Meine Empfehlungen
im Internet:
Die Sophien-Kathedrale sowie die Glockenwand im Kreml von Weliki Nowgorod im Morgenlicht.
Zugegeben: Die Überschrift gaukelt etwas mehr vor, als ich von der Stadt Nowgorod überhaupt wiedergeben kann...
Mit einer Gruppenreise war ich unterwegs in Russland, eine gute Woche lang, mitten im tiefsten Winter: Im Februar 2013. Vier Tage in Moskau, später dann drei Nächte in St. Petersburg. Die rund 700 km lange Reise von von Moskau nach St. Petersburg wurde per Bus zurück gelegt, tagsüber. Das fand ich zunächst mal attraktiv - dann kann man ja ein wenig von der Landschaft sehen. Und den legendären russischen Winter, den wollte ich schließlich mal kennenlernen. Nordwest-Russland im Winter.
Auf der Strecke dann gibt es nach gut 500 km einen geplanten Aufenthalt: Eine Nacht in Weliki Nowgorod. "Nowgorod" bedeutet soviel, wie "Neue Stadt", Weliki "groß" - also geht es nach "Groß Neustadt". So neu ist die Stadt aber gar nicht - sogar die älteste Stadt Russlands, wie ich dort hören sollte. Gern auch "die Wiege Russlands" genannt. Urkundlich wird Weliki Nowgorod das erste mal im Jahr 859 erwähnt. Das Alter der Stadt wird durch historische Bauten im Zentrum belegt: Kirchen aus dem 12. Jahrhundert sowie der Kreml. Beides gehört heute zum UNESCO-Weltkulturerbe. Viel mehr jedoch war mir vor der Reise über Weliki Nowgorod nicht bekannt.
Und tatsächlich: Den russischen Winter lernte ich kennen - wenn auch ein wenig anders, als ich mir gedacht hatte und gewünscht hätte: es gab einige Pleiten und Pannen auf der Reise (hier als Extra-Rubrik meines Moskau-Reiseberichtes erwähnt). Dazu gehörte unter anderem, dass ich mir eine Virus-Infektion einhandelte (von der zeitlichen Entwicklung her vermute ich, dass ich mir diese auf dem Flug nach Moskau holte) und ein paar Tage krank wurde. Der schlimmste Tag dieser Infektion mit hohem Fieber nach einer durchfantasierten Nacht war - gerade auf dieser Busfahrt von Moskau nach Weliki Nowgorod. Da ging es denn eigentlich nur darum, durchzuhalten.
Die Busfahrt von Moskau nach Nowgorod dauert, einschließlich mehrerer ausgiebiger Pausen, gut neun Stunden. Und: Allzu abwechslungsreich ist diese Fahrt durch die russische Winter-Landschaft nicht unbedingt. Nach vier Tagen voller Sonnenschein in Moskau ist der Himmel am Tage dieser Busfahrt bedeckt, alles sieht grau und trübe aus.
Auf der Fahrt von Moskau nach Weliki Nowgorod am Wegesrand: Das Weltkriegs-Mahnmal für die "Helden des Zweiten Weltkriegs" bei der Stadt Zelenograd. 1941 wurde hier die deutsche Wehrmacht bei der Schlacht um Moskau gestoppt.
Charakteristisch für die Fahrt: Man kommt durch eine fast unendlich erscheinende Anzahl von Straßendörfern und kleinen Städtchen, die zumeist alle gleich aussahen. Holzhäuser, zuweilen in verschiedenen Farben, aber wenig abwechslungs-reichen Formen. Alle haben hinter dem Haus in einer Hütte ihre Banja - das russische Dampfbad. Kommt man nicht durch Straßendörfer, dann kommt man durch Birken- oder auch mal Kiefernwälder. Hin und wieder allerdings sind auch größere Städte zu queren: Tver wird eher am Rande passiert (immerhin mit rund 400.000 Einwohnern eine große Stadt), Klin, Wyschni Wolotschok. Von den Städten sehen wir vor allem Plattenbauten. Wenig reizvoll!
Aber: Ja, alles ist natürlich voller Schnee, im Mittel wohl zwischen 50 cm und einen Meter Höhe. Hier gibt es im Februar noch richtigen, zuverlässigen Winter!
Als etwas besonderes empfinde ich es, ein Stückchen an der Wolga entlang zu fahren. Immerhin mit 3530 km der längste Fluss Europas. Und für mich irgendwie etwas sehr Ur-Russisches: Die Wolga eben... Nun, man ist schon auf seine eigene Empfindung angewiesen, denn von dem Fluss selber sieht man direkt nichts. Die Wolga ist zugefroren und zudem komplett mit Schnee bedeckt. Also sieht man eine ebene riesige weiße Fläche, auf der jemand mit einem Schneemobil unterwegs ist und auf der zudem Massen an Eisfischern ihr Glück versuchen. Aber eben doch: "Mütterchen Wolga", wie die Russen den Strom gerne romantisch nennen. Derzeit ist halt nur "Väterchen Frost" bei ihr zu Besuch. Ob das Kinder ergibt?
Die dreispurige Schnellstraße zwischen Moskau und St. Petersburg ist übrigens dicht befahren. Vor allem die Massen an LKW fallen mir auf: Jede Menge volle Autotransporter fahren in Richtung Moskau, meist leere Autotransporter in Richtung St. Petersburg. Und massenhaft Schiffs-Container befahren den Landweg auf LKW.
Aber mir geht es aufgrund der Fiebers so schlecht, dass ich mich nur wie in Watte gepackt durch trüben den Tag hangeln kann. Kaum sind wir gegen 17:30 Uhr im Hotel in Nowgorod angekommen (zu der Zeit ist es im Februar im Nordwesten Russlands noch taghell), plumpse ich in mein Bett und verschlafe den Rest des Tages. Schade - wo ich so neugierig auf die Stadt war.
Auch am Wegesrand bei der Busfahrt nach Nowgorod: Das Tschaikowski-Haus in der 80.000 Einwohner-Stadt Klin. Der weltberühmte Komponist lebte viele Jahre hier.
Die schwarzen Kleckse dort hinten sind einige der zahlreichen Eisangler auf - der Wolga. In der Nähe des Dorfes Radchenko hat man vom Bus aus einen schönen Blick auf den zugefrorenen und verschneiten
ur-russischen Strom. Mit 3530 km der längste Fluss Europas.
Die größte Stadt auf dem Weg von Moskau nach Nowgorod ist Tver. Von der 400.000-Einwohner-Stadt sieht man von der Straße aus allerdings nur Industriebauten am Stadtrand - und man überquert die Wolga, die durch die Stadt fließt.
Eine für die Gegend sehr typische Straße mit Holzhäusern, hier am Stadtrand der 52.000-Einwohner-Stadt Wyschni Wolotschok.
Einige der Holzhäuser sind in schöne Farbe getaucht.
In Wyschni Wolotschok geht die Fernstraße mit langen Staus mitten durch das Stadtzentrum.
Die letzte Pause auf der 530 km langen Fahrtstrecke auf einem Rastplatz in der Nähe der Ortschaft Valday.
Sehr neugierig war ich auf Weliki Nowgorod gewesen, hatte mir ursprünglich vorgenommen, die recht knappe Zeit in der Stadt kompakt zu nutzen - aber daraus konnte nichts werden, meine fiebrige Erkältung hinderte mich. Eine Stadterkundung wäre auch durchaus noch möglich gewesen: Der Sonnenuntergang in Nowgorod ist Ende Februar erst nach 19 Uhr - man hat in Russland durchgehend Sommerzeit eingeführt. Das bedeutet auf der anderen Seite auch, dass der Sonnenaufgang auch erst nach 9 Uhr ist.
Die 1207 erbaute Paraskewa-Pjatniza-Kirche (links) und die Nikolaus-Kathedrale, erbaut ab 1113. Das morgendliche Licht legt sich noch milde über das Anwesen und den Schnee.
Mit rund 220.000 Einwohnern ist Nowgorod einigermaßen überschaubar - ideal um es an einem Tag zu erkunden. Aber das muss bei mir krankheits-bedingt leider ausfallen. Wie bedauerlich!
Nach dem ausgiebigen Schlaf geht es mir dann am kommenden Morgen dann doch immerhin so gut, dass ich den organisierten Stadtrundgang durch die Altstadt und den Kreml von Nowgorod mitmache. Das ist trotz knackiger Kälte (als wir gegen 12 Uhr die Stadt verlassen, ist es immer noch minus 12 Grad) bei heute wieder blauem Winterhimmel sehr lohnend.
Dieses historischen Zentrum von Nowgorod mit seiner schönen Lage auf beiden Ufern des Flusses Wolchow (auf der einen Seite mit dem Jaroslaw-Hof mit zahlreichen historischen Kirchen, auf der anderen Seite des Flusses mit dem Kreml, beides verbunden durch eine Fußgängerbrücke), ist allemal einen Stopp wert! Man ist stolz darauf, die älteste Stadt Russlands, ja, die "Wiege Russlands", zu sein. Das Gründungsjahr 859 ist auf den Eingangstoren des Kremls unübersehbar verewigt (diese Angabe mag umstritten sein, für die Reiseführerin in Nowgorod ist dies jedoch ganz eindeutig. Zum Vergleich: Moskau wurde 1147 erstmalig erwähnt, St. Petersburg namentlich gar erst 1703). Lange Zeit stand Welicki Nowgorod in Konkurrenz zu Moskau um die Vorherrschaft der Region. Als Mitglied der Hanse kam Welicki Nowgorod zu Reichtum. Seine Bedeutung verlor die Stadt dann mehr und mehr nach der Gründung und Wachsen von St. Petersburg.
Viel mehr kann ich über Nowgorod dann leider auch nicht sagen - gerne hätte ich mehr an (nutzbarer) Zeit hier gehabt. Aber so bleibt meine Neugierde teilweise unbefriedigt. Immerhin reicht der kurze Aufenthalt dazu, ein paar Bilder über Nowgorod zu machen - und einige hier auf dieser Seite zusammen zu stellen.
Ganz normale Straßenzüge - der erste Eindruck in Weliki Nowgorod bei der Ankunft an einem Samstag-Abend.
Blick aus dem Hotelfenster: Erste Morgendämmerung um 8:30 Uhr.
Unterwegs in Weliki Nowgorod kurz nach Sonnenaufgang - um 9:20 Uhr.
Offenbar ist man in Nowgorod stolz auf die Vergangenheit in der Hanse. 2009 hat man den 29. Hansetag ausgerichtet, wie diese Tafel noch immer zeigt.
Die mittelalterliche Nikolaus-Kathedrale, rechts, erbaut ab 1113, gehört heute zum Weltkulturerbe. Auf dem Jaroslaw-Hof in Weliki Nowgorod finden sich eine ganze Anzahl historischer Kirchen.
Blick über den Fluss Wolchow zum Kreml und zum "Sieges-Denkmal" für die Befreiung der Stadt 1944.
Die historische Sophien-Kathedrale im Kreml von Nowgorod leuchtet in der Morgensonne über dem gefrorenen Wolchow.
Da traute ich meinen Augen kaum: Bei Temperaturen zwischen minus 15 und minus 20 Grad, bei denen ich so dick wie möglich eingepackt herumlaufe, gibt es tatsächlich zwei Verwegene, die in dem Fluss Wolchow baden gehen! Respekt vor den russischen Gepflogenheiten!
Liebesschlösser auf der Fußgängerbrücke vor dem Kreml von Weliki Nowgorod.
Blick über den eisigen Fluss Wolchow.
Im Jahr 859 wurde Weliki Nowgorod erstmals urkundlich erwähnt - und ist damit eine der ältesten Städte Russlands. Die Jahreszahl hat man stolz auf den Eingangstoren des Kreml vermerkt.
Ein Eingangstor in den Kreml von Weliki Nowgorod.
1862 wurde in Nowgorod das monumentale Nationaldenkmal "Tausend Jahre Russland" im Kreml errichtet, das zahlreiche Szenen aus der russischen Vergangenheit zeigt.
Die Sophien-Kathedrale im Kreml von Weliki Nowgorod.
Die Glocken der Sophien-Kathedrale sind in der separaten Glockenwand angebracht. Und eben diese Glocken werden von Personen direkt vor Ort geläutet - und dieses Glockenspiel direkt zu erleben, ist ein besonderes Glück!
Einige Kuppeln der Sophien-Kathedrale.
Details an der original Bronzetür aus dem 12. Jahrhundert am Westportal der Sophien-Kathedrale in Weliki Nowgorod.
Die massive Mauer des Kreml kann einen schon in seinen Bann schlagen.
Auf dem Regierungsgebäude der Oblast Nowgorod (also inetwa ein "Bezirk" in Russland) sieht man die russische Staatsflagge neben der Fahne der Oblast Nowgorod - und darunter noch erhaltene Symbole der Sowjetzeit. Vor dem Gebäude schaut Lenin mehr oder minder wohlwollend zum Regierungsgebäude.
Prompt geht es für meine Reisegruppe dann wieder auf die Straße, St. Petersburg in ca. 180 km Entfernung ist das Ziel. Heute, bei dem prallen Sonnenschein, sieht die weite, nord-west-russische Landschaft viel freundlicher aus, als an dem grauen Tag zuvor.
Wunderschön gepflegtes Holzhaus in dem 4000-Einwohner Städtchen Ljuban.
Zeitweilig habe ich das Gefühl, hier durch ein zauberhaftes Winter-Wunderland zu rollen. Für mich ist es meiner gesundheitlichen Misere zum Trotz einfach ein Vergnügen, mich hier bei prallem Sonnenschein durch die dieses Winterland chauffieren zu lassen. Auch am heutigen Sonntag ist die Fernstraße M10 von Moskau nach St. Petersburg kräftig befahren - es sind zwar weniger LKW unterwegs, aber doch noch so einige auf der Straße (die übrigens autobahnähnlich angelegt ist - und natürlich auch komplett frei von Schnee ist).
Nach einer Fahrzeit von rund drei Stunden (mit einer ausgiebigen Pause) erreichen wir dann St. Petersburg (das übrigens noch zum Bezirk Leningrad bzw. "Oblast Leningrad" gehört - dieser Name ist seit den Umwälzungen zum Ende des Sozialismus in der damaligen UdSSR unverändert erhalten geblieben). Aber St. Petersburg ist eine eigene Geschichte - und einen eigenen Reisebericht wert, der hier zu finden ist.
Auf geht's im Bus in Richtung St. Petersburg - heute bei wieder knallblauem Himmel. Hier ein letzter Blick von einer Brücke über den Fluss Wolchow in Richtung Weliki Nowgorod.
Es geht auf dem Weg nach St. Petersburg durch viele Straßendörfer - und in dem Sonnenschein wirkt alles wie ein Winter-Wunderland.
Blick über die weite, wunderbare Winterlandschaft.
Im kollektiven Gedächtnis in Russland ist der Zweite Weltkrieg offenbar immer noch sehr präsent. Immer wieder wird man, wie hier durch einen historischen Panzer am Wegesrand, daran erinnert, dass auch in dieser Region der Zweite Weltkrieg viele Menschenleben forderte.
Ja, Sie lesen richtig: Es ist das Jahr 2012 - und es geht nach Leningrad! Der Verwaltungsbezirk um St. Petersburg herum heißt nach wie vor Oblast Leningrad.
Typische Wohnhäuser auf der Strecke zwischen Weliki Nowgorod und St. Petersburg, hier in dem Straßendorf Babino. Und hinter jedem Haus ist natürlich eine Banja errichtet, ein russisches Dampfbad.
Ein Rastplatz beim Ort Ushaki an der russischen Fernstraße M10.
Die Beschilderung an der Straße ist gut - Sankt Petersburg ist auf dieser Route gar nicht zu verfehlen. Hier geht es gerade durch Tosno, die letzte größere Stadt vor dem Ziel der Fahrt.
Social Bookmarks:
Twittern
Meine Buch-Empfehlungen:
Dirk Matzen
(Abdruck oder Nutzung von Text und/oder Bildern - auch in Teilen! - nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors!)