Radfest "Rund um Buckow" 2012:
  Tolles Radrennen in der Märkischen Schweiz!

Ein Erlebnisbericht zum Hobby-Radrennen in Buckow
  Mai 2012, mit 13 Bildern



Rund um Buckow 2012, Start 78 km Rennen

Nach einer Runde Fahrt jagt das große Spitzenfeld des Jedermannrennens über 78 km durch Buckow.

"Mensch, ich bin zum ersten Mal ein richtiges Radrennen gefahren!" sind meine ersten Worte, als ich im Ziel meine ebenfalls bei dem Rennen mitfahrende Liebste wiedertreffe. Begeistert war ich von "Rund um Buckow 2012", das Rennen hat hat mir richtig Spaß gemacht! Und der Hauptgrund dafür: Es ist ein relativ kleines und übersichtliches Radrennen. In einem netten Rahmen. Mit Sonne und fünf bis zehn Grad mehr wäre es fantastisch gewesen!

Ein Jahr zuvor hatte es sich schon ergeben, dass wir beide schon mal eher zufällig als Zaungäste zugeschaut hatten, als die Hobbysportler ihre Runden durch den Ort Buckow in der Märkischen Schweiz, rund 50 km östlich von Berlin im Landkreis Märkisch Oderland gelegen, drehten. Ziemlich schnell entstand bei uns beiden der Entschluss "da fahren wir kommendes Jahr mit!"

 

 

 

Gesagt - getan. Irgendwann im April melden wir uns für das Rennen an, der fällige Betrag wird umgehend überwiesen, eine knappe Bestätigungsmail trudelt ein - und das war es denn auch, bis ein paar Tage vor der Veranstaltung, die am 12./13. Mai 2012 über die Bühne geht.

Das "Radfest Rund um Buckow" ist ein Rundenrennen für Jedermann und Jedefrau, das im östlichen Brandenburg durchaus etabliert ist: es gibt das Rennen im Jahr 2012 immerhin bereits zum zehnten Mal. Eine 13 Kilometer lange Rundstrecke ist zu bewältigen. Und das gleich in mehreren Varianten: Am Samstag gibt es ein Einzelzeitfahren für die Jedermänner über eine Runde, der Sonntag beginnt dann morgens mit einem Eliterennen über neun Runden auf der gleichen Strecke (entsprechend 117 km), gefolgt von einem Hobbyrennen über drei Runden (also 39 km, für Fahrer ohne jegliche Lizenz) und dann einem Jedermannrennen über sechs Runden (78 km). Das Rennen über 78 km sowie das Einzelzeitfahren zählen zu der Wertung des "MOL-Cup", einer Folge von im Jahr 2012 insgesamt acht Radrennen, die im und um den Landkreis Märkisch-Oderland (MOL) durchgeführt werden. Der Radsport scheint im östlichen Brandenburg ein hohes Ansehen zu genießen.

Ambitionierte Fahrer werden sicherlich auf der längeren Strecke starten. Diejenigen jedoch, die es vielleicht mal ausprobieren wollen oder sich an ein solches Jedermannrennen herantasten wollen, die vermuten wir in der 39 km-Runde. Sicherlich wird es locker und entspannt zugehen! Denken wir. Also haben auch wir beide hierfür gemeldet. Einen gewissen Reiz auf mich übte zwar auch das 78 km-Rennen aus, aber da dieses Rennen erst um 14 Uhr starten sollte, ergab sich hierbei schon allein ein organisatorisches Problem für mich: Ich käme danach kaum noch mit dem Fahrrad im Zug nach Hause in Hamburg...

Rund um Buckow 2012, Anmeldung

Die Anmeldung zu Rund um Buckow...

 

 

 

Also holen wir am Samstag unsere Startunterlagen für den Sonntag ab, schauen uns dabei auch ein paar der Einzelzeitfahrer an (auch das zählt zu dem MOL-Cup), die mit kaltem, frischem Wind zu kämpfen haben. Wir staunen sehr, wie professionell die meisten daherkommen. Ein Zeitfahraufsatz für das Rennrad ist dabei offenbar das absolute Minimum - wenn nicht gar gleich ein richtiges Zeitfahr-Rennrad. Viele tragen Zeitfahr-Helme. Allzu lange schauen wir zwar nicht zu, aber letztlich bin ich ganz froh, nicht hierfür gemeldet zu haben. Eine Zeitlang hatte ich damit zwar geliebäugelt, aber dann reichte meine Courage doch nicht hierfür. Meine offizielle Begründung nach außen: 18 Euro extra für 13 Kilometer zusätzliches Rennen sind mir einfach zu viel! Unsere ganze Sympathie fliegt einem Teilnehmer zu, der das Einzelzeitfahren mit einem großen Dreirad bei starkem Wind recht gemächlich angeht. Es geht also doch auch völlig entspannt! Toll!

Rund um Buckow 2012, Start Einzelzeitfahren

Starter des Einzel-Zeitfahrens warten geduldig auf ihren Einsatz. Immerhin 182 Teilnehmer begeben sich auf die 13 km lange, hügelige Runde (Foto aus 2011).

 

 

 

Am Renntag dann begeben wir uns zeitig nach Buckow zum Start - und zum Staunen. Hatten wir gemutmaßt, dass bei einem "Hobbyrennen" auch Mutti und Vati mit dem City-Rad dabei sind, so haben wir uns gründlich getäuscht! Eigentlich sehen wir ausschließlich reine, moderne Rennräder - bis auf die Fitnessräder von meiner Liebsten und von einem weiteren Teilnehmer. Von wegen, da kommen mal Leute, um das auszuprobieren! Schon vor dem Start ahnen wir, dass es hier flott zur Sache gehen wird.

Die Verbissenheit vieler dieser Rennfahrer, gepaart mit der edlen und teuren Ausstattung an Kleidung und Technik fällt mir auf. Warum nur schauen Radsportler fast immer so verkniffen aus? Man könnte den Eindruck gewinnen, dass die meisten gar keine Freude an ihrem Sport haben. Oder sie meinen, eine gepflegte Coolness zur Schau tragen zu müssen. Das ergibt insgesamt oft eine Ausstrahlung, die wohl über Hochnäsigkeit hinaus geht - aber das gilt nicht nur für das Rennen in Buckow, das fällt mir bei eigentlich jedem Rennen auf, nur hatte ich gehofft, dies hier in diesem kleinem Rahmen nicht so ausgeprägt zu finden. Irrtum! Offengestanden gefällt mir dieses Getue überhaupt nicht - ich sehe aber auch keine Möglichkeit, dem bei einem Rennen zu entgehen. Es ist schon absurd und irgendwie post-pubertistisch, wie einige dieser oftmals mittelalten Herren sich da so gebärden... Was soll das nur?

Rund um Buckow 2012, Starterfeld Hobbyrennen

Das Starterfeld "unseres" Hobby-Rennens über 39 km mit 149 Teilnehmern macht einen engagierten und ehrgeizigen Eindruck. Irgendwie hatten wir uns das viel lockerer vorgestellt. Der Start wurde um 200 m verschoben, weil zeitgleich noch ein kleinen Prominenten-Rennen stattfand. Macht ja nix - dann ist der Hügel nach Bollersdorf eben schneller da.

 

 

 

Auch in Buckow kann man dies also bei den 149 Startern des "Hobby-Rennens" beobachten - die sich auf die Strecke begeben, kurz nachdem ein kleines Prominenten-Rennen gestartet worden ist. Bisher bin ich immer nur bei Rennen mit mehreren tausend Teilnehmern mitgefahren - da ist es diesmal doch sehr übersichtlich. Getrennte Startblocks braucht man nicht.

Den Streckenverlauf kennen wir beide aus ein paar Radtouren in der Gegend gut, wissen, dass es ein paar hundert Meter nach dem Start erstmal eine nicht zu unterschätzende Steigung mit 60 Höhenmetern bis Bollersdorf gibt. Kein richtiges Problem, als Hamburger würde ich sagen: schon etwas steiler, als meinetwegen die Köhlbrand-Brücke, aber doch längst nicht so steil, wie der Waseberg. Aber auch ansonsten ist die Runde durchaus wellig. Eine kleine Abfahrt gibt es im Wald in Richtung Waldsieversdorf, die jedoch auf eine scharfe und etwas unübersichtliche 135-Grad Linkskurve zuführt. Darüber hinaus ist der Wind auf Teilen der Runde deutlich spürbar. Und natürlich ist das rund 400-500 Meter lange Stück Kopfsteinpflaster im Ort Buckow erwähnenswert, auf das man nach einem kleinen Hügel ziemlich schnell zugerast kommt. Was in der Kopfsteinpflaster-Linkskurve am Markt passiert, wenn es beim Rennen regnet und richtig nass ist, das möchte ich mir gar nicht vorstellen. Heute ist und bleibt es trocken, Gott sein Dank! Es ist zwar kühl, windig und grau - aber Regen bleibt uns erspart.

 

 

 

Am Start haben sich einige Zuschauer versammelt, wohl einige Angehörige, aber vielleicht ja auch einige allgemeine Interessenten, die sich darüber freuen, dass in ihrer hübschen 1.600-Einwohner-Stadt im Naturpark Märkische Schweiz mal wieder was los ist.

 

 

 

 

Rund um Buckow - Erste Runde

Nach dem Start rasen einige der Konkurrenten auch gewaltig los, ehe ich recht begreife, dass es los geht, finde ich mich unversehens ganz am Ende des Feldes wieder - meine meist übliche Position. So also läuft es bei einem "Hobbyrennen", denke ich. Macht nichts, die erste Runde will ich mich eh erstmal in das Rennen reinrollen, mal schauen, wie es in solch einem kleinen Fahrerfeld so vonstatten geht. Besonders ist das allerdings nicht: vorne flitzen die Schnellen weg, weiter hin fährt man halt so gut man kann. Und alles geht etwas durcheinander.

Rund um Buckow 2012, Start Jedermannrennen

Der Start des längeren Jedermannrennens über 78 km. Insgesamt begeben sich 224 Teilnehmern auf diese Strecke, die auch in die Wertung des MOL-Cups einfließt.

 

 

 

Die Steigung von Buckow in Richtung Bollersdorf kriege ich ganz gut hin, merke, dass ich mich vor ihr auch in einem kleinen Rennen nicht fürchten muss. Viele um mich herum tun sich da schwerer, also spült mich mein Berg-Tempo ein wenig nach vorne. Auch meine Liebste habe ich schon abgehängt - das macht aber nichts, sie wollte eh nicht, dass wir zusammen fahren. Jeder solle sein eigenes Tempo anschlagen.

Ansonsten fahre ich aber so mit, erfreue mich an den beiden Zuschauern im Ort Bollersdorf. Hier auf der kleinen Anhöhe spürt man den Wind am heutigen Tag allerdings erheblich. Tags zuvor jedoch war dieser noch stärker.

Man gelangt zum Kreisverkehr, den man zu Dreivierteln umrundet, um dann in Richtung Waldsieversdorf zu fahren. Dieser Kreisverkehr ist ein wenig unübersichtlich, da in seiner Mitte ein angelegter Grünhügel ist, über den man nicht hinüber schauen kann. Aber zu meiner Erleichterung sehe ich Streckenposten, die den Autoverkehr nicht auf die Strecke lassen, wenn Radfahrer im Anmarsch sind. Ansonsten jedoch ist die 13 km lange Runde allerdings NICHT komplett für den Autoverkehr gesperrt - insbesondere auf der Gegenfahrbahn kommen häufig mal Autos entgegen, die sich jedoch ausnahmslos sehr ruhig und rücksichtsvoll verhalten und in sehr gemäßigtem Tempo fahren. Und die Fahrtstrecke in Buckow selber ist komplett für Autos gesperrt.

Es geht in den Wald unweit der Ortschaft Bergschäferei, dann in flotter Schussfahrt mit bis zu 54 Sachen in Richtung Waldsieversdorf. Die scharfe 135°-Kurve ist im normalen Straßenverlauf kaum zu erkennen - aber jetzt gut auszumachen, da sich hier direkt in der Kurve eine Gruppe von 15-20 Zuschauern gesammelt hat und die Fahrer lautstark anfeuert. Es ertönt ein Martinshorn und bringt mich etwas aus der Fassung: Hat es einen Sturz gegeben und naht irgendwo ein Krankenwagen? Oder die Polizei?? Ich schaue in alle Richtungen, sehe aber nichts. Es war wohl Anfeuerung - na, das muss man auch erstmal wissen.

Die scharfe Kurve fahre ich besser mal vorsichtig, wie ein Fahranfänger, dann geht es weiter durch den Wald eine lange Gerade zurück in Richtung Buckow. Hier im Ort sind die Straßen komplett leergeräumt, es fährt kein Auto, die lokale Feuerwehr sichert den Ort bestens ab. Vor einigen Häusern haben sich einige Gruppen gesammelt und feuern uns Fahrer geradezu lustvoll an. Das bringt Spaß!

Wenn ich am Samstagnachmittag mal zum Kaffee-Trinken nach Buckow radele, dann mag ich diese diversen, markanten Hügel, oder besser Wellen in der Ortschaft gar nicht gerne - aber heute, mit dem Rennrad unter mir, liebe ich sie geradezu! Heute ist es eine Lust, die kurzen Steigungen heraufzufliegen und dann wieder herunterzurasen. Das Stück Kopfsteinpflaster ist lange nicht so schlimm, wie vermutet. In dieser ersten Runde fahre ich noch eher vorsichtig mit rund 30 km/h die gestreckte Kurve am Markt, merke aber, dass man sooo vorsichtig gar nicht unbedingt sein muss, so lange es trocken ist jedenfalls.

Noch eine kleine Welle, noch eine kleine Abfahrt - und schon ist man wieder bei Start und Ziel am Strandbad des Schermützelsees. Der Sprecher gibt sein bestes, den Zuschauern in diesem Bereich das Hobbyrennen nahe zu bringen. Aber bei der rasenden Vorbeifahrt bekommt man davon nur die sonore Stimme mit.

Bisher habe ich mich ja eher locker zurückgehalten, spüre noch keinen ernsthaften Kräfteverschleiß. Trotz des kleinen Fahrerfeldes habe ich jedoch keinerlei Ahnung, in welche Positions-Region ich mich hier bewege. Um Platz 50? Platz 100? Platz 150? Das Starterfeld hatte ich auf 200 geschätzt (also größer, als es mit 149 Startern tatsächlich war), na, und so wahnsinnig schnell fühlt sich meine Fahrt nicht an - also werde ich wohl auf den hinteren Plätzen zu suchen sein.

 

Rund um Buckow - Zweite Runde

Die zweite Runde beginnt - und mit ihr naht ganz schnell wieder die Steigung nach Bollersdorf. Um mich herum eine große, zerstreute Gruppe von ca. 30 Leuten. Und ich merke ziemlich schnell an der Steigung, dass mir das eher langsame Gegurke der meisten anderen um mich herum hier an den paar Prozent Steigung etwas nervt. Also trete ich einfach konstant kräftig weiter, überhole Fahrer um Fahrer. Genau hierbei passiert etwas unvorhergesehenes: Ich merke plötzlich bisher nicht dagewesenen Ehrgeiz! Beschließe, den rund 30 Leuten hier bis zur Bollersdorfer Höhe einfach mal davon zu fahren. Also steigere ich meinen Druck auf die Pedalen ein wenig.

Zu meiner großen Überraschung gelingt mein Vorhaben! Plötzlich fühle ich mich wie ein Ausreißer bei einem großen Radrennen, 20 Meter hinter mir beginnt die Meute, die mich jagt. Man kann ja mal für einen Moment ausblenden, dass man hier bei einem lokalen Minirennen um vielleicht Platz 100 oder so kämpft...

Im Ort Bollersdorf ist mein Vorsprung vor der Gruppe noch um ein paar Meter angewachsen, da sehe ich rund hundert Meter vor mir zwei andere Fahrer, die offenbar aus einer anderen, schon gar nicht mehr in Sichtweite befindlichen Gruppe zurückfallen. Oder auch einfach ihr Tempo fahren. Ich beschließe, möglichst schnell zu den beiden aufzuschließen, denn alleine vor der Meute werde ich eh keine Chance haben. Noch vor dem Kreisel schaffe ich es, ganz schwer schnaufend hänge ich mich erstmal in deren Windschatten, wortlos. Umschauen tue ich mich einstweilen nicht mehr.

In dem Kreisel dann jedoch plötzlich und unvermutet eine heikle, ja, gefährliche Situation. Irritiert hatte ich schon wahrgenommen, dass auf der Ausfahrt nach rechts kein Posten stand. Als wir drei dann halb um den Kreisverkehr herum sind, fahren wir mit 30 km/h plötzlich und völlig unvermittelt auf Autos zu, die im Kreisel ein paar Meter vor uns still stehen und in Richtung Bollersdorf wollen - von den Posten aber nicht durchgelassen werden. Weil die Mitte des Kreisels so erhöht ist, konnten wir die zuvor nicht sehen. Vollbremsung bei uns, der Platz zwischen zwei stehenden Autos ist vielleicht gerade mal eine Unterarmlänge und reicht damit so gerade, um ganz langsam einzeln dort hindurch zu rollen. Offenbar war irgendein Streckenposten dort etwas überfordert. Oder ein Autofahrer aus der recht langen Schlange hat die Nerven verloren. Was auch immer - jedenfalls überstehen wir drei diese Situation nur mit viel Glück ohne Schaden. Der Fahrer im roten Trikot hinter mir schreit wütend seinen Ärger zu den rücksichtslosen Autofahrern hinüber. Völlig zu recht!

Eine ganze Zeit lang übernehme ich jetzt mal die Führungsarbeit, habe mich mittlerweile etwas erholt von der Aufholjagd und zudem habe ich das das Gefühl, besser drauf zu sein, als die anderen beiden unserer kleinen Gruppe.

 

 

 

Das ist bei dem Wind ganz schön anstrengend, und ich bin froh, als wir endlich in den Wald fahren - hier ist der Wind kaum spürbar. Aber dann, auf der kurzen abschüssigen Strecke vor Waldsieversdorf, wird unsere kleine Ausreißergruppe im Kampf um Platz 100, gestellt von der großen Meute. Etwa 20 Fahrer holen uns ein, zumeist junge Leute.

Eigentlich finde ich das ganz okay, in einer größeren Gruppe ist es nicht so anstrengend und langsam spüre ich doch, dass ich kräftemäßig belastet bin. Aber - vielleicht liegt es ja an der Jugend? - jedenfalls geht es in diesem Feld sehr unruhig und hektisch zu, man fährt hin und her, kreuz und quer, achtet nicht besonders auf die anderen Fahrer. Es geht zuweilen durchaus gefährlich zu. Einige fahren auf ebener Strecke bei 40 km/h in einem wilden Wiegetritt - warum bloß? Es ist doch ein ganz normales Streckenstück!

Insgesamt gefällt mir diese Gruppe überhaupt nicht, einige fahren richtig riskant. Wahrscheinlich ist Ihnen eine Überdosis Adrenalin zu Kopf gestiegen (im Kampf um Platz 100 bei "Rund um Buckow"!). Was also tun, wenn man in einer Gruppe fährt, die einem nicht passt? Sich zurückfallen lassen? Hm, das findet mein erwachter Ehrgeiz nicht so toll...

Rund um Buckow 2012, Kopfsteinpflaster-Strecke

Die Kopfsteinpflasterstrecke durch den Ort Buckow fahren die Jedermänner des längeren Rennens bei den trockenen Verhältnissen problemlos.

 

 

 

Der Ort Buckow naht wieder mit seinen freundlichen Zuschauern, ich fahre ganz hinten an der Gruppe, hecke einen kleinen Plan aus: bis zu der Steigung hinter dem Ortsausgang fährst du ganz gemütlich hinterher und sparst Deine Kräfte. Bis zur Hälfte der Steigung rollst Du auch noch so in der Mitte mit, dann trittst Du aber kräftig rein und fährst diesen Wilden davon. Dass die mit der kleinen Steigung gar nicht klar kommen, das habe ich ja schon in der vorhergehenden Runde bemerkt. Und wenn jemand mitkommen kann, wäre das ja nur gut!

Im gleichen Moment, als ich diesen kleinen Plan aushecke, fällt mir auf, dass ich jetzt plötzlich ein "richtiges Radrennen" fahre, mir eine kleine Taktik zurechtgelegt habe. Ganz anders, als ich es von Cyclassics, Velothon und Co. kenne. Dort gehen solche Spielchen aber auch einfach gar nicht, da durch die schiere Masse der Fahrer eigentlich immer und überall andere Fahrer um einen herum unterwegs sind. Irgendwie kann man da gar nicht einer Gruppe richtig allein wegfahren, weil man nach kürzester Zeit schon zu den nächsten Fahrern, der nächsten Gruppe, aufgeschlossen hat... Hier in Buckow ist das anders, ganz anders - hier ist richtiges Radrennen möglich.

 

Rund um Buckow - Dritte Runde

Mein Plan gelingt vorzüglich! Deutlicher, als in der Runde zuvor, setze ich mich von der kleinen Meute ab - ein einziger Fahrer folgt mir, der war auch schon in der kleinen Dreier-Gruppe der Vorrunde dabei gewesen. Achtung, Achtung: Der Kampf um Platz 100 (oder 120?) beim Hobbyrennen Rund um Buckow ist wieder neu eröffnet worden! Diesmal nicht so aus Versehen, wie in der Vorrunde, sondern entschiedener und gewollter. Die kleine zusätzliche Anhöhe vor Bollersdorf nutzen wir beide, um uns richtig deutlich abzusetzen. Das gelingt gut!

Noch vor dem Kreisel holen wir einen einzelnen Fahrer ein, der sehr mühsam tritt - aber er schafft es, sich an uns zu hängen. Das ist ja auch gut so. Schließlich ist man gemeinsam stark. Mein Hauptgedanke: Bloß nicht wieder in diese Gruppe mit den wilden Jungs geraten! Und da können wir uns jetzt ja zu dritt unterstützen.

Durch den Kreisel geht es diesmal zum Glück ohne Probleme. Nach der Durchfahrt durch den Kreisverkehr wage ich einen Blick zurück - die Gruppe mit den 20 Leuten liegt gut 100 Meter hinter uns, vielleicht 150 Meter. Nicht schlecht!

Unser kleines Grüppchen funktioniert ohne jede Absprache ganz gut. Okay, zwei Drittel der "Führungsarbeit" mache wohl ich, versuche dabei ein Tempo von möglichst 37-40 km/h zu halten, schaffe das aber nicht die ganze Zeit. Aber dann springt immer mal jemand anders ein. Im Wald, vor der Abfahrt nach Waldsieversdorf taucht vor uns ein einzelner Fahrer auf, der sehr schwer tritt. Ich vermute, dass wir an ihm vorbei rauschen werden - fast bin ich verblüfft, dass er den Anschluss an uns schafft und mitfährt. Für irgendwelche Führungsarbeit aber ist er offenbar schon zu kaputt.

Die Abfahrt im Wald nutze ich diesmal nicht zur Erholung, sondern trete mit fast voller Kraft weiter - mit einer Geschwindigkeit von fast 60 km/h rasen wir auf die scharfe Kurve bei Waldsieversdorf zu. Ich mag mich gar nicht umdrehen, um nachzuschauen, ob die Gruppe uns, wie schon in der Runde zuvor, hier wieder erwischt... Keine Ahnung, wie weit wir vor denen sind.

Auf der zwei km langen Geraden vor Buckow rauschen wir schon fast mit Urgewalt an drei nebeneinander fahrenden anderen Fahrern vorbei. Die waren so langsam, dass ich eine Sekunde überlege, ob das wohl eine Überrundung war? Aber nein, es war in der Tat ein Überhol-Vorgang.

Meine drei Begleiter nutzen zumeist meinen Windschatten, nur einer von ihnen huscht jetzt noch hin und wieder mal kurz an die Spitze, wenn ich ein wenig schwächel und kurz Luft holen muss. Ein immer wieder kehrender Gedanken dabei von mir: Wenn ich vorweg fahre, kann mir schließlich niemand anderes vor mein Rad stürzen - denn irgendwelche Rennfahrer vor uns sehen wir, außer den dreien eben auf der Geraden, schon lange nicht mehr. Sturz-Gefahr minimiert!

In flotter Fahrt geht es nach Buckow hinein, ich nutze die Gelegenheit, um mich bei den unermüdlichen Zuschauern per Zunicken und Winken zu bedanken - und es freut mich, dass diese dies auch registrieren und sich darüber freuen.

Ansonsten fahren wir vier weiter wie gehetzt unser Rennen. Schon lustig und auch beeindruckend, wie sehr wir vier uns einig sind, ohne uns zu kennen, oder jemals auch nur ein Wort gewechselt zu haben. Umschauen tue ich mich einstweilen jedoch immer noch nicht.

 

 

 

Erst etwa einen Kilometer vor dem Ziel, als wir auf dem kleinen Hügel vor der Abfahrt zum Kopfstein-pflaster-Stück sind, schaue ich nach hinten. Rund 200 Meter Strecke kann man von dort einsehen - und ich sehe: nichts! Wir haben die 20köpfige Gruppe tatsächlich auf Abstand gehalten. Selbst, wenn sie jetzt dort auftauchen, werden sie uns bis zum Ziel nicht mehr einholen können. Mein vor einer halben Stunde frisch erwachter Ehrgeiz zeigt sich schlagartig befriedigt und ein unvermutetes Glücksgefühl durchflutet mich - obwohl ich noch gar nicht im Ziel bin.

Und plötzlich ist alles wieder nur Spaß: Die Kopfsteinpflaster-Passage genieße ich geradezu, da ich meiner Maschine und meiner Koordination bestens vertrauen kann.

Noch eine Kurve, noch ein kleiner Hügel, das Ziel kommt in Sichtweite und ich beschließe, mich so zu verhalten, wie ich es am liebsten mag: Mich ganz gemächlich ins Ziel rollen zu lassen und den Moment zu aufzusaugen und zu genießen - von wegen Schlussspurt!

Den Sprecher im Zielbereich höre ich, während wir kommen, deutlich rufen: "und hier kommen die nächsten Fahrer und kämpfen um Platz 60!" Nein, niemand kämpft hier! Einer meiner Gefährten fährt zwar noch an mir vorbei - aber mir ist das egal und ich habe nicht mehr den Ehrgeiz, dagegen zu halten. Ist doch wurscht. Immerhin weiß ich zum ersten Mal direkt bei der Zieleinfahrt eines Radrennens meine Gesamtplatzierung: 61. bin ich - das ist besser, als ich vermutet hatte.

Während wir uns im Ziel noch kurz die Hände drücken und ein paar nette Worte über dieses schöne Radrennen sagen, rollt die größere Gruppe ins Ziel: Der offiziellen Zeitnahme zufolge sind es 19 Fahrer, die wir auf den letzten gut zehn Kilometern um genau 35 Sekunden abgehängt haben.

Rund um Buckow 2012, Ziel 39 km Rennen

Sie haben es nach 39 km ins Ziel geschafft.

 

 

 

Eine Weile muss ich noch auf meine Liebste warten, aber auch sie beisst sich durch und kommt gut ins Ziel. Insgesamt kommen 143 Fahrer ins Ziel, sechs Fahrer brechen das Rennen vorzeitig ab - warum auch immer. Von irgendwelchen Stürzen habe ich bei diesem Rennen nichts mitbekommen.

Meine Fahrzeit für die 39 km beträgt im Ziel offiziell 1 Stunde, 7 Minuten, 35 Sekunden (sieben Minuten, 15 Sekunden hinter dem ersten), damit bin ich gesamt in der Tat 61., in meiner Altersklasse 7. von 24 Fahrern im Ziel. Als Anfänger auf dem Rennrad ist das doch gar nicht so schlecht, oder?

Als ich dann Zuhause meinen GPS-Log anschaue, lässt dieser mich verblüfft zurück. Hatte ich doch das Gefühl, in der ersten Runde eher gebummelt zu haben, in der zweiten etwas flotter unterwegs gewesen zu sein und in der dritten wahnsinnig schnell gewesen zu sein, so straft mich meine eigene GPS-Zeitnahme Lügen. Bis auf einen Zeitunterschied von gerade mal neun Sekunden war ich, fast wie ein Uhrwerk, in allen drei Runden gleich schnell unterwegs. Wie sich das Empfinden, je nach Rennsituation, doch unterscheiden kann...

 

 

 

Verblüfft bis irritiert waren meine Liebste und ich darüber, dass so ein durchaus ambitioniertes Rennen als "Hobbyrennen" ohne vorgeschriebene Mindest-geschwindigkeit ausgeschrieben ist. Eigentlich erschienen mir die weitaus meisten Fahrer sehr ehrgeizig. "Hobbyrennen" bedeutet laut Ausschreibung eigentlich vor allem, dass keine Fahrer mit einer Amateurlizenz mitfahren dürfen. Aber auch und gerade bei einem solchen Rennen muss doch auch Raum für Ungeübte sein, die so eine Veranstaltung vor der eigenen Haustür mit ihrem Trekkingrad mal ausprobieren möchten! Dieses gewisse profihafte Auftreten der meisten bei diesem Rennen wirkt da auf Neugierige aber wohl eher abschreckend. Auch der Frauen-Anteil bei dem Rennen ist mit gerade mal sechs Prozent eher erschütternd gering (zum Vergleich: das "großen Rennen" Velothon drei Wochen später konnte da auf der kurzen Distanz immerhin mit über 17 Prozent Frauen aufwarten).

Keine Frage, dieses nette Rennen ist es durchaus wert, mal ein Wochenende im Märkisch-Oderland zu verbringen! Gut möglich, dass ich auch im kommenden Jahr wieder mit von der Partie bin! Um dann aber den Hobby-Charakter des Rennens wirklich zu unterstreichen, werde ich dann aber wohl mit meinem Berliner 200 Euro-Baumarkt-Fahrrad antreten. Vielleicht werde ich damit ja letzter - das würde aber auch nichts machen. Hauptsache, es bringt Spaß in dem Hobbyrennen!

Oder soll ich doch mit meinem Rennrad kommen? Dann aber, bitteschön, auch mit dem Zeitfahren!

So recht wird mein enormer An- und Abreise-Aufwand vom Veranstalter selber übrigens nicht gewürdigt: Man ignorierte schlicht, dass ich aus Hamburg hierher gekommen war und ließ in den Ergebnislisten als meinen Herkunftsort schlicht "Brandenburg" erscheinen - wie bei fast allen Teilnehmern (auch, wenn diese per Vereinsnahmen erkennbar aus Lübeck, Dresden, Greifswald, oder Wiesbaden kamen - für die Veranstalter alles "Brandenburg"). Dies ändert zwar nichts am Ergebnis des Rennens, ist aber eine blöde, respektlose Achtlosigkeit des Veranstalters. Oder wollen hier die Brandenburger ganz unter sich sein, oder jedenfalls das Gefühl davon haben? Sollen sie doch froh sein, dass sich Leute auch aus größerer Entfernung mit nicht gerade geringem Aufwand nach Buckow aufmachen, um bei ihnen mitzufahren. Solange sich die Organisationsmängel jedoch auf solche Kleinigkeiten beschränken, ist "Rund um Buckow" bestimmt eine Fahrt wert!

 

 

Natürlich hatte ich auch bei diesem Rennen wieder meinen GPS-Empfänger bei mir. Das bedeutet, dass Sie sich hier die kml-Datei meines Rennens herunterladen können - und damit den exakten Weg direkt z.B. in Google Earth betrachten. Zu sehen ist die Runde auch unten in der (zoombaren) Karte. Bitte beachten Sie: In Waldgebieten treten immer wieder kleine Störungen beim Satelliten-Empfang auf, was zu Abweichungen in der Strecken-Darstellung führt. Ich bin also nicht querfeldein durch den Wald gefahren...

 

Ergänzend zu dem radsportlichen Bericht können Sie hier auf meiner externen Webseite www.reiseberichte-bilder.de eine Bilderserie mit 100 großformatigen Fotos aus dem Märkischen Oderland aufrufen (neues Fenster öffnet).

 

 

 

 

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Dirk Matzen

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