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Mumbai - Ein Liebespaar genießt die Abendstimmung am Arabischen Meer.
Der Empfang ist wahrlich überwältigend und trifft mich wie ein Keulenhieb. Es ist ein Uhr dreißig morgens, als ich das Flughafengebäude im indischen Mumbai - vielen wohl noch besser unter dem alten, bis 1981 gültigen Namen Bombay bekannt - verlasse. Ich bin durchaus gut ausgestattet, habe ordentlich den Einreisestempel neben dem Visum im Pass, habe frisch ertauschtes, nagelneues Indisches Geld in der Tasche, habe den pre-paid-Voucher für "mein" Taxi, das mich für knapp 400 Rupees (rund 8 Euro) zu "meinem" Hotel in Mumbai bringen soll, in der Hand, habe Impfungen gegen Tollwut, Hepatitis und Typhus im Körper, habe die Mückenschutzcreme auf der Haut, habe aus diversen Reiseberichten Bilder im Kopf, was mich in dieser Stadt erwarten würde. Eigentlich kann mich ja nicht allzu viel überraschen!
Und dann das! Ich trete hier am Flughafen vor die Tür - und es macht sinnbildlich "wuuuummmm" und haut mich doch fast um! Eine schwüle Hitze empfängt mich nachts um halb zwei, mindestens 25 Grad, mindestens 80 Prozent Luftfeuchtigkeit. Augenblicklich fange ich an, aus allen Poren zu schwitzen. Der Geruch - höchst sonderbar, irgendwo zwischen Muff und Fäkalien gelagert - erzeugt augenblicklich Ekel. Es ist laut und lärmig - Hunderte, wenn nicht gar Tausende von Menschen drängen sich vor einer Absperrung in zwei Metern Entfernung, rufen mir und anderen etwas zu, wollen mir eine Taxifahrt anbieten, Geld wechseln, was weiß ich...
Nachdem ich mich zwei Sekunden gesammelt habe, entdecke ich in ca. 20 Metern auf der rechten Seiten einen völlig zugedrängten Durchgang in dieses Chaos hinein. Noch einmal nehme ich den Mut zusammen - und hinein geht es in das indische Gewimmel. Schon am Durchgang gibt sich ein junger Mann, sicher fälschlicherweise, als Zuweiser zu den Taxis aus und reißt mir förmlich meinen Koffer aus der Hand - ich lasse es geschehen, so benebelt, wie ich hier bin - er will auch den Voucher für das Taxi haben, den ich jedoch nicht aus Hand zu geben gedenke, bis ich beim Hotel bin! Ich nenne ihm also das Kennzeichen des mir zugewiesenen Taxis und er stratzt mit meinem Koffer los, ziemlich ziellos - ich hinterher. Nach zwanzig oder dreißig Metern entdecke ich dann allerdings "mein" Taxi, muss den Kofferträger bremsen, damit er nicht noch völlig idiotisch in der Gegend rumläuft. Ruckzuck ist das Gepäck verstaut, er will ein horrendes Trinkgeld und bekommt ob meiner allgemeinen Überforderung mit der gesamten Situation immerhin die Hälfte - und schon sitze ich im Taxi, das sowohl von außen als auch von innen stark an einen Trabbi erinnert. Bevor die Fahrt in das nächtliche Mumbai jedoch losgeht läuft mir ein Schauer über den Rücken: Ich werde in dem Taxi mit einem Hakenkreuz begrüßt, das der Fahrer fein säuberlich an sein, nun ja, nennen wir es: "Armaturenbrett" gemalt hat. Während ich darüber nachdenke, ob dies in Indien nicht als Fruchtbarkeitssymbol oder ähnliches angesehen wird (später erfahre ich: es ist "Swastika" - wörtlich: "Glücksbringer". Ausgerechnet!), kann ich den Blick nicht so recht davon lassen. Wie komisch es doch ist, dieses für uns finsterste und widerlichste aller Symbole hier so selbstverständlich präsentiert zu bekommen. Dies wird mir im Laufe der Zeit noch öfters begegnet, an verschiedensten Orten, selbst auf Münzen. Die Fahrt beginnt.
Nach fünfzig Metern ist dann jedoch schon wieder Schluss. Ich lerne eine weitere Lektion für Indien: Wie früher im Sozialismus haben Stempel wohl auch hier eine extrem hohe Wichtigkeit. Also raus aus dem Taxi, rein in eine Bude, Stempel auf den Taxi-Voucher, der damit erst gültig gemacht wird, zurück zum Auto und Start zu einer Fahrt, die ich wohl nie in meinem Leben vergessen werde - solange ich klar denken kann, jedenfalls. Die Eindrücke der 80 Minuten Fahrt sind überwältigend und lassen in mir zuweilen das blanke Grauen aufkommen.
Vielleicht ist dies aber ein guter Zeitpunkt, um einiges allgemeines über Mumbai zu schreiben. Von den Portugiesen im Jahr 1537 ein paar kleinen Inselchen gegründet, von den Briten im Jahr 1661 übernommen und im 19. Jahrhundert zur Handelsmetropole ausgebaut - was auch heute noch im Stadtbild deutlich zu erkennen ist. 1862 wurden die Inselchen durch ein riesiges Landgewinnungsprogramm zu einer Festlandachse verbunden, seitdem ist die Größe der Stadt förmlich explodiert. Das Zentrum von Mumbai liegt seitdem auf einer Halbinsel und hat sich landeinwärts immer weiter ausgedehnt. Mumbai ist zu dem Finanzzentrum Indiens herangewachsen, die Boomstadt schlechthin dieses riesigen Landes. Allein 40 Prozent des gesamten indischen Bruttoinlandsproduktes wird im Gebiet von Mumbai erwirtschaftet! Dass hier auch das Zentrum der indischen Filmindustrie ist und in "Bollywood" jährlich rund 140 Filme produziert werden, sei nur am Rande erwähnt...
Offiziell geschätzte 16,5 Millionen leben 2005 in der "bombastischen" Mega-Stadt Bombay bzw. Mumbai. Rund 60 Prozent hiervon leben in Gebieten, die von der Stadtverwaltung offiziell als Slums ausgewiesen sind. Dies ist noch nicht das Schlimmste, haben diese Bewohner doch noch einen Zugriff auf ein winzig kleines Mindestmaß an Infrastruktur (Papp- oder Blechdach über dem Kopf, irgendwo ein zentraler Wasserzugang, manchmal einen zentralen Abort und womöglich eine Satellitenschüssel auf dem Dach). Etwa fünf Prozent der Bevölkerung - also immerhin fast eine Million Menschen (!), aber wer will das schon so genau bestimmen? - haben nicht mehr die "Privilegien", die ein Slum bietet, haben überhaupt nichts und leben komplett auf der Straße.
Dies war mir durchaus bekannt, als ich dort ankomme - und trotzdem fährt es mir in die Glieder, als das Taxi nach wenigen Metern an den ersten auf einer Plane oder einem Stück Pappe liegenden und schlafenden Menschen vorbei fährt. Ich denke mir: Gute Güte, das sind ja Dutzende! Einige Minuten später ist der Gedanke eher: Mein Gott, das sind ja Hunderte, an denen ich hier vorbei kutschiere! Aber auch das hält nicht lange, nach einer halben Stunde wird mir klar: Das sind ja Tausende Menschen in aller-ärmsten Verhältnissen, an denen ich hier schon fürstlich vorbei gefahren bin. Es ist ja tief in der Nacht, und diese Menschen liegen auf jedem vorstellbaren Fleck, um zu schlafen. Mal etwas zurückgezogen, immerhin ein wenig vor Licht und Regen geschützt. Mal direkt am Straßenrand, mal mitten auf einer Verkehrsinsel, mal in Hauseingängen, mal direkt vor der (Gas-)Tankstelle, an der der Taxifahrer gerade einen Stopp einlegt. Einfach Überall!
Mein Besuch in Mumbai findet Mitte September statt. D.h. es ist noch Monsunzeit, bzw. ausklingende Zeit der jährlichen Monsunregen. Die immer wieder einsetzenden Regenschauer scheinen aber für viele bei der Wahl des Schlafplatzes keine Rolle zu spielen. Die Menge und das Ausmaß an Armut, die mir hier allein auf dieser nächtlichen Taxifahrt vor Augen geführt wird erschüttern mich sehr und lassen mir auch lange Zeit danach wenig Ruhe.
Und trotz der zahllosen Eindrücke von Ärmlichkeit begegnen wir im Taxi doch immer wieder mal Trupps, die zu meiner Überraschung wild feiernd durch die Straßen ziehen, mit infernalischem Lärm. Der Fahrer erklärt mir, es würde gerade das Festival um den Gott Ganesha beginnen, das über neun Tage dauern wird. Offenbar ziehen zu Beginn feierwütige Horden durch die Stadt, immer hinter einer mehr oder minder großen Statue des bei allen be- und geliebten Gottes Ganesha. Der ist dafür bekannt, den Menschen wohlgesonnen zu sein und Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Dies gefällt mir - vielleicht kann ich dies ja während meines Aufenthaltes gebrauchen. Die jeweils ca. 30-50 Feierwütigen ziehen hinter der den Statuen mit lautem Getrommel, Musikgedudel und ständigen Böllerkrachern hinterher, bewerfen sich gegenseitig mit pink- oder violettfarbenen Pulver und scheinen sich in eine Art Trance zu tanzen. Trotz der fortgeschrittenen Uhrzeit (es ist immerhin schon zwischen zwei und drei Uhr nachts!) scheint sich jedoch niemand an dem Lärm zu stören. Auch in den kommenden Tagen werde ich in der Stadt immer wieder mal solchen Gruppen begegnen. Aber noch sitze ich ja nichtsahnend im Taxi in Richtung meines Hotels in der Nähe des Gates of India...
Lässt sich das Gesehene noch in Worte fassen, so fehlen mir für das Gerochene allerdings jegliche Begriffe. Schon als ich dann wohlbehalten an meinem Hotel im Touristen-Stadtteil Colaba ankomme (woher habe ich eigentlich die Zuversicht, dass der Taxifahrer mich wirklich hierhin bringt und nicht sonst wohin?), ist mir klar: Diese Stadt stinkt! Sie stinkt nach Abfällen, Gammel, Fäkalien, Abgasen und was weiß ich was. Sie stinkt oft genug erbärmlich! Und mir fehlen die Worte, um dies genauer umschreiben zu können: Es stinkt unbeschreiblich, im Wortsinne.
Ganz sicher aber ist dieser Gestank ein Grund dafür, warum ich in den folgenden Tagen so gerne mal zum Marine Drive (heutiger Name der Straße "Netaji Subhash Chandra Bose Marg" - verwendet wird jedoch noch immer die alte Bezeichnung) gegangen bin, der Promenade an der großen Bucht im Westen der Innenstadt. Es mutet zwar absurd an, neben einer achtspurigen Straße nach frischer Luft zu suchen - aber auf dem etwa zehn Meter breiten Fußweg zwischen Meer und Straße gibt es immer ein laues Lüftchen vom Arabischen Meer her mit erfrischender, kühlender Luft. Nicht zu vergessen ist, dass dieser Ort in den Abendstunden seine ganz eigene Magie hat: Zum Sonnenuntergang treffen sich an dieser mehrere Kilometer langen Straße tausende Einheimische zum Müßiggang und zum allgemeinen Treff - und die wenigen Touristen werden weitestgehend in Ruhe gelassen.
Der Marine Drive in Mumbai am Abend.
Die beeindruckende Skyline am Marine Drive in Mumbai.
Aber da bin ich ja auch schon mitten in den Schilderungen meines Aufenthaltes angelangt.
Bootsanleger direkt am "Gate of India"" von Mumbai.
Der allererste Weg am folgenden Morgen soll mich zu zwei Sehenswürdig- keiten führen, die ganz in der Nähe meines Hotels liegen: Dem Gate of India (ein skurriler, 26 Meter hoher Triumphbogen, erbaut im Jahre 1911 allein zu Ehren des Besuches des britischen Königs Georg V) und dem berühmten Taj Mahal Hotel direkt daneben. Noch nicht mal dort angekommen lerne ich die geschäftstüchtigen Inder kennen, die mich fortan sechs Tage lang hartnäckig begleiten werden, und über die ich zuvor schon einiges gelesen hatte. Umgehend werde ich als "neuer Tourist" ausfindig gemacht, man macht sich kurz bekannt, fragt wie es mir gehe, woher ich denn komme, wie lange ich schon hier sei, wie lange ich denn bleiben wolle, wie mein Eindruck von Indien sei. Ist dieses alles freundlich abgehandelt, kommt man quasi zum geschäftlichen Teil des Gespräches. Ob ich denn eine Stadtrundfahrt per Taxi machen wolle, die immer gleichen touristischen Ziele werden auf einem vorbereiteten Zettel vorgezeigt. Eigentlich wäre ich, zunächst, gar nicht soo abgeneigt, will mir aber zunächst zu Fuß einen kleinen Eindruck verschaffen, wo ich denn eigentlich bin. Ob man mir anders helfen könne, nein, ich danke freundlich, ich möchte gerne einfach laufen. Ob ich denn ins Rotlichtviertel möchte - Nein danke! Ob ich denn zu schüchtern hierfür sei - also, wirklich, ich komme doch aus Hamburg! - die Reeperbahn scheint hierzulande jedoch völlig unbekannt. 30 Sekunden später der nächste Schlepper - mit nahezu identischem Gesprächsverlauf. Wieder 30 Sekunden später der nächste und der nächste und der nächste und der nächste und... Zwischendrin Verkäufer von Luftballons, Bettler, Kinder die unbedingt meinen Regenschirm wollten (ich erlebte gerade meinen zweiten Monsunregenschauer und der etwa dreijährige Junge zerrte danach mit erstaunlicher Kraft am Schirm und rief immer mit schön rollendem "r" "Umbrrrrella!! Umbrrrrella!!"). Die meisten dieser Verkäufer und Schlepper treiben sich - klar! - in touristischen Regionen rum, sind ausgesprochen offensiv bis aggressiv und zäh.
Das Taj Mahal Intercontinental Hotel gilt als eines der bekanntesten, traditionsreichsten und besten - nicht nur in Indien, sondern der ganzen Welt.
Ich weiß, diese Menschen leben davon, diese Jobs zu machen und ihre Geschäfte mit Touristen zu tätigen. Aber mir wird dieses forsche Herangehen an mich sehr schnell zu viel. Als mein Blick dann auch noch auf die etwa drei Meter lange Schlange fällt, die - allerdings tot - in dem Schmutzwasser treibt, bin ich doch von dem Treiben an diesem Ort bedient und beschließe, auf jegliche Stadtrundfahrt zu verzichten und mich zu Fuß Richtung Zentrum durchzuschlagen. Basta!
Das Rathaus von Mumbai - direkt gegenüber vom riesigen Bahnhof Victoria Terminus.
Für die Inder muss ich an diesem Tag, und nicht nur an diesem, etwas komisch aussehen - so, als sei ich ins Wasser gefallen oder gerade dem Regenschauer hilflos ausgeliefert gewesen: Ich bin nass! Von Kopf bis Fuß: nass! Aus jeder Pore meines Körpers fließt der Schweiß geradezu, bei 28-30 Grad Celsius und sehr hoher Luftfeuchtigkeit durch Meeresnähe und Regenschauer - da ich Saunagänge meide, habe ich wohl noch nie in meinem Leben so geschwitzt, schon gar nicht so lang andauernd. Schnell wird mir klar: Wenn ich nicht ständig und zügig für Wassernachschub sorge wird das hier ein böses Ende nehmen! Immerhin ist es zumeist kein Problem, sich trinkbares Wasser zu besorgen - es gibt viele Kioske, die für 12 bis 15 Rupees Mineralwasser anbieten (Achtung: darauf achten, dass die Flaschen auch wirklich originalverschlossen sind - sonst ist wahrscheinlich eher unverträgliches Leitungswasser nachgefüllt worden). Dies ist für viele Inder schon viel Geld, mich rettet dieses Wasser für umgerechnet 20-30 Cent (wahrscheinlich ein für Indien total überteuerter Preis - aber das ist mir Wurscht und einfach jeden Rupee wert) über meinen Aufenthalt. Fast immer gibt es an den Kiosken das Mineralwasser gekühlt und ich merke schnell, dass es bitter notwendig ist, kontinuierlich für einen ausreichenden Vorrat an Wasser zu sorgen. Manchmal verschlägt es mich in Gegenden, in denen ich keine Kioske finde - dann wird die Lage schnell kritisch und ich leide schnell Durst und meine Kräfte lassen verblüffend schnell nach. Täglich nehme ich zwischen 4 und 6 Liter Wasser zu mir - und bewege mich da offenkundig an der untersten Grenze des Nötigen, da ich es trotz all der Flüssigkeitszufuhr nie nötig habe, Gebrauch von einer der überaus abschreckenden öffentlichen Toiletten zu machen. Glücklicherweise! Sämtliche aufgenommene Flüssigkeit wird von mir offenbar durch die Haut wieder abgegeben. Nicht nur meine Kleidung ist durchgeschwitzt, selbst in meinem Rucksack ist mit der Zeit nichts mehr vor meinem Schweiß sicher - u.a. Stadtplan und Touristguide lösen sich so mehr oder minder in Wohlgefallen auf.
Die Briten haben in der Architektur deutlich ihre Spuren hinterlassen, besonders im Stadtteil "Fort". Oft gibt es dort eine reizvolle Mischung der Baustile.
Der Regen wurde im Laufe der Woche weniger, ich bewege mich hier ja am Ende der Monsunzeit. So erlebe ich auch mal einen Tag mit für mich eher "normaler" Luftfeuchtigkeit, aber dafür dann auch gleich 35° Wärme. Dieses ist jedoch weitaus besser zu ertragen als die große Schwüle.
Nichts ist offenbar leichter, als mit Menschen in Indien in Kontakt zu kommen. Zwar wurde ich mit der Zeit misstrauisch und genervt und habe zuweilen keinerlei Lust mehr dazu, irgendwelche Händler oder Schlepper freundlich abzuwimmeln - ich werde da mit der Zeit knapper, deutlicher, abweisender. Diese Händler und Schlepper lauern an vielen Orten in Mumbai und es ist mit der Zeit in der Tat anstrengend, sie in die Schranken zu weisen - immer wird der vermeintliche Handel mit einigen belanglosen und sehr freundlichen Worten eingeleitet, die ein gut erzogener, höflicher Mensch ebenso freundlich beantwortet. Aber: Eigentlich habe ich überhaupt kein Interesse daran, irgendwelche Einkäufe zu tätigen. Das können diese Händler ja nicht wissen und sie sorgen ja letztlich auch nur für ihr täglich Brot und versuchen, an Touristen einen schnellen Rupee zu verdienen - allein: In der auftretenden Masse nervt es irgendwann nur noch! Es nervt!!
Besonders nervtötend sind darunter noch diese aggressiv auftretenden Luftballonverkäufer. Immer, wenn ein Tourist naht, halten sie ihre ca. 1,50 Meter langen, birnenförmigen und bis ca. 50 cm dicken, stabilen Luftballons geradezu aufreizend nach vorn, schlagen mit kräftigem Schwung dagegen um zu zeigen, wie widerstandsfähig und robust gerade diese sind und wollen solche Ballons für 20 oder 30 Rupees verkaufen: "very cheap, Sir - and very good". Geht man nicht auf den Handel ein, dann folgen sie einem, bis zu fünf Minuten lang. Der Preis fällt kontinuierlich und man hat immerhin einen Begleiter, der einen vor anderen, aufdringlichen Händlern bewahrt... Aber doch muss ich mich immer irgendwann zu dem Verkäufer umdrehen, ganz deutlich machen, dass ich ein solches Ungetüm nicht kaufen werde und eindringlich sagen, dass er seine Zeit verschwendet - erst dann war Ruhe. Ein paar Meter lang - bis zum nächsten "freundlichen" Händler. Bei Lichte betrachtet sind diese Händler nicht "freundlich", sondern extrem unhöflich. Aber eben aus der Not geboren. Diese aufdringliche Vorgehensweise bei den Händlern (und auch einige Bettler gehen - besonders in den Touristenhochburgen - so massiv vor) kann einem schon den Spaß verderben. Man kommt kaum umhin, sich ein dickes Fell zuzulegen und eine Strategie zu entwickeln, wie man diese Leute abweist, ohne verletzend zu werden. Schließlich tun sie, wie schon erwähnt, ja auch nur ihren Job.
Ein Bettler, er ist offenkundig immer im Umfeld "meines Hotels" aktiv, erweicht mein Herz dann doch, regelmäßig. Er hat ein Bein verloren, geht auf Krücken gestützt ziemlich flott und geschickt durch die Gegend, hat einen weichen und freundlichen Blick aus hartem Gesicht und sieht (wie jedoch alle Bettler) mitleiderregend aus. Nicht im Geringsten kann ich abschätzen, ob dieser Mann zehn oder zwanzig Jahre jünger oder älter ist, als ich. Nach wenigen Tagen erkenne ich ihn schon an dem klick-klack-Geräusch der Krücken, wenn er von hinten naht und zu mir aufschließt...
Viele westeuropäische Firmen sind massiv mit Werbung in Mumbai vertreten.
Eine Strategie von mir, dieser Aufdringlichkeit ansonsten aus dem Weg zu gehen, besteht letztlich ganz einfach darin, Touristengegen- den zu meiden. Am berühmten Gate of India, direkt vor dem Taj Mahal Hotel wird man alle paar Sekunden angesprochen - in dem Basarviertel um den Crawford Market (s.u.) lässt man mich dann schon mal drei Stunden in Ruhe das faszinierende Treiben beobachten.
Und doch gibt es immer und immer wieder auch Menschen, die mich einfach so auf der Straße fragen, wie es mir geht und woher ich komme - und dann weiter ihres Weges gehen. Oder die mich einfach nur anlächeln, Frauen wie Männer. Angeschaut und beobachtet wird man als weißhäutiger sowieso ständig, man erweckt offenkundig Neugier. Dies geht sogar soweit, dass in dem großartigen "Prince of Wales Museum" für einige Schulklassen von 6-10jährige ICH zur eigentlichen Attraktion des Museums wurde. Alle, ausnahmslos ALLE, starren mich die gesamte Zeit über mit großen Augen an, als sie in Reih und Glied durch einen großen Ausstellungsraum des Museums wandern. Die mutigen lächeln mich an, die allermutigsten sagen "Hello!". Überaus liebenswert, entzückend und unschuldig diese Kleinen - die mit ihren schnieken Schuluniformen ganz sicher zur bessergestellten Schicht in Mumbai gehören.
Mittags gegen 12 Uhr bei der Churchgate Bahnstation: Treffpunkt der Dabawallas, der weltberühmten Essensausträger von Mumbai, die privates Essen aus den Vororten in die Büros in der Innenstadt bringen. Jeder ist selbständiger Unternehmer und auch ohne großes Logistikunternehmen ist alles perfekt organisiert.
Auf der anderen Seite gibt es offenkundig nicht wenige Straßenkinder, die sich in Grüppchen durch die Stadt schlagen. Nicht zuletzt diese zeigen einem: Wenn man diese Stadt und vielleicht ja allgemein dieses Land besucht, muss man versuchen, sich auf alle vorstellbaren Varianten von Armut einzustellen. Man wird ihnen begegnen! Und noch vielem mehr! Das ist hart, kostet Kraft und zwingt einen zur Auseinandersetzung. Man wird auch nicht umhinkommen, das eigene Dasein mit anderen Augen zu sehen. Wer sich eine Reise von Europa nach Indien leisten kann, IST selbstverständlich extrem privilegiert und "reich", zumindest an Möglichkeiten - die die Masse der Menschen dort nie auch nur andeutungsweise haben werden.
Geschäfte und Fliegende Händler in der Nähe des am Wellington Circles.
Schon auf anderen Reisen habe ich es mir zur Angewohnheit gemacht, Städte so viel wie möglich zu "erlaufen". So auch hier in Mumbai, wenn auch nur im Zentrum der riesigen Stadt. Die Lage meines Hotels ist im Stadtteil Colaba dafür recht gut geeignet - allerdings brauchte ich ein paar Tage, um mich in der Stadt einigermaßen sicher zurechtzufinden. Im Zentrum der 16-Millionen-Stadt lässt sich sehr vieles bestens zu Fuß anschauen - dies macht das Erlebnis weitaus intensiver, als wenn man sich in eines der Taxen setzt und eine der so forsch angebotenen Stadtrundfahrten macht. Sollte man den Weg zu Fuß machen, so muss man sich jedoch darauf einrichten, ständig Menschenmassen zu begegnen. Überall sind unvorstellbar viele Menschen unterwegs, so, wie wir es eigentlich nur vom Einkaufszentrum oder von besonderen Veranstaltungen kennen. Und diese Menschen betrachten neugierig den blasshäutigen Exoten, der da, wohl recht angestrengt wirkend, durch die Gegend läuft. Man ist also fast nie so richtig "für sich". So ähnlich muss es für Stars sein: Fast alle stieren einen an.
Ein besonderes Erlebnis ist auch das Zurechtfinden mit dem Straßenverkehr. Nicht selten laufe ich durch die Straßen und denke mir, dass es wirklich gut ist, in etlichen Wochen in Ankara ein gewisses "Übungsfeld" gehabt zu haben, um diesem Chaos hier überhaupt gewachsen zu sein. Die Mischung der Verkehrsteilnehmer hier ist viel bunter, als in der von mir so geliebten türkischen Hauptstadt. Zwar sind die Rikschas komplett aus dem Innenstadtbereich verbannt worden, aber auch so sieht man von der dreirädrigen Karre über unzählige Taxis bis zu Mercedes und Ferrari alles, was rollt. Viele Motorräder mischen sich unter die Autos, und auch etliche offenbar todesmutige Radfahrer machen bei der Verkehrslawine mit. Es ist ein kunterbuntes, unüberschaubares Gemisch!
In der Nähe des Crawford Marktes: der Straßenverkehr ist tosend laut und unübersichtlich.
Normale Straßenszene im Stadtteil Fort unweit des Victoria Terminus-Bahnhofs.
Probleme bereitete mir bis zum Schluss immer wieder mal der Linksverkehr. Alles kein Problem, wenn man in der Masse der Einheimischen mitläuft. Aber komme ich mal an eine Kreuzung mit baulich getrennter Abbiegerspur, wo gerade kein Verkehr fließt und auch keine Fußgänger laufen, dann muss ich schon mal intensiv nachdenken: "Moment mal, von wo kann jetzt ein Wagen kommen und wohin dann fahren?" Das ist nicht immer, nun ja, übersichtlich und zuweilen "ticke" ich da schlicht und einfach falsch. Das ruft dann schon mal die eine oder andere kritische Situation hervor.
Verkehrserziehungsmassnahmen an Verkehrsknotenpunkten in Mumbai.
Aber indische Auto- und Motorradfahrer sind durchaus achtsame Zeitgenossen! Sie fahren aufmerksam! Fällt ihnen in ihrem Weg ein Hindernis auf, dann hupen sie eindringlich. Das angehupte Hindernis muss dann allerdings schon selber sehen, wie es sich in Sicherheit bringt - offenkundig wird die Funktion der Bremsen in indischen Autos durch die Hupe außer Betrieb gesetzt. Das heißt im Klartext: Auto- und Motorradfahrer fahren, wo es geht und so flott es eben geht, hupen einen an, wenn man sich gerade dumm verhält, und man muss dann flugs beiseite springen. Ich springe hier durchaus mehrmals angehupt und in höchster Not beiseite... Und gehupt wird in Mumbai viel - eigentlich immer und überall. Auch das ist charakteristisch für Mumbai: Es liegt ein geradezu irrer Lärm über der Stadt!
Versäumt man mal zu hupen, dann kommt es zu einem Unfall. Einmal, ich mache gerade eine kleine Rast an einem schattigen Ort, höre ich in meinem Rücken ganz unvermittelt ein sonderbares Knirschen. Da ich das Geräusch überhaupt nicht zuordnen konnte, drehe ich mich eher neugierig um: Ein Taxifahrer hat mit seinem Trabbi-ähnlichen Fahrzeug einen Fahrradfahrer angefahren. Das schwer beladene Fahrrad liegt auf der Straße, teilweise unter dem Auto - allerdings, glücklicherweise, nicht der Fahrradfahrer! Der, etwa 25 Jahre alt, ist quicklebendig, schimpft, schreit und lamentiert jedoch gar nicht weiter, springt elanvoll auf, rennt still zum Auto, reißt die Fahrertür auf und tritt mit einem Fuß acht- bis zehnmal beherzt und mit Schwung dort hinein. Es folgen ein paar Hiebe mit der Hand, danach versucht er, den Fahrer am Arm aus dem Auto zu zerren. Vereinzelte Passanten eilen herbei, um dem Treiben Einhalt zu gebieten. Ebenso eilen jedoch massenhaft Passanten herbei, um das Treiben aus der Nähe zu betrachten. Leider versperrt mir ein in dem augenblicklich entstandenen Stau zum Stehen gekommener Bus die Sicht auf das Schauspiel - fünf Minuten später, der Bus ist ein paar Meter voran gekommen, ist dann ein Polizist vor Ort, Taxi wie Fahrrad am Straßenrand und das Spektakel beendet. Viele der dutzenden Zuschauer bleiben trotzdem noch stehen - wer weiß, vielleicht gibt es ja doch noch mal eine kleine Zugabe...?
Sie möchten die Straßenseite wechseln?
Bitteschön - nur zu!
Es gibt aber auch Ampeln in Mumbai - und denen kann man durchaus trauen. Vor allem an großen Knotenpunkten sind diese eine wirkliche Hilfe beim Überqueren der Straße. Nicht selten habe ich mich - ganz unindisch! - geduldig an einer Ampel hingestellt und gewartet. Irgendwann werden diese für die Autofahrer dann rot und irgendwann kommt in der Folge dann der Verkehr wirklich zum Stehen - nicht so diszipliniert, wie wir das kennen. Aber immerhin!
Ich kann mich nicht erinnern, irgendwann einmal eine Frau an dem Steuer eines Autos gesehen zu haben, am Lenker eines Motorrads oder gar auf einem Fahrrad. Habe ich bei den unendlich vielen Autos zugegebenermaßen nicht darauf geachtet, so wäre mir eine Frau auf einem Fahrrad doch garantiert aufgefallen. Insgesamt ist es so, dass man im Stadtbild von Mumbai deutlich mehr Männer sieht, als Frauen.
Farbenfroh - Frauen in den Hanging Gardens.
Und das finde ich nach einigen Tagen durchaus schade - denn die Frauen in Indien habe ich eigentlich immer als ein Fest für das Auge wahrgenommen. Findet man in deutschen Internetforen seitenweise Abhandlungen über das Tragen von Spaghetti-Trägern in Indien, sowohl bei den einheimischen Frauen als auch bei Touristinnen, so kümmern sich die Frauen in Mumbai offenbar einen Dreck um diese deutschen Diskussionen - und kommen zu weit über 90 Prozent ganz traditionell daher: Eingehüllt in den Sari, meistens ungeheuer farbenprächtig, quer durch alle Alterstufen. Selbst in Ehren ergraute und vom Leben gezeichnete Frauen kommen in leuchtendem Blau oder auch einer knalligen pink-gelb-Kombination oder was auch immer für geschmackvollen Farben und oft halb bauchfrei daher.
Fast immer ein grandioser Anblick! Eine Gruppe indischer Frauen lässt das Auge des westlichen Betrachters einfach nur jubeln. Ohne Ausnahme immer zeigen indische Frauen Eleganz und Haltung.
Die modernen, jungen Frau, die sich auch in solchen Gruppen finden, sehen dann in ihren modischen Jeans und Shirts (letztere hin und wieder tatsächlich ärmellos, wenn auch nie mit hauchdünnen Spaghettiträgern) blass und farblos aus. Gar nicht so selten findet man in Mumbai eine Kombination aus Jeans und traditionellem indischen Oberteil - eine sehr geschickte Mischung aus traditioneller und top-moderner Kleidung.
In jedem Reiseführer findet er Erwähnung als ganz besonders faszinierender Ort: Der Crawford Market, ein gewaltiger Markt in historischem Gemäuer. Neben dem üblichem Handel und Wandel mittlerweile auch ein Anziehungspunkt für Touristen. Das wissen auch die üblichen "hilfreichen Geister" und lauern Touristen am Haupteingang auf, wollen eine "Führung" über den Markt machen oder irgendeine mysteriöse Gebühr kassieren. Nimmt man einen der zahlreichen Nebeneingänge, dann bleibt einem dies erspart.
Der Crawford Market ist ein gewaltiges, altes Marktgebäude.
Der Markt ist durchaus eine Besichtigung wert - allerdings kann ich ihn nun auch wieder nicht soo faszinierend finden, dass ich ihn stundenlang hätte durchwandeln können, wie mein Reiseführer es in Aussicht gestellt hatte. Schon allein einige Gerüche nahmen bei mir den direkten Weg von der Nase in den Magen und... nun ja, sorgten für ein... gewisses Sättigungsgefühl. Mit anderen Worten: eigentlich hatte ich schon nach 20 Minuten genug, auch wenn das Treiben durchaus interessant war.
Zu just diesem Zeitpunkt ist es, als sich ein Mann zu mir gesellt, mich in verblüffend gutem Englisch und in recht scharfem Ton darauf anspricht, dass ich ja wohl die Schilder am Eingang nicht beachtet hätte. Schilder am Eingang? Nö, habe ich nicht gesehen - an dem Eingang, den ich genommen hatte es keine gegeben. Nun, ich solle ihm folgen, damit ich die Schilder lesen könne. Ich bin - und gebe mich - unwillig, frage, was denn eigentlich das Problem sei. Er: Ich solle folgen um die Schilder zu lesen! Ich: Er könne mir das "Problem" doch auch hier erklären. Hin und her geht es. Er meint nur "the problem is that this is not a safe place" - und ich solle im folgen. Okay, okay, ich folge ihm, schlurfe in aufreizend langsamen Tempo hinter ihm her, finde plötzlich jeden Marktstand um mich herum wahnsinnig interessant - um dann doch direkt zum Haupteingang zu kommen.
Dort werde ich auf das Schild hingewiesen - immerhin gedruckt steht dort sinngemäß kurz und knapp, dass Besucher den Markt nur in Begleitung von autorisierten Personen betreten sollen. Er fügt mündlich hinzu, immer noch mit dem Versuch, Autorität zu verströmen, dass diese autorisierten Personen sich durch ein Metallschild ausweisen können und hält mir eine Plakette, ähnlich den Polizei-Plaketten aus amerikanischen TV-Krimis, mit der Nummer 313 unter die Nase. Ich finde das amüsant und lache schallend - und seine Autorität schmilzt in Sekunden dahin... Ob das ein Scherz von ihm sei, er weist zur Bestätigung auf ein zweites, gleichlautendes Schild, und fügt an "no money, Sir, no money!". Ich schüttele den Kopf, auch ein wenig verdutzt ob der neuen Methode, mich als Tourist irgendwie über den Tisch ziehen zu wollen, überlege eine Sekunde, wie ich diesem dreisten Herrn ein Schnippchen schlage - als sich ein dritter einmischt, etwas gereizt. Er erklärt mir, ich solle dem Kerl keinerlei Geld geben und ihm nicht glauben, das ginge so doch alles gar nicht! Mir wird es nun aber zu dumm, erkläre beiden, dass ich eh schon genug gesehen habe, keine Lust mehr auf den Markt habe und ihn jetzt verlassen werde.
Dies passt dem ersten Herrn nun auch wieder nicht, aus seinem vermeintlich autoritären Auftreten wird nun schon fast ein Flehen: Er wolle wirklich keinerlei Geld (offenkundig denkt er nur an Geld, so oft, wie er es letztlich erwähnt) und nach einigen Minuten seiner Begleitung dürfe ich mich dann ja doch allein in dem Markt bewegen! Ich winke nur ab, bedanke mich übertrieben freundlich bei den beiden Herren für ihre Hilfe, drehe mich um und verlasse tatsächlich den Markt. Nach ca. 10 Metern schaue ich mich noch einmal um und sehe zwei verblüfft mich beobachtende, schweigende Gesichter der beiden friedlich nebeneinander stehenden Männer...
Im Basarviertel beim Crawford Market - ebenso faszinierendes wie undurchschaubares Treiben!
Dies hält mich nun aber nicht davon ab, in die Seitenstraßen des Basarviertels um den Markt abzubiegen. Da die Straßen und Gassen einen recht düsteren und herunterge-kommenen Eindruck machen, wirken sie nur wenig einladend und ich muss meinen Mut etwas zusammen nehmen, um in die Umgebung, die teilweise vor Menschen fast zu platzen scheint, einzutauchen. Aber dies ist absolut lohnend, meine Bedenken sind völlig überflüssig! Ein paar Stunden schlendere ich durch dieses Handels- bzw. Basarviertel - und ich kann es nicht anders ausdrücken: Ich bin völlig fasziniert! Ein Gewusel, ein schwunghafter Handel, völlig undurchschaubare Läden und Geschäfte, mittendrin immer bis oben beladene Transportkarren und natürlich auch Autos, Kühe, die sich zum Teil frei durch die Gegend bewegen und nach Essen suchen (hier in diesem Viertel sehe ich die einzigen Heiligen Kühe während meines Aufenthalts in Mumbai), mittendrin eine wunderschöne Moschee. Keine Ahnung, was hier um mich herum alles passiert und gehandelt wird.
Im Basarviertel beim Crawford Market.
Kurz: Bilder, Geräusche, Gerüche, wie ich sie noch nie erlebt hatte! Alles hektisch, alles laut, alles wuselig, alles unüberschaubar - aber auch alles friedlich. Ich als Tourist wurde, natürlich, immer neugierig beäugt, aber nie belästigt. Man lässt mich in Ruhe gewähren und einen Einblick in das Leben hier bekommen. Da ich während der ganzen Zeit hier in dem Viertel keinen anderen "Weißhäutigen" gesehen habe, nehme ich einfach mal an, dass Touristen sich nur sehr selten hierhin verirren - und so noch keine entsprechende Infrastruktur bei den Einheimischen erzeugt haben. Dafür bin ich sehr dankbar, denn mir wurde so einer der spannendsten Momente in dieser Stadt beschert.
Nicht verpassen sollte man bei einem Aufenthalt in Mumbai - den Sonnenun- tergang! An der westlichen Küstenseite des Zentrums findet sich an einer kilometerlange Bucht der Marine Drive. Auf der achtspurigen Straße tobt der Verkehr wahrscheinlich den ganzen Tag lang, aber auf der schon erwähnten angrenzenden ca. 10 Meter breiten Uferpromenade lässt es sich zum Abend hin trefflich flanieren. Auch gibt die Abgrenzung zur Uferbefestigung eine großartige Sitzbefestigung für tausende von Menschen.
Sonnenuntergang über dem Arabischen Meer - am Marine Drive genossen.
Am Abend ist es eine wahre Freude, hier an diesem Ort zu spazieren, zu verweilen, zu beobachten. Eine wunderbare, fast magische Stimmung legt sich über den Marine Drive bei Sonnenunter- gang, der von vielen Einheimischen hier eher andächtig genossen wird. Der Schönheit des Sonnenuntergangs über dem Arabischen Meer, die unfassbare Millionenstadt im Rücken, kann man sich wohl nur schwerlich entziehen.
Eine Gruppe wohlgekleideter Jugendlicher abends am Marine Drive. Vergnügt gaben sie dem Touristen mit, das Bild aber nicht zu löschen - und siehe da, das habe ich tatsächlich nicht getan.
Nicht umsonst gibt es auch am Marine Drive die netteste und interessanteste Begegnung, die ich während meiner Woche in Mumbai habe. Ein langes, ausgiebiges Gespräch mit einem 25jährigen Studenten ergab sich wie von selbst, in dem ich nicht nur meine Eindrücke von meinem bisherigen Aufenthalt einmal ausführlich darlegen konnte, sondern in dem es von Hitler bis zum für das Land womöglich bedrohlichen "Braindrain" der indischen Ingenieure ins Ausland um viele Themen ging - ein spontanes, offenes Gespräch zwischen einem indischen Moslem (ca. 12 Prozent der indischen Bevölkerung sind Moslems, also immerhin etwa 100 Millionen Inder) und einem christlich geprägten, fast doppelt so alten Deutschen - tolle Momente, die das Leben bereichern.
Aber auch ein Stück weiter nördlich, am Chowpatty Beach geht es magisch zu beim Sonnenuntergang - wenn auch weniger andächtig. Dort finden sich Menschenmengen zusammen und die Stimmung ist eher partyähnlich. Ob dies immer so ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Während der Zeit meines Aufenthaltes gibt es zahlreiche Gruppen, die den Gott Ganesha feiern, wie ich es ja auch schon auf den Straßen gesehen hatte. Um gebastelte Figuren des Gottes mit dem Elefantenkopf spielen sich wahre Happenings ab, manchmal eher im kleinen Familienkreis, manchmal in größeren Gruppen. Es wird Musik gemacht, gesungen, getanzt, gelacht. Auch hier: Fremdartige Rituale - magische Momente! Den wahrscheinlich magischsten aller Momente am Chowpatty Beach habe ich jedoch leider um ein paar Tage verpasst. Zum Abschluss der neuntägigen Feierlichkeiten um den Gott Ganesha (und die Feierlichkeiten sind nirgendwo in dem Riesenland so gewaltig wie in Mumbai) werden die ganzen gebastelten Ganesha-Skulpturen vom Chowpatty-Beach aus ins Meer getragen und versenkt. Auch wenn mir der Sinn dieser Handlung verschlossen bleibt, so hätte ich mir dieses Spektakel doch liebend gerne angeschaut!
Der Abend zieht auf - und am Chowpatty Beach kommen im Lauf der Zeit hunderte Leute zusammen um den Abend zu genießen.
Der Gott Ganesha wird vor allem in Mumbai gefeiert: Hindus, Moslems, Christen, Sikhs, Buddhisten, Parsi - alle lieben den Gott mit dem Elefantenkopf! Gerne auch mit ein wenig Kitsch.
Umzug für den Gott Ganesha in der Innenstadt - man bewirft sich aus einem mir nicht bekannten Grund mit farbigen Pulvern. Und dass sich einige in der sowieso schon irre lauten Stadt hier die Ohren zuhalten, hat auch seinen Grund.
Dass der Marine Drive auch spät in der Nacht noch völlig faszinierend ist, bemerkte ich leider erst bei meiner Abreise, als der Taxifahrer zum Flughafen diese Strecke nimmt. Es sind zwar kaum noch Menschen auf den Wegen, die gewaltige, leuchtende Skyline von Mumbai in Kombination mit der Beleuchtung der Straßen verschlägt mir fast den Atem. Wunderschön und sehr beeindruckend.
Eigentlich ist die Straße Colaba Causeway Road (der heutige Name ist eigentlich "Shahid Bhagat Singh Road") "gleich um die Ecke" meines Hotels - aber da ich zunächst andere Wege einschlug, dauert es zwei Tage, bis ich in den "Genuss" komme, sie einmal entlang zu schlendern. Bekannt ist die Straße, als DIE Einkaufsstraße für die Touristen. Das liegt ja auch nahe, sind doch etliche Touristenhotels in unmittelbarer Nachbarschaft gelegen. So ist auch das Angebot in dieser Straße stark auf den (vermeintlichen!) Geschmack der Touristen abgestimmt. Auf dem Weg vom Wellington Circle zu meinem Hotel muss ich mich auf einem sehr schmalen Bürgersteig durch einige hundert Meter extrem offensiver Verkäufer an ihren Ständen mit allerlei Schnick-Schnack geradezu durchschlagen. Nach dem ersten Weg dort entlang denke ich: Danke, das war's - diesen Weg werde ich zukünftig meiden. Es ist einfach nicht mein Ding, alle drei bis fünf Meter einen Verkäufer für Brillen, Raubkopien, billige Hosen, billige Hemden, billige Schuhe, billige T-Shirts, Souvenir-Nippes, Luftballons, Halstücher, Kinderspielzeug, Gürtel oder was auch immer abzuwehren. Sobald man nicht stur auf den Boden oder ins Leere schaut wird man augenblicklich angesprochen, mir ist das entschieden zuviel!
Ein häufig zu sehender Lastentransporter in Mumbai.
Geradezu erleichtert bin ich, als ich in die Garden Road in Richtung meines Hotels abbiegen kann.
Bereits einen Tag später jedoch merke ich, dass dies durchaus ein Fehler war! Bereits eine Querstraße weiter nach "meiner" Abbiegung, nur rund 50 Meter weiter südlich, hat die Straße ihren Charakter vollends verändert! Plötzlich gibt es keine Angebote und kein Bedrängen mehr für Touristen, man wird plötzlich wieder in Ruhe gelassen und befindet sich mitten im geschäftigen Treiben der Einheimischen. Wieder mal gibt es unendlich viel zu sehen, was für meine Augen neu und spannend ist. Besonders abends und nachts finde ich die lebhafte Atmosphäre dort faszinierend, geradezu mitreißend. Toll! In diesem Bereich entdecke ich dann auch das Restaurant mit dem leckersten Essen während meines Aufenthalts in Mumbai - zwar aus dem ersten Stock mit einem tollen Blick über die lebhafte Straße, leider jedoch sehr ungemütlich-sachlich eingerichtet. Kaum zu glauben: Knapp 200 Meter von den zahlreichen Touristen-Fallen entfernt werde ich von den jungen Mitarbeitern des Restaurants schon wieder wie ein Marsmensch bestaunt, nach dem Motto: Ein Europäer! Hier! Unglaublich!!
Noch einen Tag später schon bemerke ich jedoch, dass es auf der anderen Straßenseite des Colaba Causeway (also Richtung Norden auf der linken Seite zum Wellingten Circle) völlig anders zugeht: Dort gibt es eine ganze Reihe von recht edlen Geschäften, die ich auch aus heimatlichen Gefilden kenne. Neu renovierte Geschäfte, die in edlem Glanz erstrahlen, der obligatorische Sicherheitsposten steht oder sitzt vor der Tür - wie vor wohl fast jedem Geschäft in Mumbai. Es ist bei dem Verkehr dieser Einkaufsstraße recht schwierig, die Straße zu queren, aber auf der genannten Straßenseite kann man recht ruhig seinen Weg zurücklegen - ohne möglicherweise pausenlosen Verkaufsangeboten fliegender Händler zu erliegen.
Diese kurze Schilderung zeigt: Die Vielfalt und die Gegensätze liegen in Mumbai oft extrem nah beieinander! Manchmal braucht man nur die Straßenseite zu wechseln oder 100 Meter weitergehen - und alle Dinge unterscheiden sich.
Sie fragen mich nach besonderen Sehenswürdigkeiten in Mumbai? Nun, ich bin nicht unbedingt der Mensch, der die in den Reiseführern angepriesenen Sehenswürdigkeiten eine nach der anderen abklappert. Die für mich größte Sehenswürdigkeit ist immer das normale Leben auf den Straßen - daran kann ich mich in anderen Kulturen einfach nie satt sehen.
Und doch, natürlich bleibt es nicht aus, auch das eine oder andere anzuschauen: Das Taj Mahal Intercontinental Hotel mit dem Gate of India davor fanden schon Erwähnung, ebenso der Crawford Market oder der Chowpaddy Beach. Die Hanging Gardens entpuppen sich als eine Oase der Ruhe in dieser tobenden Stadt. Man sieht nicht nur viele Jugendliche hier vergnügt durch den Park ziehen (befreundete junge Männer im Alter von 14 bis 15 scheinen sehr gerne Hand in Hand zu gehen), sondern es begegnen einem auch viele exotische Schmetterlinge, Streifenhörnchen, bunt schillernde Vögel. Und Riesenpinguine. Ja, wirklich: Riesenpinguine! Dieses "typische indische Tier" steht dort dutzendfach herum - als Mülleimer. Wobei mir nicht klar ist, was in Mumbai exotischer ist: Ein Pinguin - oder ein Mülleimer...
Was ist denn nun die wirkliche Rarität in Mumbai? Der Pinguin - oder der Mülleimer?
Die Parkanlage Hanging Gardens in Mumbai. Eine Oase der Ruhe in der tobenden Millionenstadt.
Ein Elefant in den Hanging Gardens.
Natürlich muss man sich den Victoria Terminus (oft gerne auch schlicht "V.T." genannt, der heutige Name "Chhatrapati Shivaji Terminus - CST" ist nicht einfach zu behalten und wohl ungebräuchlich) anschauen - von innen wie auch von außen. Das Treiben in und um den riesigen Bahnhof ist unüberschaubar wuselig, von außen ist die britisch-viktoriansiche Bauweise sehr beeindruckend! Nicht umsonst ist die Bahnstation in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen worden.
Blick auf einen Teil des Weltkulturerbe-Bahnhofs Victoria Terminus (gerne auch einfach "VT" abgekürzt) - sicherlich einer der schönsten der Welt. Und auch einer der am stärksten genutzten.
Einen Regentag nutzte ich dazu, das sehenswerte Prince of Wales Museum (jetzt "Chhatrapati Shivaji Maharaj Vastu Sanghralaya") zu besichtigen - auch dies ist in jedem Fall eine Empfehlung wert! Der Eintritt kostet 15 Rupees - allerdings nur für indische Staatsbürger. Touristen bezahlen einen Sonderpreis: 300 Rupees (Stand September 2007, ca. Euro 5,50). Das ist durchaus happig, aber ist bei der Fülle der zusammengetragenen, historischen indischen Schätze auch durchaus angemessen, finde ich. Auch, wenn es durchaus ein unangenehmes Gefühl macht, ganz offen den zwanzigfachen Preis der Einheimischen zahlen zu müssen. Immerhin beinhaltet der Mehrpreis auch automatisch das Ausleihen eines Audioguides. Fand ich solche Geräte bei früheren Museumsbesuchen ein eher lästiges Utensil, so bin ich an diesem Ort doch begeistert. Die Infos, in deutscher Sprache, waren kurz und knapp, freundlich und angenehm locker. Wunderbar präsentiert.
Nun ja... Ich! Ich habe mir diesen Luxus gegönnt, als sich mir eine wohl einmalige Gelegenheit geboten hatte. Natürlich: Ich war in Mumbai, und wer ein wenig von dieser 16 Millionen-Metropole kennengelernt hat weiß wahrscheinlich fast nichts über das riesige Land Indien. Es ist auch keinesfalls so, dass mich das Land Indien jemals besonders angezogen oder interessiert hätte - aber von meiner Grundneugier getrieben nutze ich diese Chance.
Aber: Was ist das nur für eine Stadt! Ungeheuer spannende und tolle Momente wechseln sich pausenlos mit bedrückenden, nervigen und scheußlichen Dingen ab. Es ist längst nicht alles schön, in jedem Fall aber ist alles, aber auch ALLES, was man dort sieht, interessant! Wie ein ausgetrockneter Schwamm kann man Stimmungen und Eindrücke aufsaugen.
Das Kashmir Hotel in der Nähe des Basar-Viertels.
Schön?
Oder schaurig?
Die Armut so vieler Menschen zwingt einen, sich damit auseinanderzu-setzen - auch wenn man nur schwerlich einen Weg finden kann, dies handhaben zu können. Viele Bilder der Armut in dieser doch so reichen Stadt klingen in mir noch lange nach der Reise nach. Ebenso wie das Ausmaß der Armut beeindruckt mich auch oftmals die ungeheure Gelassenheit von diesen Menschen. Es scheint mir gar nicht immer Resignation zu sein, was die armen Menschen ausstrahlen, sondern eher ein gelassenes, zuweilen sogar freundliches oder fröhliches Abwarten. Sicherlich spielt der hinduistische Glaube ein große Rolle bei dieser Gelassenheit - weiß man doch mit Gewissheit, dass man im nächsten Leben eine etwas bessere Rolle zugewiesen bekommt, wenn man sich im aktuellen Leben nichts zu schulden lassen kommt. Dies fördert offenbar zwar nicht gerade den Ehrgeiz, die eigene Situation zu verbessern, sorgt aber augenscheinlich auch für eine große, gelassene Ruhe.
Ein tägliches Fest ist für mich das abendliche Essen. Das Aloo Gobi (Kartoffel mit Blumenkohl, dazu das Fladenbrot Naan) ist grandios, das Thali (Reis mit verschiedenen Soßen) überaus sättigend und sooo lecker, von anderen Speisen habe ich den Namen leider schnell wieder vergessen. Besonders scharfes Essen begegnete mit in Mumbai übrigens nicht - es ist immer würzig, aber nie übertrieben scharf. Die Preise sind moderat: mit einer Flasche Wasser zum Essen und einem Tee (dem göttlichen Masala-Chai) danach liegt der Preis nie über umgerechnet Euro 2,00. Einmal probiere ich ein italienisch-indisches Restaurant - das mir prompt das fadeste Essen während des Aufenthaltes serviert, dafür jedoch ist das Restaurant sehr stilvoll und gemütlich, völlig untypisch "chic" eingerichtet - und die Preise viermal so hoch.
Im Priyadarshini Park gerate ich auf einer Sportanlage direkt in ein Polizeisporttraining. Ob wohl im Hintergrund die Slums in die Höhe wachsen?
Einige Bedenken hatte ich vor der Reise um meine Gesundheit. Ungern wollte ich einen oder zwei meiner wenigen Tage durch eine Magen-Darm- Verstimmung verlieren - wie es vielen Indien-Reisenden passiert. Durch die üblichen Maßnahmen, wie trinken ausschließlich von verschlossenem Mineralwasser und essen ausschließlich von tatsächlich durchgekochten Speisen, gelingt es mir tatsächlich, ohne Magenprobleme durch die Woche zu kommen.
Darüber hinaus wurde mir bei einer reisemedizinischen Beratung dringend Impfungen gegen Tollwut, Hepatitis und Typhus empfohlen. Zudem wurde ich eindringlich auf die Malaria-Gefahr hingewiesen, die insbesondere aufgrund der Regenzeit erhöht sei. Nun: Ohne allzu große Mühe bin ich gesund zurückgekehrt. Zwar ist Indien das Land mit den meisten Toten durch Tollwut-Erkrankungen auf der Erde, geschätzte 30.000 Menschen erliegen pro Jahr in Indien dieser Krankheit - die nach Ausbruch ohne Ausnahme immer tödlich verläuft. Grund genug, sich bei einer Indien-Reise immer gegen Tollwut impfen zu lassen. In Mumbai sieht man durchaus viele streunende Hunde, die in Indien hauptsächliche Überträger der Tollviren sind. Aber: es sind bei weitem nicht so viele Hunde, wie ich es aus Bukarest kenne, wo diese auch häufig viel verwahrloster erscheinen, als in Mumbai. Aber: ein Biss oder ein Kratzer kann genügen... Meine Angst vor den Malaria tragenden Mücken erwies sich jedoch als unbegründet: während des gesamten Aufenthaltes ist mir keines der blutsaugenden Plagegeister begegnet.
Arme waschen sich und ihre Wäsche in dem Wasser aus dem Abflussrohr, dessen Wasser dann direkt ins Meer fließt.
Gerade auch in den Restaurants wird mir bewusst, dass der Umgangston in Mumbai eher nüchtern bis ruppig ist. Sind in den Restaurants die Kellner zumeist sachlich bis lustlos (hierzulande würde man dies schlicht "unhöflich" nennen, vielleicht sogar "sehr, sehr unhöflich"), so zieht sich dies als der Ton der Großstadt eigentlich durch die meisten Begegnungen. Von besonderer Freundlichkeit ist nicht viel zu bemerken, auf den Fußwegen und den Straßen erscheint mir der Umgang eher ruppig zu sein. Aber das ist vielleicht gar nicht so verwunderlich, diese Stadt fordert sicher nicht nur dem Touristen viel ab, es müssen in Mumbai viele Menschen schlicht ums tägliche Überleben kämpfen. Darüber hinaus kommt es, wie mir mein junger moslemischer Gesprächspartner eindringlich erläutert, hin und wieder zu religiös bedingten Unruhen - zuweilen wisse er morgens nicht, ob er abends nach der üblichen zweistündigen Fahrt in den Vorort noch nach Hause komme. Schließlich habe auch der Terror schon wiederholt Einzug gehalten in die Millionenstadt: Der letzte Terroranschlag vor meinem Aufenthalt, wahrscheinlich von islamistischen Radikalen, am 11. Juli 2006 auf sieben Vorortzüge derselben Strecke, mit sieben Bomben binnen elf Minuten, forderte 209 Todesopfer und 700 Verletzte. Dies wurde in Europa kaum zur Kenntnis genommen, zumal dies nicht der erste Vorfall dieser Art war.
Am Chowpatty Beach.
Die Stadt zeigt einem viele Gesichter - im übertragenen, wie auch im Wortsinn. Ich hätte mir öfter den Mut gewünscht, einige Menschen zu fragen, ob sich sie fotografieren dürfe. Starke, stolze, manchmal freundliche, oft aber auch undurchschau-bare fremde Blicke aus lebenserfahrenen Gesichtern treffen mich - manchmal hätte ich diese Blicke nur zu gerne festgehalten! Und manchmal hätte ich nur zu gerne in diese Köpfe hineingeschaut, um eine Idee zu bekommen, was diese Augen, die da einen Moment auf mir ruhen, schon alles gesehen haben. Auch all diese manchmal sehr fremdartigen und damit besonders interessanten Gesichter machen Mumbai aus.
Vieles in dieser Stadt ist so, wie man es sich nach der Lektüre eines Reiseführers und dem Durchblättern eines Bildbandes über Indien so vorstellt. Und doch: Wie sich diese Eindrücke und Bilder zu einem Gesamten zusammenfügen, das weiß man in der Tat erst, wenn man sich dieser Stadt einmal ausgesetzt hat. Mumbai fordert viel an Kräften und an Einsatz - gibt aber auch viel zurück an Bildern, die man im Kopf nach Hause trägt. Fotos, auch die auf dieser Seite, können da nur einen vagen und oberflächlichen Eindruck liefern...
Im Zentrum von Mumbai, die große Grünfläche das Oval Maidan-Parks wird gern für das Cricket-Training genutzt.
Eine andere, großartige Bildersammlung dieser Stadt findet sich unter Internet-Adresse http://www.pbase.com/bmcmorrow/bombay - wer noch nicht genügend Bilder gesehen hat, kann sich dort sicherlich etwas "satter sehen"...
"Hamburg meets Mumbai, soooo zutreffend und humorvoll beschrieben."
(P.)
(19.12.2007)
"Guten Morgen,
ich überlege gerade, ob ich irgendwann mal nach Poona (Osho) fliegen soll.
Ihr Bericht ist wirklich sehr eindrücklich, lebensnah und auch intensiv, sehr gut wider gegeben!
Also, ich habe das Gefühl, selbst für einige Minuten…grins…dort gewesen zu sein.
Das mit dem Hakenkreuz, gar auf der Münze, fand ich erschütternd!! Wie ist denn Hitler wohl gerade auf dieses Symbol gekommen? Hatte er selbst indisch-religiöse Ambitionen?? Aber eher keine religiösen jeder Art..
Hochinteressant!
Am meisten Angst macht mir Malaria, um ehrlich zu sein. Sie schreiben, nichts davon abbekommen zu haben. Aber Sie wissen sicherlich, dass das auch Jahre nach dem Aufenthalt noch ausbrechen kann. Und Touristen, die in die Gebiete reisen, sind die besten
Überbringer, man sagt ja diplomatisch auch, Souvernirträger.
Sie waren ja hauptsächlich in der Stadt. Da soll das ja wie mit den Mücken hier, weniger Risiko sein.
Wenn, würde ich nur in Gruppen dorthin reisen. Aber vielleicht sollte man das jetzt nicht mehr tun, da der Indien-Tourismus eine „Hausse“ erlebt, die sich auch im steigenden Terrorismus widerspiegelt.
Vielen Dank nochmals an Sie für diesen eindrücklichen, lebensintensiven, alltagsnahen Bericht.
Freundliche Grüße"
(B.D.)
(1.4.2009)
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Dirk Matzen
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