Hamburg 1996 |
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Brief an die unbekannte DDR-Zöllnerin in Marienborn
Liebe unbekannte Zöllnerin, oder sollte ich besser, etwas neutraler, sagen: Hallo Zöllnerin von der Bahngrenzstation Marienborn! Du hast doch sicherlich nichts dagegen, dass ich Dich einfach so duze. Damals hätte ich mich das natürlich nicht getraut. Es ist merkwürdig, aber manchmal muss ich - einfach so - an Dich denken. Mir fallen dabei einige Dinge ein, die mir unverständlich waren und sind, daher sei nicht böse wenn ich Dich gleich ganz hemmungslos mit einer ganzen Reihe von Fragen belästige. Aber Du und Deine Kollegen hatten ja auch nie Hemmungen, mich damals mit Fragen förmlich zu löchern. Ich frage mich, wie hast Du Deinen Job damals eigentlich gesehen? War es nur ein ganz normaler Routinejob oder gehörtest Du damals zur absoluten Elite, der es vergönnt war, unmittelbar am "antifaschistischen Schutzwall" Dein Vaterland vor westlichem Imperialismus und Dekadenz zu beschützen? Hat es Dir damals eigentlich gestunken, verängstigte BRDler und DDRler (Wessis und Ossis gab es damals ja noch nicht) auf unerlaubte Mitbringsel zu filzen, fandst Du das nervig? Oder empfandest Du gar einen Lustgewinn dabei? Warst Du immer so korrekt, von Kopf bis Fuß? Und bist Du es heute auch immer noch? Wie war wohl die Wende für Dich? War es eine Erlösung? Oder etwas Bedrohliches? Oder beides zugleich? Der Klassenfeind von damals, hat er jetzt Macht über Dich oder bist Du geflüchtet, vielleicht im Großen, vielleicht in kleine, private Sphären? Oder arbeitest Du noch immer beim Zoll? Vielleicht an der polnischen Grenze? Wählst Du heute CDU? Oder PDS? Grün bestimmt nicht! Es mutet seltsam an, Verständnis hätte ich ohne Probleme für jegliche Entwicklung, denn ich habe das Gefühl, spätestens mit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten bist Du doch sicher völlig entwurzelt worden. Aber ich komme wohl nicht umhin, unsere wenigen Begegnungen noch einmal Revue passieren zu lassen. Es war das erste Mal, dass ich im kleinen Grenzverkehr zur Umwelt- und Anti-AKW-Gruppe nach Quedlinburg fuhr - dies war ein Kontakt, der auf sonderbare Art und Weise entstanden war. Aber damals war in den zwei deutschen Staaten ja vieles sonderbar. Diese Leute hatten mich jedenfalls gefragt, ob ich bei einem Besuch nicht Informationsmaterial mitbringen könnte. Natürlich hatte ich die Absicht dies zu tun, denn soviel war mir im Westen schon klar: ausführliche Informationen über Umweltprobleme waren damals für diese Gruppen mit Gold kaum aufzuwiegen... Nun, nachdem damals der Grenzer mit fast schon aufdringlicher Freundlichkeit (Anmerkung 2009: Es hatte sich ein geradezu kumpelhaftes Gespräch entsponnen, woher ich denn käme, was ich denn so mache, wo ich denn hin wolle... Jahre später begehrte ich Einsicht in meine Stasi-Akte, und siehe dar: Nichts von meinen ganzen Kontakten zu Oppositionellen der DDR tauchte dort auf, sondern einzig und allein nur die Auskünfte, die ich diesem Grenzer an diesem Morgen dort machte...) an mir und meiner Begleiterin vorbeigezogen war, kamst Du. Korrekt, gestrenge, direkt. Schonungslos! Korrekt wie auch ich sein kann, hatte ich die in einem Stoffbeutel mitgeführten Zeitschriften und Informationsbroschüren von ROBIN WOOD, Greenpeace, BUND usw., auf der Zollerklärung mit "19 Zeitschriften" deklariert. Und korrekt wie Du bist, begehrtest Du natürlich Einsicht in die Hefte. Ich konnte etwas amüsiert beobachten, wie Du ob brisanter Inhalte der Hefte unruhig wurdest - eine offenbar ungewöhnliche Situation für Dich, einmal nicht die heimlich eingeführten "Frau im Spiegel" oder "Auto Motor Sport" zu konfiszieren, sondern ganz korrekt deklarierte, umweltpolitische Hefte beurteilen zu müssen. Klar, dass Du da den Rat der Vorgesetzten einholen musstest. Für die Szene, die dann folgte, werde ich Dir dankbar sein so lange ich klar denken kann. Denn für mich als damals aktiver Umweltschützer hatte die Szene mit dem halben Dutzend steifer Grenzkontrolleure, die auf dem Bahnsteig viele minutenlang eifrig in ROBIN WOOD-Magazinen und Greenpeace-Nachrichten schmökern und sich ereifern, eine so bizarre Komik, das werde ich nicht mehr vergessen können. Das war fürwahr ein schriller Auftritt. Danke dafür! Und dieser Auftritt kostete Zeit, viel Zeit. Heute kann ich es Dir ja gestehen: Es war ein Trick! Und der Trick hatte geklappt! Du und Deine Kollegen wart genau in die Falle getappt, die wir Euch gelegt hatten. Schließlich stand der Zug schon zehn Minuten zu lange im Bahnhof und sollte eigentlich schon in der Endstation Eilsleben sein. Damit es also keine allzu großen Verzögerungen im sonstigen Zugverkehr (die Große Ost-West-Strecke von Moskau über Warschau, Berlin, Köln, Brüssel nach Paris kann ja nicht einfach so blockiert werden) gibt, wurde mir also noch schnell mitgeteilt, dass die Hefte noch weiter einbehalten werden müssten und eine Quittung ausgestellt. Danach wurde gar nicht weiter kontrolliert, auch bei den Mitreisenden nicht, sondern der Zug schnell wieder auf die Reise geschickt. Meinen prall mit vielen weiteren, noch erheblich interessanteren und somit brisanteren Informationen gefüllten Rucksack konnte keiner mehr so schnell kontrollieren. Während ich am liebsten in lauten Jubel ausgebrochen wäre darüber, dass ich die eigentlich wichtigen Infos erfolgreich über diese monströse Grenze geschmuggelt hatte, wird auf den Bänken hinter uns von den (unkontrolliert gebliebenen) DDR-Bürgern etwas beschämt geschimpft und erklärt, dass die Frauen immer die korrektesten, penibelsten sind - die Herbert Grönemeyer-Platte und diverse Frauenzeitschriften und wer weiß was sonst noch, da waren sie sich einig, hätten sie im Falle einer Kontrolle wohl kaum behalten dürfen. Was hättest Du wohl getan, wenn Du mich im Auto (das ich ja gar nicht besaß - also ist es nur ein Gedankenspiel) mit den Zeitschriften angetroffen hättest. Wahrscheinlich hättest Du mich kurz zur Seite raus gewunken und noch jede noch so kleine Ritze durchwühlt. Zugfahren hatte damals also noch ganz unvermutete Vorteile... Gestehen muss ich, dass ich mich ob der Situation heftig ins Fäustchen gelacht habe. Aber gräm Dich nicht: ROBIN WOOD-Leute haben oft genug auch noch ganz andere Leute ausgetrickst und an der Nase herumgeführt - das ging bis zum Bundeskanzler nebst seinem kompletten Sicherheitsstab... Nun ja, und einmal hast Du mich dann ja doch erwischt bei etwas verbotenem, ein wenig zumindest. Das war, wenn ich es recht erinnere, bei meiner dritten Einreise im kleinen Grenzverkehr gemeinsam mit meiner Begleiterin U. Ich hatte mir damals nach meiner Rückkehr ein paar private Notizen gemacht, aus denen ich hier einen kurzen Abriss preisgeben will - so wie es sich damals ereignete: "Wieder Probleme mit dem Zoll: diesmal keine Angaben auf der Zollerklärung, danach mussten U. und ich mit unseren Rucksäcken zum Röntgen-Durchleuchten. Bei U. kein Problem - bei mir gleich die Frage: haben Sie da Zeitschriften? Also werde ich die los, na ja zum größten Teil. Und: richtig zusammengeschissen werde ich, denn schließlich wüsste ich doch noch vom letzten Mal, dass ich das Zeug nicht mitnehmen darf. "Auch Zöllner haben ein Gedächtnis!" sagt sie. Nun ja. Ärger. Aber doch: das Wichtigste geht mit. Im Schlafsack und in der Unterhose." Tja, da hattest Du mich jetzt ertappt (den "Einziehungsentscheid A" über "57 (siebenundfünfzig) Druckerzeugnisse" habe ich noch, jeder Zettel war schön säuberlich einzeln gezählt worden), und doch nicht so richtig. Anstatt jede einzelne kopierte Seite fein ordentlich durchzuzählen, hättest Du lieber meinen Schlafsack entrollen sollen, da waren dann die eigentlich wichtigen Informationsschriften drin. Gut kann ich mich daran erinnern, dass ich mir die ganze Zeit über, die wir rumstanden und uns die Predigten Deiner Vorgesetzten anhören mussten, große Sorgen darüber machte, dass die "heiße" Informationsschrift in meiner Hose irgendeine unnatürliche Ausbeulung an meinem Hintern hervorrufen könnte. Dann wäre es wahrscheinlich für mich wirklich ernsthaft unangenehm geworden. So aber durfte ich dann doch einreisen. Auf der Rückseite des genannten Einziehungsbescheides entdeckte ich gerade den Hinweis, dass ich binnen 4 Wochen Beschwerde gegen die Entscheidung hätte einlegen können. Warum ich dies damals nicht getan habe, kann ich heute nicht mehr nachvollziehen, denn eigentlich wäre es den Jux schon wert gewesen und sicherlich mal wieder ein ungewöhnlicher Vorgang - für Euch dort drüben. Das zweite Mal, dass ich bei etwas ungesetzlichem ertappt wurde - diesmal nicht von Dir - war eine heutzutage noch absurder wirkende Situation. Da hatte ich bei der Fahrt zuvor vergessen, das vom Zwangsumtausch übrig gebliebene Geld (es waren immerhin 25 Mark pro Tag umzutauschen) , immerhin zwanzig Mark (Ost), bei meinen Freunden zu lassen und es versehentlich mit in die BRD genommen. Meinen Irrtum bemerkte ich erst zuhause. Bei der ein paar Wochen später erfolgenden nächsten Einreise nahm ich diesen Geldschein natürlich wieder mit in die DDR. Der Zollkontrolleur kommt zu mir und sagt sofort: "Zeigen Sie mal Ihr Portemonnaie", wo er natürlich trotz meines umständlichen Getue sofort die 20 DDR-Mark findet. Unglaublich so was - als ob der das gewusst hat! Natürlich nimmt er mir das Geld ab und knurrt, dass ich nicht mehr in die DDR dürfe, wenn dies noch mal passiert. Meine Erklärungsversuche perlen an ihm ab, ebenso wie die Logik, dass ich den Schein doch nur dahin bringen will, wo er hin gehört. Irgendwie war ich an der Grenze schnell bekannt geworden, das merkte ich auch daran, dass irgendwelche Grenzer oder Zöllner, denen ich zuvor noch gar nicht begegnet war, mich plötzlich mit "Sie sind doch der mit den Zeitschriften" begrüßten. Und ich dachte anfangs, dass der kleine Grenzverkehr Vorteile hätte, da man sich nicht auf bestimmte Termine festlegen musste und Ihr daher nie wusstet, wann ich auftauchen würde... Ganz froh war ich, dass ich bei den Ausreisen nie ertappt worden bin. Denn: die dort zuweilen mitgenommenen Informationsschriften der Oppositionsbewegung waren wirklich heiße Ware! Schon bei meiner ersten Ausreise war gleich ein Exemplar der unter Berücksichtigung der Umstände der Erstellung vorzüglichen (und von der Stasi landesweit scharf gesuchten) Studie "Pechblende - Der Uranbergbau in der DDR und seine Folgen" sowie einige Fotos vom Atomkraftwerk Lubmin bei Greifswald in meiner Hose versteckt. "Wenn sie Dich damit erwischen, dann kommst Du wegen Industriespionage gleich ein paar Jahre in den Knast" sagte damals mein Bekannter M. grinsend. Neben die Zeitschriften war denn auch gleich mein Herz in die Hose gerutscht - aber ich wurde nicht erwischt, nie, wunderte mich bei den Grenzübertritten gen Westen sogar immer wieder über meine eigene Coolheit (Anmerkung 2005: noch heute wird mir etwas mulmig, wenn ich daran denke, was passiert wäre, wenn in diesen Fällen die Beulen an meinem Hintern aufgefallen wären...). Wir beide sind uns aber auch später noch begegnet, in diesem urtümlichen Schienenbus, an diesem unwirtlichen Grenzkontrollpunkt, ein paar Kilometer hinter der DDR-Grenze. Wenn ich mich recht erinnere gab es noch fünf oder sechs solcher Begegnungen von uns beiden. Alle verliefen unspektakulär. Beim vorletzten sowie letzten, ja, "Treffen" oder besser "Aufeinandertreffen" bin ich mir beide Male sicher gewesen, Du betrachtest mich, erkennst mich sofort wieder, weißt mich wahrscheinlich sogar präzise einzuordnen. Auf Dein Gedächtnis hattest Du ja schon einmal hingewiesen! Ein gewisses Blitzen in Deinem Blick, der Anflug eines Lächelns oder Schmunzelns um die Augen und den Mund - hat dies verraten, denn der war völlig atypisch für alle sonstigen Grenzkontrollbegegnungen, die ich an der DDR-Grenze jemals erlebt hatte. Einmal, da wolltest Du es dann ganz genau wissen und krempeltest meinen Rucksack völlig um, der Schlafsack wurde entrollt, die Kulturtasche penibel durchsucht, meine Jacken- und Hosentaschen musste ich entleeren - alles auf der Bank in dem kleinen Mini-Schienenbus. Aber Du konntest nichts, aber auch nicht das geringste finden, was in irgendeiner Weise anstößig oder auffällig war - dafür habe ich bei diesen späteren Fahrten dann ja auch gewissenhaft gesorgt. Der Ton, den Du bei dieser Durchsuchung anschlugst fiel mir auf. Er war nicht mehr so spitz, eher freundlich, fast schon nett - aber doch bestimmt. Ich gab mir alle Mühe, ein wenig übertrieben freundlich zu antworten, schon allein um für Staatsautoritäten der DDR weiterhin nicht klassifizierbar zu sein ("Hosentaschen leeren, aber bitteschön, gerne. Darf ich Ihnen auch noch gleich die Jacketaschen zeigen?" - Als Autofahrer hätte ich mich dies sicher nicht getraut, aber was konnte mir schon passieren, als ein etwas verlängerter Aufenthalt?). Allzu ernst nehmen durfte man Euch alle nicht - aber verspotten natürlich auch gerade nicht. Dass Dich speziell diese Situation aber auch geärgert hat, merkte ich dann, als Du zwei Sitzbänke weiter im Gepäck eines älteren, grauhaarigen Rentners zwei - verbotene!! - gefüllte Einweckgläser gefunden hast. Diese gestandene Person hast Du dann im Zug vor versammelter Mannschaft wegen einer solchen Lappalie wie einen Pennäler lauthals zusammengestaucht. Da warst Du dann gar nicht mehr so freundlich, sondern so ganz Amtsautorität - eine Machtdemonstration erster Güte. Das war unangemessen! Widerwärtig sogar! Das kannst Du Dir heute glücklicherweise nicht mehr leisten - nirgendwo. Vielleicht ja bei Deinem Mann... Eine witzige Prozedur war auch immer das intensive Durchleuchten des von mir für die meisten Fahrten in die DDR gebackenen Kuchens. Offenbar wurde erwartet, dass ich dort immer geheimnisvolle Dinge verstecke. Dir gegenüber kann ich heute ja bedenkenlos das Geheimnis lüften: Es war nichts drin! Außer des kulinarischen Genusses ging es mir vor allem darum, überhaupt etwas auf meine Zollerklärung eintragen zu können, was für den Verbleib in der DDR bestimmt ist. Dort stand dann nicht, wie bei anderen: eine Stange Zigaretten, eine Tafel Schokolade oder Parfum. Sondern ich trug ein: "Eine Möhrentorte." Was Du darüber wohl gedacht hast? Bei meinen letzten Ein- und Ausreisen war es jedenfalls immer nur der halbe Spaß, wenn Du nicht da warst. Einmal - es war meine allerletzte Reise in die DDR, eine Woche nach dem Staatsgeburtstag 1989 und wenige Tage nach den großen, beeindruckenden Demonstrationen vom 9. Oktober - bin ich auf der Rückreise nicht mit einem durchgehend von Eilsleben nach Helmstedt fahrenden Zug zurückgefahren, sondern mit einem Bummelzug, der bis Marienborn fuhr. Dort musste ich am normalen Bahnhof aussteigen und zum Grenzkontrollbahnhof laufen. Nach einer extrem laxen und lustlosen Kontrolle wurde ich gemeinsam mit einem einzigen weiteren Reisenden in einen sonderbaren, großen Warteraum geleitet - eine Stunde Wartezeit. Irgendwann setzten sich ein paar Grenzer an einen einige Meter entfernt stehenden Tisch in den gleichen Warteraum. Die machten einen ziemlich gelangweilten und uninteressierten Eindruck, gaben sich keine Mühe, Staatsmacht zu repräsentieren. In diesem Moment im Wartesaal in Marienborn ertappe ich mich dabei, dass ich an Dich denke und mir, einfach so, gewünscht hätte, Du hättest Dich dorthin gesetzt. Die Situation hätte ich wirklich spannend gefunden, ich wäre neugierig gewesen, Dich genau zu beobachten. Hätte es Anzeichen von Nervosität gegeben? Dies wäre ein interessanter Rollentausch gewesen: ich hätte Dich kontrolliert, wenn auch nur mit Blicken aus der Distanz. Denn: wir hatten bei den insgesamt vielleicht acht dieser bizarren Begegnungen angefangen, ein ganz ganz kleines, durchaus nettes Spielchen zu spielen. Meine geradezu aufdringliche Weise, Dir alles präsentieren zu wollen, was ich bei mir hatte ("ich habe schon mal angefangen, meinen Rucksack teilweise auszupacken, okay? Und soll ich auch schon mal meinen Schlafsack ausrollen?") ließ Dein Interesse an meinen Sachen immer blitzschnell sinken. Aber das versehentliche Lächeln um Deinen Mund herum in solchen Situationen war wirklich süß! Deine Mühe, Dir das Lächeln nicht anmerken zu lassen, war zuweilen vergeblich. Bei einigen späteren Ein- oder Ausreise saß ich da und dachte "na, kommt SIE wohl zur Kontrolle?". Schon allein, um unser kleines Spielchen fortführen zu können, ich mochte das. Spielchen, die abseits vorgegebener Regeln sich entwickeln und an die sich beide Partner halten, ohne sich über die Regeln verständigen zu müssen, sind toll. Es gab wohl keine Handvoll Menschen, die der Prozedur der Grenzkontrolle mit solchem Amüsement entgegensahen, wie ich es tat. Ich erwischte mich auch mal dabei, Dich mir ohne dieses scheußliche Schiffchen auf dem Kopf, mit offenen Haaren und in Freizeitkleidung vorzustellen. Wie Du wohl privat bist? Obwohl: ich denke nicht, dass ich Dich heute noch wiedererkennen würde. Nun, jedenfalls saßt Du damals bei meiner Umsteigepause nicht im Wartesaal in Marienborn, und gerade mal vier Wochen später war dieses ganze repressive DDR-System von der Geschichte hinweggespült worden und Grenzer, Vopos und vielleicht ja auch Zöllner konnten plötzlich - ganz offen - nett und freundlich lächeln und lachen. Auch Du? Auch heute noch? Sei vielmals gegrüßt und ich hoffe von Herzen, es geht Dir gut.
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Dirk Matzen (Abdruck des Textes oder Nutzung von Bildern - auch in Teilen - nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors!) |