemers-Allee und An der Verbindungsbahn.
Ein achtlos herumstehender Karton mit Anfeuerungsrasseln des Hauptsponsors Vattenfall. Offenbar wollte niemand diese Rasseln, noch Wochen später sah ich auf meinem Arbeitsweg genau den Karton noch an der gleichen Stelle stehen. Ob die Verachtung für diese Vattenfall-Rasseln mit den zahlreichen Pannen in deren Atomkraftwerk Krümmel zusammenhängt, war nicht herauszufinden.
Die 100-Kilometer-Rennfahrer in der Nähe Hauptbahnhofs. Sie hatten bis zum Ziel noch eine kleine Schleife zurücklegen, dann hatten sie es geschafft.
100-km-Fahrer am Ballindamm...
... und in der Kurve auf den Jungfernstieg.
Die letzten paar hundert Meter auf der Zielgeraden, der Mönckebergstraße. Prachtvoll im Hintergrund das Hamburger Rathaus.
Die Masse der 100-km-Radler mischt sich hier mit den ersten 155-km-Radlern.
Gute Zuschauerplätze sind heiß begehrt! Und insgesamt herrscht ein Lärm, dass sich der sitzende Junge besser die Ohren zu hält.
100 Meter vor dem Ziel. Das Tempo fast aller Fahrer erschien mir in der Enge der Straße fast beängstigend hoch. Aber wahrscheinlich ist der Adrenalin-Kick auf den letzten Metern einfach zu gigantisch!
Die Ankunftszeiten im Ziel werden umgehend ausgehängt und finden großes Interesse bei den Aktiven.
Währenddessen kommen pausenlos immer weiter Jedermann-Rennfahrer die Zielgerade entlang.
Die meisten Zuschauer sind hier auf dem Jungfernstieg schon längst von Dannen gezogen - aber auch sie hier schaffen es, dem Besenwagen zu entkommen und nach 100 Kilometern nonstop radeln ins Ziel zu kommen. Alle Achtung!
Es ist in diesem Jahr nicht das erste Mal, dass ich mir ein Jedermannrennen bei den Cyclassics anschaue. Aber - oha! - diesmal passiert etwas mit mir! Diesmal beschließe ich, es selber auch einmal auszuprobieren - und zwar im kommenden Jahr. Und zwar in Berlin - beim Velothon 2010. In der Bundeshauptstadt sind nicht ganz so viele Leute unterwegs, wie hier in Hamburg - etwas halb so viele drehen dort die sportliche Runde durch die Stadt.
Und in der Tat, ich kann es nicht lassen und probiere mich erstmals als Jedermann-Radrennfahrer aus. Mein Bericht über mein Erlebnis beim Velothon 2010 in Berlin findet sich hier.
Social Bookmarks:
Twittern
Meine Buch-Empfehlungen:
Dirk Matzen
(Abdruck oder Nutzung von Text und/oder Bildern - auch in Teilen! - nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors!)